rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Grunderwerbsteuerbefreiung bei Erbbaurechtsübertragung unter Verzicht auf Erbbauzins für die Dauer der Nutzung zu karitativen Zwecke
Leitsatz (redaktionell)
Wird ein Erbbaurecht unter aufschiebendem und rückwirkend wirksamem Verzicht auf den Erbbauzins für die Dauer der Nutzung des Objekts für karitative Zwecke übertragen, so erfolgt der Erwerb mangels einer Gegenleistung unentgeltlich und ist von der Grunderwerbsteuer befreit.
Normenkette
GrEStG § 3 Nr. 2 Sätze 1-2, § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1, § 38
Streitjahr(e)
1998
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger, ein eingetragener Verein, erwarb durch notariell beurkundeten Vertrag vom 29. 12. 1998 von der katholischen Kirchengemeinde…in…ein Erbbaurecht an dem im Eigentum der Kirchengemeinde stehenden, mit einem Altenheim bebauten Grundstück ...Straße…. Das Erbbaurecht wurde gemäß § 3 des Vertrages auf 60 Jahre vereinbart. Nach § 4 wurde es bestellt für den Betrieb einer katholischen Einrichtung der Altenhilfe mit dem Namen Alten- und Pflegeheim…. Der Erbbauzins sollte nach § 16 des Vertrages 5 % des Verkehrswertes des Grund und Bodens (15 DM/qm), insgesamt jährlich 15.915 DM betragen. Die Kirchengemeinde verzichtete nach § 16 Nr. 4 des Vertrages auf die Entrichtung dieses Erbbauzinses so lange, wie der Erbbauberechtigte - der Kläger - in dem Haus soziale Aufgaben für bedürftige Menschen wahrnimmt.
Der Beklagte setzte mit nach § 164 Abs. 2 AO geändertem Grunderwerbsteuerbescheid vom 25. 2. 2002 die Grunderwerbsteuer auf 194.670 DM fest, nachdem der Bedarfswert des Grundstücks auf 5.562.000 DM festgestellt worden war. Gegen den Bescheid legte der Kläger Einspruch ein und führte zur Begründung aus, der Ansatz des Bedarfswertes sei unzutreffend. Bei Erbbaurechtsverträgen bestimme sich die Bemessungsgrundlage nach dem Erbbauzins als Wert der Gegenleistung. Die Erbbauzinsverpflichtung sei unter Berücksichtigung der Laufzeit mit dem Kapitalwert nach § 13 Abs. 1 BewG anzusetzen. Zu berücksichtigen sei zudem, dass der Kläger bis zum Eintritt der Bedingung, nämlich der Aufgabe der Nutzung des Grundstücks für soziale Zwecke, von der Zahlung befreit sei. Damit liege eine freigebige Zuwendung unter Lebenden nach § 3 Nr. 2 GrEStG vor. Der Beklagte wies den Einspruch am 15. 7. 2002 zurück. Die Gegenleistung sei aufschiebend bedingt; da sie zunächst nicht zu ermitteln sei, habe die Besteuerung mit dem Grundbesitzwert zu erfolgen. § 3 Nr. 2 GrEStG greife nicht ein, da der Erwerber durch die Zuwendung des Erbbaurechts nicht bereichert sei.
Hiergegen richtet sich die Klage.
Der Kläger trägt vor:
Die Erbbaurechtsbestellung erfolge solange unentgeltlich, wie das Grundstück für soziale Zwecke genutzt werde. Wenn die Gemeinde das Grundstück insgesamt unentgeltlich übertragen hätte, wäre auch keine Grunderwerbsteuer angefallen. Die Einräumung des Erbbaurechts und die damit verbundene Nutzungsmöglichkeit sei auch mit einer objektiven Bereicherung des Klägers verbunden. Dies entspreche gerade dem Willen der Kirchengemeinde. Wenn der Beklagte in der Nutzung für soziale Aufgaben eine Gegenleistung sehe, hätte der Wert dieser Gegenleistung ermittelt werden müssen. Eine Auflage dahingehend, das Grundstück für soziale Aufgaben zu nutzen, habe zu keiner Zeit bestanden. Sofern die Klägerin eine andere Nutzung vornehme, sei lediglich der Erbbauzins von 15.915 DM p.a. zu entrichten. Der Tatbestand der Schenkung unter Auflage sei damit nicht erfüllt. Jedenfalls habe die Klägerin auch ein erhebliches Eigeninteresse an der Fortführung der Alteneinrichtung auf dem Grundstück. Gehe man von einer Auflage aus, sei eine Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer von 285.355 DM anzusetzen, es sei nämlich der jährliche Erbbauzins mit dem Faktor von 17,930 auf Grund der Laufzeit des Vertrages von 60 Jahren zu multiplizieren. Dies ergebe eine Steuer von 5.106,50 €.
Der Kläger beantragt,
den Grunderwerbsteuerbescheid vom 25. 2. 2002 in der Gestalt der
Einspruchsentscheidung vom 15. 7. 2002 aufzuheben,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt vor:
Das Grundstück könne nur zu sozialen Zwecken genutzt werden; in dieser sehr eingeschränkten Nutzung müsse die Gegenleistung gesehen werden. Der Wert der Nutzungsverpflichtung sei nicht zu ermitteln, so dass der Bedarfswert nach § 138 BewG anzusetzen sei. Ein Wille zur Unentgeltlichkeit i.S. einer Bereicherungsabsicht könne hier nicht angenommen werden. Der Kläger könne nicht frei über das Grundstück verfügen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet. Der angefochtene Grunderwerbsteuerbescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 FGO).
Zu Unrecht hat der Beklagte Grunderwerbsteuer für den Erwerb des Erbbaurechts festgesetzt. Denn der Erwerb durch die Klägerin erfolgte - zunächst - unentgeltlich mit der Folge, dass die Grunderwerbsteuerbefreiung nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG eingreift.
Der Kläger hat da...