rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine erste Tätigkeitsstätte von Rettungssanitätern allein aufgrund im Vorhinein aufgestellter monatlicher Dienstpläne mit Schwerpunkt auf einer Rettungswache
Leitsatz (redaktionell)
Ist für Rettungssanitäter keine dienst- und arbeitsrechtliche Zuordnung zu einer ersten Tätigkeitsstätte festgelegt worden, sondern sollen die Rettungssanitäter ohne Zeitvorgaben an wechselnden betrieblichen Einrichtungen in allen Rettungswachen eines Landkreises eingesetzt werden und zwischen diesen Rettungswachen rollieren, so stellt eine bestimmte Rettungswache für einen Rettungssanitäter auch dann keine erste Tätigkeitsstätte dar, wenn er dort mehr als ein Drittel seiner vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit verbracht hat und jeweils monatlich vorab Einsatzpläne unter Zuordnung zu einer bestimmten Rettungswache erstellt worden sind.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 S. 1, Abs. 4 Sätze 1-3, 4 Nrn. 1-2
Nachgehend
Tenor
Die Einkommensteuer 2017 wird unter Änderung des Bescheides vom 13.11.2018 und Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 01.12.2021 dahingehend neu festgesetzt, dass die Rettungswache in C… nicht als erste Tätigkeitsstätte der Kläger gewertet wird und anstelle von Reisekosten des Klägers in Höhe von 147,00 EUR und der Entfernungspauschale in Höhe von 696,00 EUR Reisekosten in Höhe von 1.539,00 EUR sowie anstelle von Reisekosten der Klägerin in Höhe von 295,00 EUR und der Entfernungspauschale in Höhe von 221,00 EUR Reisekosten in Höhe von 726,60 EUR und weitere Verpflegungsmehraufwendungen in Höhe von 540,00 EUR anerkannt werden. Dem Beklagten wird aufgegeben, die geänderte Steuerfestsetzung nach Maßgabe der Urteilsgründe zu errechnen, ferner den Klägern das Ergebnis dieser Berechnung unverzüglich mitzuteilen und den Bescheid mit dem geänderten Inhalt nach Rechtskraft dieses Urteils neu bekannt zu geben.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Kläger abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.
Tatbestand
Die Kläger sind beide Rettungssanitäter und erzielen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
Ausweislich der jeweiligen Arbeitsverträge der Kläger gilt das Kreisgebiet des Landkreises D… als Arbeitsort der Kläger. Die Kläger reichten eine Arbeitgeberbestätigung ein, wonach keine dienst- und arbeitsrechtliche Zuordnung zu einer ersten Tätigkeitsstätte festgelegt wurde und die Kläger ihre Arbeitsleistung weder arbeitstäglich zwei volle Arbeitstage noch ein Drittel der Arbeitszeit in einer bestimmten betrieblichen Einrichtung verrichten, sondern ohne Zeitvorgaben an wechselnden betrieblichen Einrichtungen in allen … Rettungswachen im Landkreis D… eingesetzt werden sollten. Auf Nachfrage des Beklagten bestätigte der Arbeitgeber zudem schriftlich Folgendes: „Unsere Mitarbeiter werden einem Versorgungsbereich zugeordnet [sic] innerhalb dessen sie dauerhaft und Grundsätzlich [sic] eingesetzt werden. Innerhalb dieses Bereichs rollieren sie jedoch dienstplanerisch auf allen Wachen.”
Im Streitjahr verrichtete der Kläger 145 Dienste in der Rettungswache C…, fünf Dienste in der Rettungswache E…, neun Dienste in der Rettungswache F… und einen Dienst in der Rettungswache G…. Die Klägerin führte 45 Dienste in der Rettungswache C…, 21 Dienste in der Rettungswache E…, 15 Dienste in der Rettungswache F…, einen Dienst in der Rettungswache H… und einen Dienst in der Rettungswache I… aus. Für keine dieser Fahrten fand eine Reisekostenerstattung durch den Arbeitgeber der Kläger statt.
In ihrer Einkommensteuererklärung erklärten die Kläger, sie hätten keine erste Tätigkeitsstätte. Sie legten für den Kläger folgende Werbungskosten zugrunde:
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Fahrtkosten |
Verpflegungsmehr-aufwendungen |
Rettungswache C… |
1.392,00 EUR |
keine |
Rettungswache E… |
21,00 EUR |
60,00 EUR |
Rettungswache F… |
102,60 EUR |
108,00 EUR |
Rettungswache G… |
23,40 EUR |
12,00 EUR |
Insgesamt |
1.539,00 EUR |
180,00 EUR |
Der Klägerin seien folgende Werbungskosten entstanden:
|
Fahrtkosten |
Verpflegungsmehr-aufwendungen |
Rettungswache C… |
432,00 EUR |
540,00 EUR |
Rettungswache E… |
88,20 EUR |
252,00 EUR |
Rettungswache F… |
171,00 EUR |
180,00 EUR |
Rettungswache H… |
19,80 EUR |
12,00 EUR |
Rettungswache I… |
15,60 EUR |
12,00 EUR |
Insgesamt |
726,60 EUR |
996,00 EUR |
Im Einkommensteuerbescheid wertete der Beklagte die Rettungswache in C… als erste Tätigkeitsstätte beider Kläger, legte für die Fahrten dorthin die Entfernungspauschale zugrunde und gewährte für die Dienste dort keine Verpflegungsmehraufwendungen. Dadurch ergab sich folgender Werbungskostenabzug:
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Fahrtkosten |
Verpflegungsmehr-aufwendungen |
Entfernungs-pauschale |
Kläger |
147,00 EUR |
180,00 EUR |
696,00 EUR |
Klägerin |
295,00 EUR |
456,00 EUR |
221,00 EUR |
Hiergegen legten die Kläger Einspruch ein. Bei der Rettungswache C… handele es sich nicht um eine erste Tä...