Orientierungssatz
1. Die Einladung zur Gesellschafterversammlung durch einen GmbH-Gesellschafter ist wirksam, auch wenn der Geschäftsführer daraufhin zu einem früheren Zeitpunkt zu einer Gesellschafterversammlung einlädt.
2. Die Beschlüsse einer Gesellschafterversammlung sind nicht deswegen anfechtbar, weil ein Gesellschafter zu einem dem Sitz der Gesellschaft nahegelegenen besser erreichbaren Ort eingeladen hat.
3. Ein Gesellschafter hat auch dann das Recht, an einer Gesellschafterversammlung teilzunehmen, wenn er nicht abstimmen darf.
4. Zur Frage, ob ein wichtiger Grund für die Abberufung eines Geschäftsführers vorliegt, wenn er nur eine vorläufige, nicht unterzeichnete Bilanz vorgelegt und die Verlegung des Geschäftsbetriebs nicht zum Handelsregister angemeldet hat.
5. Der Beschluß der Gesellschafterversammlung, zu der zu dem Zweck eingeladen worden ist, den Gesellschafter-Geschäftsführer aus wichtigem Grund abzurufen, ist anfechtbar, wenn dann beim Fernbleiben dieses Gesellschafters beschlossen wird, ihn auch ohne Grund abzuberufen.
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 23. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 3. Februar 1984 aufgehoben, soweit zum Nachteil des Klägers erkannt worden ist.
Im Umfange der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an den 25. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Tatbestand
Am 31. August 1971 gründeten der Kläger und der französische Rechtsanwalt de P., der Nebenintervenient, die verklagte GmbH mit Sitz in S., Kreis G., deren Zweck die Produktion und der Vertrieb von Verlagserzeugnissen sowie der Handel mit Kunstgegenständen ist. Die beiden Gesellschafter sind am Stammkapital mit je 10.000 DM beteiligt. Geschäftsführerin war zunächst die Ehefrau des Klägers; mit Wirkung vom 1. Januar 1980 wurde der Kläger zum alleinigen Geschäftsführer bestellt.
Zwischen den Gesellschaftern bestehen seit langem Meinungsverschiedenheiten. Der Nebenintervenient betreibt im schiedsrichterlichen Verfahren die Auflösung der Gesellschaft. Mit Schreiben vom 3. Dezember 1981 ließ er den Kläger auffordern, eine Gesellschafterversammlung einzuberufen, die die Abberufung des Klägers aus wichtigem Grunde und die fristlose Kündigung des Dienstverhältnisses beschließen sollte. Der Kläger antwortete mit Schreiben vom 13. Januar 1982, der Brief vom 3. Dezember 1981 werde sachlich geprüft, er werde wieder von sich hören lassen. Nachdem der Kläger mit Schreiben vom 25. Januar 1982 gebeten hatte, die Vorwürfe zu präzisieren und zu belegen, bevor er die Versammlung einberiefe, lud am 27. Januar 1982 der Nebenintervenient die Gesellschafter zu einer außerordentlichen Versammlung zum 16. Februar 1982 in die Kanzlei des Rechtsanwalts Sch in G., um den Kläger abzuberufen und dessen Dienstverhältnis zu kündigen. Der Kläger zeigte mit Schreiben vom 8. Februar 1982 an, daß er am 16. Februar 1982 nicht erscheinen werde, und lud seinerseits zu einer Gesellschafterversammlung am 15. Februar 1982 ein, deren Tagesordnung seine Abberufung allerdings nicht enthielt. Am 16. Februar 1982 wurden – wie in der Einladung angekündigt – aus wichtigen Gründen die Abberufung und die sofortige Kündigung beschlossen; ferner, daß der Kläger die Kosten der Gesellschafterversammlung zu tragen habe.
Der Kläger will die Nichtigkeit der Beschlüsse festgestellt, hilfsweise, sie für nichtig erklärt wissen. Die Beklagte hat Widerklage erhoben und beantragt festzustellen, daß die Beschlüsse wirksam sind. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat auf die Berufung des Klägers den Beschluß für nichtig erklärt, daß der Kläger die Kosten der Versammlung zu tragen habe; im übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen. Der Kläger verfolgt mit der Revision seine Anträge zu Klage und Widerklage weiter, soweit diese Abberufung und Kündigung betreffen.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Allerdings rügt die Revision zu Unrecht, daß die Beschlüsse schon aus formalen Gründen nichtig oder anfechtbar seien.
