Leitsatz
Räumt ein Grundstückseigentümer einem Unternehmen zum Betrieb einer Deponie gegen Entgelt das Recht ein, das betreffende Grundstück mit Abfall zu verfüllen, wird das Grundstück und nicht ein vom Grund und Boden verselbstständigtes Wirtschaftsgut "Auffüllrecht" vermietet oder verpachtet, weshalb eine Hinzurechnung der gezahlten Beträge zum Gewinn des Deponiebetreibers aus Gewerbebetrieb und des Teilwerts des Verfüllrechts zum Einheitswert des Betriebsvermögens nach § 8 Nr. 7 Satz 1, § 12 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 GewStG 1991 ausscheidet.
Normenkette
§ 8 Nr. 7 Satz 1 GewStG , § 12 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 GewStG
Sachverhalt
Eine GmbH unterhielt in den Streitjahren 1991 bis 1996 u.a. einen Betrieb zur Gewinnung von Sand und Kies sowie Deponiebetriebe. Sie schloss mit den Eigentümern verschiedener Grundstücke einen Vertrag, wodurch ihr das dingliche Recht eingeräumt wurde, auf diesen Grundstücken, deren Sandvorkommen bereits abgegraben waren oder von den Eigentümern der GmbH noch abgegraben werden sollten, eine Deponie zu errichten und nach Maßgabe der ihr erteilten behördlichen Genehmigungen zu betreiben. Hierfür verpflichtete sich die GmbH zur Zahlung einer nach der verfüllten Fläche zu berechnenden Entschädigung. Außerdem sollte die GmbH die Flächen nach Beendigung des Kipprechts rekultivieren.
Das FA sah in den Zahlungen, die die GmbH aufgrund dieser Verträge an die Grundstückseigentümer leistete, Miet- und Pachtzahlungen für die Überlassung der Verfüllrechte als selbstständige Wirtschaftsgüter. Dementsprechend rechnete es bei der Ermittlung des Gewerbeertrags nach § 8 Nr. 7 GewStG 1991 die Hälfte der gezahlten Beträge dem Gewinn aus Gewerbebetrieb sowie bei der Ermittlung des Gewerbekapitals nach § 12 Nr. 2 GewStG 1991 den Teilwert des Verfüllrechts dem Einheitswert des Betriebsvermögens hinzu.
Die dagegen gerichtete Klage hatte Erfolg (EFG 2002, 45).
Entscheidung
Der BFH bestätigte das FG-Urteil. Es sei kein selbstständiges Wirtschaftsgut "Auffüllrecht" überlassen worden, sondern das Grundstück mit der entsprechenden Nutzungsgestattung. Deswegen sei auch gewerbesteuerrechtlich nichts hinzuzurechnen.
Hinweis
1. Überlässt ein Grundstückseigentümer sein Grundstück an einen Dritten und ermöglicht er es diesem, mit dem Grund und Boden verbundene Bodenschätze auszubeuten, dann haben der Grund und Boden einerseits und das Ausbeuterecht andererseits ein jeweils unterschiedliches gewerbesteuerrechtliches Schicksal: Das Entgelt für die Überlassung des Ausbeuterechts wird beim Mieter oder Pächter anders als das Entgelt für die Überlassung von Grund und Boden dessen Gewinn und dessen Einheitswert gem. § 8 Nr. 7 und § 12 Nr. 2 GewStG 1991 hinzugerechnet.
Der tiefere Sinn dieser – vom Zivilrecht abweichenden – Unterscheidung liegt in den Tiefen der Grunderwerbsteuer. Während die Miete oder Pacht für die Grundstücksüberlassung nämlich grundsteuerpflichtig ist, ist dies bei Bodenschätzen nicht der Fall (vgl. § 100 BewG a.F., § 110 Abs. 1 Nr. 8 BewG 1991). Folglich droht zwar beim Grund und Boden, nicht aber bei den Bodenschätzen eine Doppelbelastung mit Grund- und Gewerbesteuer. Das wiederum hat Auswirkungen auf die Ermittlung des Gewerbeertrags: Die Miete oder Pacht für den Grund und Boden ist dem Gewinn aus Gewerbebetrieb nicht nach Maßgabe des § 8 Nr. 7 GewStG hinzuzurechnen. Beim Recht auf die Ausbeute von Bodenschätzen wird hingegen anders verfahren. Weil diese nicht der Grundsteuer unterfallen, entfällt hier die Gefahr der Doppelbesteuerung, so dass einer Hinzurechnung gem. § 8 Nr. 7 GewStG nichts im Weg steht. Gleichermaßen verhielt es sich früher bei der Ermittlung des Gewerbekapitals, vgl. § 12 Nr. 2 GewStG 1991.
2. Fraglich ist nun, ob Gleiches gilt, wenn der Grund und Boden nicht ausgebeutet, sondern nach vollzogener Ausbeutung wieder aufgefüllt wird (letztlich mit dem Ziel späterer Rekultivierung). Der BFH hat dies verneint.
Ein Auffüllrecht ist nicht allein aus zivil-, sondern auch aus gewerbesteuerrechtlicher Sicht nur ein unselbstständiges Nutzungsrecht des Grund und Bodens, so dass die hierfür entwickelten Besonderheiten für die Mineralgewinnungsrechte nicht zum Tragen kommen. Vermietet werde lediglich der Grund und Boden, verbunden mit einer bestimmten (zivilrechtlichen) Nutzungsgestattung.
3. Damit besteht gewerbesteuerrechtlich im Ergebnis Gleichklang sowohl mit der zivil-, als auch mit der ertragsteuerrechtlichen Beurteilung. Denn mit Urteil vom 20.3.2003, IV R 27/01 (BFH-PR 2003, 403) hatte der (IV. Senat des) BFH darüber zu entscheiden, ob mit der Erteilung einer Baugenehmigung zur Errichtung eines Klärschlammzwischenlagers in der Person des veräußernden Grundstückseigentümers oder in der Person des Grundstückserwerbers ein vom Grund und Boden verselbstständigtes Wirtschaftsgut "Auffüllrecht mit Klärschlamm" entsteht. Er hat diese Frage verneint. Das Recht zum Betrieb des Zwischenlagers stelle gerade kein selbstständiges Wirtschaftsgut, sondern – wie die Bebaubarkeit als solche – einen schlichten unselbstständige...