Entscheidungsstichwort (Thema)
Aussetzung der Vollziehung (Einkommensteuer 1993)
Tenor
Der Einkommensteuerbescheid 1993 vom 22.07.1997 wird ab Bekanntgabe bis einen Monat nach Zustellung einer Entscheidung im Einspruchsverfahren von der Vollziehung ausgesetzt.
Der Antragsgegner trägt die Verfahrenskosten.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Besteuerung nachträglich zu Lasten der Antragsteller dahingehend geändert werden durfte, daß eine Abfindung mit dem normalen Steuersatz besteuert wurde.
Der Antragsteller bis 31.03.1993 als leitender Angestellter bei der Firma X – GmbH in Y beschäftigt. Mit Aufhebungsvertrag vom 26.03.1992 vereinbarte der Antragsteller mit der Arbeitgeberin, daß das Anstellungsverhältnis mit dem 31.03.1993 beendet wurde. In dem Vertrag wurde für den Antragsteller im Monat des Ausscheidens eine Abfindung in Höhe von brutto 599.000,– DM vereinbart, die im Rahmen der steuerlichen Möglichkeiten ausgezahlt werden sollte.
Die im März 1993 ausgezahlte Summe gliederte sich in einen steuerfreien Abfindungsanteil von 30.000,– DM und einen steuerpflichtigen Abfindungsanteil von 569.000,– DM, den der Arbeitgeber dem halben Steuersatz unterwarf. Der Einkommensteuererklärung 1993 war auch die Lohnsteuerkarte des Antragstellers betreffend dieses aufgelöste Arbeitsverhältnis beigefügt. Diese wies unter der Rubrik „ermäßigt besteuerte Entschädigungen” einen vom früheren Arbeitgeber bescheinigten Betrag von 569.000,– DM aus. Dementsprechend war auch die Anlage N – Zeile 14 – ausgefüllt. Der Antragsgegner folgte der lohnsteuerlichen Behandlung mit Einkommensteuerbescheid vom 27.07.1995 und besteuerte diesen Betrag nach § 34 Abs. 2 Einkommensteuergesetz – EStG – mit dem ermäßigten Steuersatz. Der Bescheid war nach § 165 Abs. 1 Abgabenordnung – AO – teilweise vorläufig im Hinblick auf verschiedene anhängige Verfassungsbeschwerden bzw. Revisionen.
Der Bescheid wurde in der Folgezeit noch zweimal nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO geändert. An der Besteuerung der Abfindung änderte sich nichts.
Im Anschluß daran forderte der Antragsgegner mit Schreiben vom 16.12.1996 die Antragsteller auf, Unterlagen zur weiteren Überprüfung des Sachverhaltes bezüglich der Abfindung des früheren Arbeitgebers einzureichen, nämlich eine Kopie des Arbeitsvertrages mit eventuell nachträglichen Vereinbarungen und Änderungen, Angaben zu Versorgungsvereinbarungen, eine Kopie des Kündigungsschreibens bzw. des Aufhebungsvertrages oder entsprechende Unterlagen, Kopien über den gesamten Schriftverkehr im Zusammenhang mit der Auflösung des Dienstverhältnisses, Unterlagen über die Berechnung der Abfindung und Zahlungsnachweise über die Abfindung. Nachdem diese Unterlagen eingereicht wurden, berichtigte der Antragsgegner mit Bescheid vom 22.07.1997 unter Berufung auf § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO die Einkommensteuerfestsetzung 1993, wobei er die als Abfindung gezahlten Beträge in vollem Umfang dem normalen Steuersatz unterwarf.
Die Antragsteller haben gegen diesen Bescheid rechtzeitig Einspruch eingelegt, über den noch nicht entschieden ist. Einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung hat das Finanzamt mit Schreiben vom 18.09.1997 abgelehnt.
Die Antragsteller halten den Bescheid für rechtswidrig. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Berichtigungsvorschrift von § 173 AO seien schon nicht erfüllt.
Die Antragsteller beantragen sinngemäß,
den Einkommensteuerbescheid 1993 vom 22.07.1997 bis einen Monat nach Zustellung einer Entscheidung im Einspruchsverfahren von der Vollziehung auszusetzen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Eine Verletzung der Ermittlungspflicht durch die Behörde läge nicht vor. Das Finanzamt dürfe grundsätzlich darauf vertrauen, daß die Angaben des Steuerpflichtigen in den Steuererklärungen und den beigefügten Anlagen in tatsächlicher Hinsicht richtig und vollständig sind. Zur Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen gehöre auch, daß dem Finanzamt die maßgeblichen Verträge beigefügt und erforderliche Erläuterungen gegeben würden. Da die Antragsteller die zur Überprüfung der erklärten Abfindung nötigen Belege erst später eingereicht hätten, könne dem Finanzamt kein für die Anwendung des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO erheblicher Vorwurf daraus gemacht werden, daß es nicht bereits von sich aus bei Bearbeitung der Einkommensteuererklärung 1993 die Vorlage dieser Unterlagen verlangt habe. Vielmehr habe das Finanzamt davon ausgehen können, daß die Eintragung des Arbeitgebers in der Lohnsteuerkarte und die durch ein Steuerberatungsbüro gefertigte Einkommensteuererklärung 1993 zutreffend seien.
Greifbare Umstände, die zum damaligen Zeitpunkt eine weitere Aufklärung hinsichtlich der in der Anlage N mit 569.000,– DM als ermäßigt zu besteuernden erklärten Entschädigung erforderlich gemacht hätten, seien nicht gegeben gewesen.
Entscheidungsgründe
Der Antrag ist begründet.
Steuerbescheide sollen von der Vollziehung ausgesetzt werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung f...