1. Die Beschlüsse sind nicht entsprechend § 241 Nr. 1, § 121 Abs. 2 AktG deshalb nichtig, weil anstelle des Geschäftsführers (§ 49 Abs. 1 GmbHG) der Gesellschafter de P. zur Gesellschafterversammlung am 16. Februar 1982 eingeladen hat. Nach § 50 Abs. 1 und 2 GmbHG kann ein Gesellschafter, dessen Geschäftsanteile zusammen mindestens dem 10. Teil des Stammkapitals entsprechen und der unter Angabe des Zwecks und der Gründe die Berufung der Versammlung verlangt hat, die Gesellschafter laden, wenn der Geschäftsführer dem Verlangen nicht entspricht. Die Voraussetzungen dieses Selbsthilferechts hat das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler festgestellt.
Danach hat der Gesellschafter de P., der zur Hälfte an der GmbH beteiligt ist, den Kläger mit Schreiben vom 3. Dezember 1981 unter Angabe des Zwecks der Versammlung und der Gründe für die Dringlichkeit aufgefordert, eine Gesellschafterversammlung zu berufen, ohne daß der Kläger dieser Aufforderung nachgekommen wäre, bevor der Gesellschafter am 27. Januar 1982 die Versammlung selbst berief. Das Berufungsgericht durfte mit Recht davon ausgehen, daß in diesem Zeitpunkt, also nach Ablauf von mehr als sieben Wochen die angemessene Frist verstrichen war, binnen der der Geschäftsführer dem Ersuchen zu entsprechen hat. Damit ist das Selbsthilferecht des Gesellschafters entstanden und von diesem am 27. Januar 1982 wirksam ausgeübt worden.
Hieran ändert der Umstand nichts, daß der Kläger mit Einschreiben vom 8. Februar 1982 zu einer Gesellschafterversammlung am 15. Februar 1982, also zu einem früheren als vom Gesellschafter bestimmten Termin, eingeladen hat. Nach Ansicht der Revision hat der Kläger damit dem Verlangen des Gesellschafters entsprochen. Dem liegt der rechtlich zutreffende Gedanke zugrunde, daß das Einberufungsrecht des Geschäftsführers nicht deshalb ruht, weil auch der Gesellschafter dieses Recht hat, und daß der Gesellschafter sein Einberufungsrecht wieder verlieren kann, wenn ihm der Geschäftsführer zuvorkommt und die Versammlung – wenn auch verspätet – selbst einberuft. Denn in dem Augenblick hat der Gesellschafter erreicht, worauf es ihm mit seinem Verlangen an den Geschäftsführer ankam, so daß er des Schutzes des § 50 GmbHG und eines eigenen Einberufungsrechts nicht mehr bedarf. Etwas anderes gilt aber, wenn der Geschäftsführer die Gesellschafter erst einlädt, nachdem der Gesellschafter sein Einberufungsrecht ausgeübt hat. Der Gesellschafter wird durch die verspätete Einladung von seiten des Geschäftsführers nicht rückwirkend zum Nichtberechtigten; die aufgrund seiner Einladung zusammengetretene Gesellschafterversammlung bleibt vielmehr rechtmäßig berufen. Hinzu kommt, daß der Geschäftsführer dem Verlangen, die Versammlung einzuberufen, nur dann entspricht, wenn er die Gesellschafter zu dem vom Gesellschafter genannten Zweck zusammentreten läßt. Auch diese Voraussetzung fehlt im vorliegenden Falle; denn die Abberufung des Klägers und die Kündigung des Dienstverhältnisses, um die es dem Gesellschafter de P. geht, waren nicht Gegenstand der vom Kläger für den 15. Februar 1982 vorgesehenen Tagesordnung.
