Leitsatz
Wird bei Gründung eines geschlossenen Immobilienfonds in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft vereinbart, die Einkünfte für die ersten beiden Geschäftsjahre bis zur Schließung des Fonds auf sämtliche in diesem Zeitraum eintretenden Kommanditisten in der gleichen Weise zu verteilen (gleiche Verlustquote für alle Gesellschafter), so können die erst im zweiten Geschäftsjahr der KG beigetretenen Kommanditisten für dieses Jahr einen gegenüber den bisherigen Gesellschaftern und im Verhältnis zu ihrem Gesellschaftsanteil höheren Anteil an den negativen Einkünften der KG beanspruchen; dies gilt auch, soweit diese auf der Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen nach dem FördG beruhen (gegen BMF, Schreiben vom 24.12.1996, BStBl I 1996, 1516, Tz. 6).
Normenkette
§ 39 Abs. 2 Nr. 2 AO , § 7a Abs. 7 EStG , § 1 Abs. 1 Satz 2 FördG , § 4 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 FördG
Sachverhalt
Die Klägerin, ein geschlossener Immobilienfonds in der Rechtsform einer KG, betreibt nach dem Gesellschaftsvertrag die (1995 durchgeführte) Errichtung, Verpachtung, Vermietung und Verwaltung eines Regionalversorgungszentrums. Im Jahr 1994 traten der Klägerin 189 Personen und im Streitjahr (1995) weitere 614 Personen als Kommanditisten bei. Nach dem Gesellschaftsvertrag wurden u.a. die Gewinne und Verluste in der Weise zugewiesen, "dass – unabhängig vom Beitrittsjahr – auf jeden Gesellschafter je 1.000 DM Einlage der gleiche Anteil am insgesamt entstandenen Ergebnis seit 1.10.1994 mit Ausnahme bestimmter Erträge und Aufwendungen entfällt".
In ihrer Feststellungserklärung für das Streitjahr erklärte die Klägerin negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, die zu einem wesentlichen Teil auf der Inanspruchnahme von Sonderabschreibungen nach dem FördG beruhten. Die Einkünfte verteilte sie auf ihre Gesellschafter entsprechend dem Gesellschaftsvertrag. Danach erhielten die erst im Streitjahr beigetretenen Gesellschafter gegenüber den 1994 beigetretenen höhere Verluste in dem Umfang, wie die Altgesellschafter Verluste bereits im Vorjahr erhalten hatten.
Dieser Verteilung folgte das FA nicht. Die dagegen erhobene Klage hatte Erfolg. Hiergegen richtet sich die Revision des FA.
Entscheidung
Nach Auffassung des BFH hat das FG zu Recht die gesellschaftsvertragliche Verteilung der Einkünfte zugrunde gelegt. Es entspreche dem Zweck der Förderung, wenn alle Gesellschafter unabhängig von ihrem Eintrittsjahr von den Steuervergünstigungen in gleicher Weise profitierten, weil nur dieser "Profit" die Steuerpflichtigen zu Investitionen i.S.v. § 3 FördG veranlasse (vgl. BFH, Urteil vom 9.7.2002, IX R 57/00, BFH-PR 2002, 419) und ohne die Übernahme der von später übernommenen Kapitalanteile vor Schließung des Fonds das Investitionsvorhaben regelmäßig nicht durchgeführt und beendet werden könne.
Hinweis
1. Nach der BFH-Rechtsprechung kann bei der Gründung einer KG vereinbart werden, für die ersten beiden Geschäftsjahre die Einkünfte in der Weise zu verteilen, dass sämtliche in diesen beiden Geschäftsjahren eintretenden Kommanditisten gleichzustellen sind und demzufolge die erst im zweiten Geschäftsjahr der KG beigetretenen Kommanditisten einen höheren Anteil an den negativen Einkünften der KG erhalten als die bereits im ersten Geschäftsjahr beigetretenen. Dies gilt allerdings nur, wenn der nach dem Beitritt eines jeden Kommanditisten im Geschäftsjahr erwirtschaftete Verlust – wie im Streitfall – hoch genug ist, um den diesen Kommanditisten zugerechneten Verlustanteil abzudecken.
2. Für die im Streitfall betroffenen abschreibungsbedingten negativen Einkünfte ist nach Auffassung des BFH keine abweichende Verteilung geboten, selbst wenn grundsätzlich bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften nicht der Gesellschaft, sondern demjenigen Gesellschafter die AfA und erhöhte Absetzungen zuzurechnen sind, der die Aufwendungen getragen hat und die insoweit maßgebende Rechtsgrundlage (§ 39 Abs. 2 Nr. 2 AO) nicht durch § 15 Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 1 EStG verdrängt wird (vgl. BFH, Urteil vom 28.11.2002, III R 1/01, BFH-PR 2003, 135).
Diese Zurechnungsgrundsätze gelten jedenfalls nicht für im Streitfall betroffene negativen Einkünfte aufgrund einer Sonderabschreibung nach dem FördG. Insoweit ist nämlich nach § 1 Abs. 1 Satz 2 FördG die Personengesellschaft selbst zur Inanspruchnahme der Steuervergünstigungen nach dem FördG berechtigt, wenn sie – wie im Streitfall – die Investitionen durchführt. Bei dem beteiligten Gesellschafter wirken sich diese Sonderabschreibungen nur aus, soweit ihm das Betriebsergebnis der investierenden Gesellschaft zuzurechnen ist (BFH, Urteil vom 15.1.2002, IX R 21/98, BFH-PR 2002, 237). Deshalb kann die Personengesellschaft ihre Einkünfte – auch soweit sie infolge der Sonderabschreibungen nach dem FördG negativ sind – auf ihre Gesellschafter verteilen. Sie muss die Zurechnung im Streitjahr danach (entgegen BMF, Schreiben vom 24.12.1996, BStBl I 1996, 1516, Tz. 6) nicht anteilmäßig vornehmen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 27.7...