2. Dem Berufungsgericht ist auch darin zuzustimmen, daß die Beschlüsse nicht deshalb anfechtbar sind, weil der Gesellschafter de P. die Versammlung nicht nach S. dem Sitz der Gesellschaft, sondern nach dem nahegelegenen G. eingeladen hat. Allerdings soll, wenn die Satzung nichts anderes bestimmt, nach dem für die GmbH entsprechend geltenden § 121 Abs 4 AktG die Gesellschafterversammlung am Sitz der Gesellschaft stattfinden. Die Regelung hat den Zweck, die Gesellschafter vor einer willkürlichen Wahl des Versammlungsortes und einer daraus folgenden Beeinträchtigung ihres Teilnahmerechts zu schützen (vgl. Eckhardt in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropf, AktG, § 121 Anm. 39). Dieser Gesetzeszweck ist bestimmend für die Frage, wann und in welchem Maße das Einberufungsorgan von der Soll-Vorschrift des § 121 Abs. 4 AktG abweichen darf. Das wird immer dann der Fall sein, wenn am Sitz der Gesellschaft kein geeignetes Versammlungslokal vorhanden ist oder die Verkehrsverbindung dorthin gestört ist (Zöllner in: KK zum AktG, § 121 Anm. 35); zumindest in einer GmbH mit einem überschaubaren Gesellschafterkreis darf aber auch ein Ort gewählt werden, von dem von vornherein feststeht, daß er die Teilnahme nicht erschwert, weil ihn die Gesellschafter leichter als den Sitz der Gesellschaft erreichen können (vgl. Hachenburg/Schilling, GmbHG, 7. Aufl., § 48 Anm. 6). Das war hier der Fall; nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts konnten beide Gesellschafter von P. aus, wo sie schon damals wohnten, G. leichter als S. erreichen.
3. Die Revision rügt allerdings mit Recht, daß das Berufungsgericht den Einwand des Klägers, er sei am 16. Februar 1982 wegen der Taufe seines Kindes verhindert gewesen, mit dem Hinweis darauf ausräumt, daß der Kläger, da es um seine Abberufung ging, ohnehin nicht habe abstimmen dürfen. Das Berufungsgericht verkennt, daß der Gesellschafter auch dann ein Recht hat, an der Gesellschafterversammlung teilzunehmen, wenn er nicht abstimmen darf. Das Teilnahmerecht kann nicht nur durch die Wahl des Versammlungsortes, sondern auch dadurch beeinträchtigt werden, daß die Gesellschafterversammlung zu einem Zeitpunkt einberufen wird, an dem der Gesellschafter, wie das Einberufungsorgan von vornherein weiß, verhindert ist. Diese Kenntnis hatte der Gesellschafter nicht, als er einlud. Ob es nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere bei geringer Gesellschafterzahl geboten sein kann, auf das Teilnahmerecht eines Gesellschafters auch dann Rücksicht zu nehmen, wenn sich erst nach Einladung der Gesellschafter herausstellt, daß einer von ihnen verhindert ist und durch Dritte nicht sachgemäß vertreten werden kann, bedarf keiner Entscheidung. Denn diese Rücksichtnahme ist zumindest dann nicht geboten, wenn es Sache des betroffenen Gesellschafters war, als Geschäftsführer anstelle des selbsthilfeberechtigten Gesellschafters die Versammlung zu einem von ihm zu bestimmenden Zeitpunkt selbst einzuberufen.
II. Die Revision greift die Ausführungen des Berufungsgerichts aber insoweit mit Erfolg an, als es um die wichtigen Gründe geht, die die Abberufung des Klägers und die Kündigung seines Dienstverhältnisses rechtfertigen sollen. Zutreffend ist der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, daß ein wichtiger Grund vorliegt, wenn die weitere Tätigkeit des Geschäftsführers für die Gesellschaft, insbesondere aufgrund grober Pflichtverletzungen, unzumutbar geworden ist. Die Feststellung, Würdigung und Abwägung aller hierfür maßgebenden Umstände ist Aufgabe des Tatrichters. Die Revision hat aber nicht nur die der Würdigung des Berufungsgerichts zugrundeliegenden Feststellungen teilweise mit Erfolg angegriffen; das Berufungsgericht hat auch den Begriff des wichtigen Grundes nicht richtig angewandt.
1. Das Berufungsgericht hat grobe Pflichtverstöße des Klägers darin gesehen, daß der Kläger für 1979 und 1980 keine Jahresabschlüsse aufgestellt und von der Gesellschafterversammlung feststellen lassen habe.
a) Daß der Kläger für 1979 keine Bilanz aufgestellt hat, hat das Berufungsgericht aufgrund der Tatsache angenommen, daß der Kläger sie im Prozeß nicht vorgelegt hat. Es hat hierzu ausgeführt, daß die Vernehmung von Zeugen für die Frage, ob der Geschäftsführer eine Bilanz aufgestellt habe, ein ungeeignetes Beweismittel sei; denn die Existenz und der Inhalt von Urkunden werde durch deren Vorlage bewiesen. Diese Ausführungen sind in mehrfacher Hinsicht rechtsfehlerhaft.
Das Berufungsgericht hat einmal die §§ 420, 421 ZPO mißverstanden. Diese Bestimmungen regeln, wie zu verfahren ist, wenn der Beweisführer Beweis durch Urkunden antreten will; keinesfalls soll durch sie eine Ausschließlichkeit des Urkundenbeweises begründet und der Beweisführer mit allen anderen Beweismitteln ausgeschlossen werden, wenn es um die Existenz und den Inhalt von Urkunden geht. Hinzukommt, daß die Vorlage der Bilanz im Prozeß nichts für das Beweisthema ergeben hätte, auf das es im vorliegenden Rechtsstreit ankommt: Ob nämlich der Kläger schon vor seiner Abberufung am 16. Februar 1982 die Bilanz seinem Mitgesellschafter de P. ausgehändigt hat.
Ferner rügt die Revision mit Recht, daß das Berufungsgericht die Zeuginnen H. und W. nicht zu der Behauptung des Klägers gehört hat, die Bilanz 1979 sei dem Mitgesellschafter de P. am 13. April 1980 ausgehändigt worden. Das Berufungsgericht durfte von der Vernehmung der Zeuginnen nicht deshalb absehen, weil der Kläger in dem bereits zitierten Schreiben vom 8. Februar 1982 den Vorwurf, er habe für das Geschäftsjahr 1979 keine Bilanz aufgestellt, mit der Bemerkung bestätigt hat, er sei 1979 nicht Geschäftsführer gewesen. Bildete sich das Berufungsgericht schon aufgrund dieses Schreibens eine abschließende Überzeugung, so lag darin eine vorweggenommene Würdigung nicht erhobener Beweise, die verboten ist; denn das Gericht darf einen Beweisantrag nicht deshalb ablehnen, weil es das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits als erwiesen ansieht (vgl. BGHZ 53, 245, 260).
b) Das Berufungsgericht hat eine weitere Verfehlung darin gesehen, daß der Kläger die Jahresabschlüsse 1979 und 1980 nicht von den Gesellschaftern feststellen lassen habe. Zu seiner dahingehenden Überzeugung ist es mit der Begründung gelangt, es fehle eine eindeutige, in schriftlicher Form festgehaltene Willenserklärung der Gesellschafter; die zugunsten des Klägers unterstellte, am 14. Mai 1981 erfolgte Übergabe der Bilanz des Jahres 1980 an den Mitgesellschafter und dessen Schweigen hierauf, seien nicht ausreichend.
Diese Feststellungen greift die Revision mit Recht an, wenn sie darauf verweist, daß das Berufungsgericht wesentlichen Tatsachenvortrag nicht berücksichtigt hat. Der Kläger hat in der Berufungsbegründung vortragen lassen, daß er die Bilanzen 1979 und 1980 seinem Mitgesellschafter de P. am 13. April 1980 und 14. Mai 1981 übergeben, mit ihm besprochen und gemeinsam mit ihm verabschiedet habe; zum Beweise dafür hat er sich wiederum auf die Vernehmung der Zeuginnen H. und W. bezogen. Aus diesem Vortrag ergibt sich schlüssig, daß die Gesellschafter die Jahresabschlüsse für 1979 und 1980 festgestellt haben, so daß das Berufungsgericht ihn nicht übergehen durfte, die Zeuginnen vielmehr vernehmen mußte. Der vom Berufungsgericht vermißte eindeutige Beschluß der Gesellschafter ist mit der Behauptung, die Gesellschafter hätten die Geschäftsabschlüsse gemeinsam verabschiedet, hinreichend dargelegt. Das Fehlen von Schriftstücken, die jeweils etwas über die Beschlußfassung aussagen, kann nicht als Indiz gegen eine Feststellung der Bilanzen gewertet werden, da diese Beschlüsse – entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts – nicht schriftlich festgehalten zu werden brauchen. Weder der Gesellschaftsvertrag noch das Gesetz sehen insofern Schriftform vor.
c) Haben die Gesellschafter die Jahresabschlüsse festgestellt, so läßt sich entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auch nichts daraus herleiten, daß der Kläger die Bilanz 1980 als vorläufig bezeichnet hat. Im allgemeinen wird eine vom Geschäftsführer aufgestellte vorläufige Bilanz lediglich einen Entwurf darstellen, dem die endgültige, von den Gesellschaftern festzustellende Bilanz noch nachfolgt. Stellen die Gesellschafter aber, ohne daß ihnen eine endgültige Bilanz vorgelegt wird, die vorläufige fest, so folgt daraus mangels bestimmter, für das Gegenteil sprechende Anhaltspunkte, daß sie die darin enthaltenen Ansätze für endgültig halten und sich die Aufstellung einer ausdrücklich als endgültig bezeichneten Bilanz erübrigt.
Das Berufungsgericht lastet dem Kläger auch zu Unrecht an, daß er die aufgestellte Bilanz für 1980 nicht unterschrieben habe. Es finden sich zwar in der Literatur Hinweise, daß eine Bilanz nicht „aufgestellt” sei, wenn der Geschäftsführer sie nicht unterzeichnet hat (Scholz/Fischer, GmbHG, 10. Aufl., § 41 Anm. 3; Scholz/Winter, GmbHG, 6. Aufl., § 41 Anm. 40; Roth, GmbHG, § 41 Anm. 3.2.; Hachenburg/Goerdeler, GmbHG, 7. Aufl., § 41 Anm. 8, 21). Eine Verpflichtung, die aufgestellte Bilanz zu unterzeichnen, ergibt sich aber weder aus der Satzung noch aus dem Gesetz. Es ist auch nichts dafür vorgetragen worden, daß die Gesellschafter den Geschäftsführer angewiesen hätten, daß die aufgestellten und ihnen zur Feststellung vorgelegten Jahresabschlüsse zu unterzeichnen seien. Lediglich aus § 41 HGB ergibt sich eine gesetzliche Verpflichtung, die Bilanz zu unterzeichnen. Da es sich hierbei aber um eine öffentlichrechtliche Verpflichtung handelt, kann damit nicht die aufgestellte, bei der Feststellung häufig noch Znderungen unterliegende Bilanz gemeint sein, sondern nur die festgestellte, für die Gesellschaft verbindliche Bilanz (vgl. Adler/Düring/Schmaltz, 4. Aufl., § 148 Anm. 7; Kropf in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropf, AktG, § 148 Anm. 10; Claussen in: KK zum AktG, § 148 Anm. 5). Der Kläger hatte demnach erst die „festgestellte” und nicht schon die „aufgestellte” Bilanz zu unterzeichnen.
Der Kläger kann hieraus allerdings insofern nichts zu seinen Gunsten herleiten, als nach seinem eigenen zu seinen Gunsten in der Revisionsinstanz als richtig zu unterstellenden Vortrag, die Bilanz für 1980 festgestellt und deshalb von ihm zu unterzeichnen war. Das Berufungsgericht hat aber nicht in dieser Pflichtverletzung allein, sondern in der Summe aller von ihm festgestellter, die Bilanzen 1970 und 1980 betreffender Verfehlungen des Klägers einen wichtigen Grund gesehen. Da die Revision diese Feststellungen mit Erfolg angegriffen hat, sie mithin aufzuheben sind, kann das Urteil allein mit der Begründung, daß die Unterschrift fehlt, keinen Bestand haben.
2. Einen weiteren wichtigen, die Abberufung des Klägers rechtfertigenden Grund hat das Berufungsgericht alternativ darin gesehen, daß der Kläger entweder den tatsächlichen Sitz der Gesellschaft ohne Billigung durch die Gesellschafterversammlung nach Paris verlegt oder eine von dieser beschlossene Sitzverlegung nicht zum Handelsregister angemeldet habe. Auch dagegen wendet sich die Revision mit Erfolg.
a) Das Berufungsgericht ist allerdings ohne Rechtsfehler zu der Ansicht gelangt, daß die Gesellschaft in S. keinen tatsächlichen Sitz mehr hat. Es hat hierzu festgestellt, daß die Gesellschaft in S. keinen Geschäftsbetrieb unterhält, insbesondere kein Personal beschäftigt, keine Waren lagert sowie postalisch nicht zu erreichen ist, und daß der Kläger seit März 1980 ausschließlich von P. aus die Geschäfte betreibt. Die Revision greift diese Feststellungen nicht an. Sie beanstandet nur, daß das Berufungsgericht die Zeugin H. nicht zu der Behauptung gehört hat, die Gesellschaft habe gleichwohl ihren tatsächlichen Sitz in S. Diese Rüge ist unbegründet; denn ob die Feststellungen die Annahme rechtfertigen, die Gesellschaft sei in S. nicht mehr ansässig, ist eine rechtliche und deshalb vom Gericht zu beantwortende Frage.
Die vom Kläger vollzogene Verlegung des Geschäftsbetriebes nach P. rechtfertigt die Abberufung allerdings deshalb nicht, weil das Berufungsgericht zugunsten des Klägers unterstellt hat, der Mitgesellschafter de P. habe die Verlegung mitbeschlossen. Dieses – auch in der Revisionsinstanz zugunsten des Klägers zu unterstellende – Einverständnis nimmt dem Mitgesellschafter selbst dann das Recht, den Kläger wegen der Sitzverlegung abzuberufen, wenn jener dadurch die Bestimmungen über den satzungsmäßigen Sitz der Gesellschaft verletzt hat.
Im übrigen kommt es für die Frage, ob die Verlegung des Geschäftsbetriebs die Abberufung des Geschäftsführers rechtfertigt auch darauf an, welche konkreten Nachteile sich daraus für die – nach Darstellung der Beklagten ohnehin weitgehend zum Erliegen gekommenen – Geschäfte der Gesellschaft ergeben haben. Insoweit haben die Beklagte und der Streithelfer nichts vorgetragen und das Berufungsgericht nichts festgestellt.
b) Das Berufungsgericht hat für den Fall, daß die Gesellschafter die Verlegung des Sitzes übereinstimmend beschlossen haben, den wichtigen Grund für die Abberufung darin gesehen, daß der Kläger sie nicht zum Handelsregister angemeldet hat. Auch hierbei sind dem Berufungsgericht Rechtsfehler unterlaufen.
Wird die Abberufung darauf gestützt, daß der Geschäftsführer aufgrund eines bestimmten Sachverhalts entweder die eine oder die andere seiner Pflichten verletzt habe, so muß jede Pflichtverletzung – für sich gesehen – geeignet sein, einen wichtigen Grund zu bilden und nach Abwägung aller Umstände, die für die Frage der Zumutbarkeit oder Unzumutbarkeit einer Weiterbeschäftigung in Betracht kommen, die Abberufung rechtfertigen. Diesen Anforderungen werden die Ausführungen des Berufungsgerichts schon deshalb nicht gerecht, weil das Berufungsgericht jede Interessenabwägung unterlassen hat und schon daraus folgt, daß es den Begriff des wichtigen Grundes – wenn nicht verkannt, so doch – fehlerhaft angewandt hat. Es ist aber auch rechtsfehlerhaft, wenn das Berufungsgericht annimmt, die unterbliebene Anmeldung zum Handelsregister sei ohne weiteres geeignet, einen wichtigen Grund zu bilden. Allein aus der Verletzung einer Anmeldepflicht ergibt sich noch nicht, daß der Kläger für die Gesellschaft als Geschäftsführer nicht mehr tragbar wäre. Hierzu hätte es näherer Ausführungen bedurft, für die der Vortrag der Parteien schon deshalb nichts hergibt, weil die Gesellschafter die Abberufung des Klägers auf den Vorwurf, dieser habe eine Handelsregister-Anmeldung unterlassen, nicht gestützt haben, das Berufungsgericht diesen Grund vielmehr von sich aus und damit rechtsfehlerhaft herangezogen hat.
III. Der angefochtene Beschluß läßt sich auch nicht als Abberufung und Kündigung ohne wichtigen Grund aufrechterhalten. In der Regel wird ein solcher Beschlußinhalt zwar anzunehmen sein, wenn die dafür erforderliche Mehrheit erreicht und die Abberufung in der Satzung nicht auf wichtige Gründe beschränkt ist; denn die Gesellschafter, die den Geschäftsführer unter jedem rechtlich zulässigen Gesichtspunkt abberufen wollen, beschließen, wenn sie aus wichtigem Grunde abberufen, regelmäßig auch die an weniger Voraussetzungen geknüpfte Abberufung ohne Grund, wenn diese nach der Satzung möglich ist. Der Beschluß ist allerdings auch insoweit fehlerhaft und anfechtbar, wenn er unter Verletzung des Stimmrechts des betroffenen Gesellschafter-Geschäftsführers zustandegekommen ist. Das ist der Fall, wenn der als Geschäftsführer abzuberufende, in der Gesellschafterversammlung anwesende Gesellschafter nur deshalb keine Stimme abgegeben hat, weil nur über seine Abberufung aus wichtigem Grunde abgestimmt wurde und er darüber nicht mit abstimmen durfte. Da dieses Stimmverbot nicht besteht, soweit es um die Abberufung ohne Grund geht, ist ein solcher unter Ausschluß des Gesellschafters gleichwohl gefaßter Beschluß nicht ordnungsgemäß. Dasselbe gilt, wenn die Gesellschafter nur zu dem angekündigten Zweck eingeladen werden, den Gesellschafter-Geschäftsführer aus wichtigem Grunde abzuberufen, und der betreffende Gesellschafter der Versammlung fernbleibt. Denn ein Gesellschafter, der über die erforderliche Stimmenzahl verfügt, um seine Abberufung ohne Grund verhindern zu können, kann auf sein Teilnahmerecht verzichten, weil er über die angekündigte Abberufung aus wichtigem Grunde nicht abstimmen darf und vielleicht erwartet, durch seine Teilnahme seine Mitgesellschafter doch nicht umstimmen zu können. Beschließen unter diesen Umständen die Gesellschafter, den Geschäftsführer nicht nur aus wichtigem Grunde, sondern entgegen der Ankündigung auch ohne Grund abzuberufen, so liegt darin eine Verletzung des Stimmrechts des für diesen (nicht angekündigten) Beschlußgegenstand stimmberechtigten Gesellschafters. Insofern ist die Rechtslage anders, als wenn die Abberufung ohne den Zusatz angekündigt wird, daß sie aus wichtigem Grunde erfolgen solle; in einem solchen Falle ist nach der Rechtsprechung des Senats die Abberufung mit und ohne Grund möglich – vorausgesetzt, die Satzung schließt die zweite Möglichkeit nicht aus (vgl. Senatsurteil v. 30. 11. 1961 – II ZR 136/60, LM GmbHG § 51 Nr. 3).
Der Beschluß des Gesellschafters de P. ist mithin auch fehlerhaft, soweit er die nach der Satzung zulässige Abberufung ohne Grund mit einschließt; ob er deswegen aufzuheben ist, hängt davon ab, ob auch die Abberufung aus wichtigem Grunde an einem Mangel leidet, der die Anfechtung rechtfertigt.
IV. Steht somit ein wichtiger Grund für die Abberufung nicht fest, so war auch die fristlose Kündigung nicht wirksam. Das Berufungsurteil hat deshalb auch insoweit keinen Bestand.
Die Sache bedarf weiterer Prüfung durch das Berufungsgericht. Damit es die Beweise erheben und die erforderlichen Feststellungen treffen kann, wird die Sache zurückverwiesen. Dabei hat das Berufungsgericht auch Gelegenheit, auf die weiteren, gegen den Kläger erhobenen Vorwürfe einzugehen, falls es auf sie ankommen sollte. Bei der Zurückverweisung macht der Senat von der Möglichkeit des § 565 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch.
Fundstellen