Entscheidungsstichwort (Thema)
Ordnungsmäßigkeit des Gewinnverteilungsbeschlusses bei Änderung des geprüften Jahresabschlusses durch Gesellschafterversammlung einer „großen” GmbH aufgrund Auflösung von Gewinnrücklagen
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Gewinnverteilungsbeschluss entspricht den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften, wenn er zivilrechtlich wirksam ist.
2. Eine nicht auf Dauerwirkungen zielende Satzungsdurchbrechung kann lediglich die Anfechtbarkeit des Gewinnverteilungsbeschlusses auslösen.
3. Ändert die Gesellschafterversammlung einer „großen” GmbH aufgrund der Auflösung von Gewinnrücklagen den geprüften Jahresabschluss, so kann für die von ihr gefassten Beschlüsse über die Bilanzfeststellung und Gewinnverwendung in analoger Anwendung des § 173 Abs. 3 Satz 1 AktG im vereinfachten Verfahren ein nachträglicher Bestätigungsvermerk des Abschlussprüfers erteilt werden.
4. Abweichend von § 173 Abs. 3 Satz 2 AktG muss der Bestätigungsvermerk bei einer GmbH indessen nicht innerhalb von 2 Wochen seit Beschlussfassung, sondern lediglich innerhalb angemessener Frist vorliegen, die nicht unter 3 Monaten zu bemessen ist.
5. Die Abzugsbeschränkung für Aufsichtratsvergütungen ist weit auszulegen.
Normenkette
KStG § 10 Nr. 4, § 27 Abs. 3; GmbHG § 29 Abs. 1 S. 2, §§ 42a, 46 Nr. 1, §§ 53-54; HGB §§ 278, 316; AktG §§ 173, 256
Streitjahr(e)
1993
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob ein Ausschüttungsbeschluss der Gesellschafterversammlung der Klägerin für das Jahr 1993 den gesellschaftsrechtlichen Vorschriften entspricht und ob Zahlungen für weitere Tätigkeiten von Aufsichtsratsmitgliedern der Klägerin in voller Höhe als Betriebsausgaben abzugsfähig sind.
Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist die Erfassung, Vermarktung und Aufbereitung von, sowie der Handel mit Gartenbauerzeugnissen, die Versorgung der Gartenbaubetriebe mit Bedarfsartikeln für die Aufmachung und Vermarktung ihrer Erzeugnisse sowie die Beratung der Gartenbaubetriebe hinsichtlich der Erzeugung und die Herausgabe von Anbauempfehlungen.
Gesellschafterinnen der Klägerin waren im Streitjahr 1993 die „A” GmbH, B-Stadt, mit einem Stammkapital von 1.525.000 DM, die „C” eG, D-Stadt, mit einem Stammkapital von 375.000 DM sowie die „E"Genossenschaft, F-Stadt, mit einem Stammkapital von 100.000 DM.
Bei der Klägerin handelt es sich um eine „große Kapitalgesellschaft” im Sinne des § 316 Handelsgesetzbuch -HGB-. Die Geschäftsführer der Klägerin haben den Jahresabschluss zum 31.12.1993 unter dem 09.05.1994 aufgestellt und unverzüglich dem gewählten Abschlussprüfer der Gesellschaft, dem Genossenschaftsverband „G”, zur Prüfung vorgelegt, der am 30.08.1994 einen uneingeschränkten Prüfungsvermerk erteilt hat. Nach dem darin enthaltenen Gewinnverwendungsvorschlag sollte der Jahresüberschuss von 5.469.458,57 DM mit einem Teilbetrag i.H.v. 10 % (= 546.946 DM) den satzungsmäßigen Rücklagen zugeführt und ein Restbetrag von 4.922.512,57 DM den anderen Gewinnrücklagen zugeführt werden. In der Gesellschafterversammlung vom 15.12.1994 wurden dann vom Gewinnverwendungsvorschlag abweichend folgende Beschlüsse gefasst:
„1. Genehmigung des Jahresabschlusses zum 31.12.1993.
2. Auflösung der Gewinnrücklagen i.H.v. 48.609.744,43 DM und Ausschüttung einer Dividende i.H.v. 81.008.000 DM. Stundung der Ausschüttung i.H.v. 30.484.341 DM bis zum 01.06.1995.
3. Feststellung des Restbestandes der Gewinnrücklage in 1993 und deren Verteilung auf die einzelnen Gesellschafter.
4. Ausschüttung der Dividende in 1994 i.H.v. 37.484.341 DM durch Zuführung zur Kapitalrücklage gem. § 272 Abs. 2 HGB.
5. Verwendung der gestundeten Restdividende in 1995 wie folgt:
a.) Erhöhung des Stammkapitals um 8.000.000 DM auf 10.000.000 DM.
b.) Auszahlung einer Dividende von 367.965 DM an die EGN.
c.) Zuführung zur Kapitalrücklage gem. § 272 Abs. 2 HGB i.H.v. 14.495.291 DM.”
Die Erhöhung des Stammkapitals erfolgte mit notariellem Vertrag vom 19.12.1995 und wurde am 05.01.1996 ins Handelsregister eingetragen.
Die auf Grund des Gesellschafterbeschlusses vom 15.12.1994 aufgestellte Bilanz zum 31.12.1993 wurde am 09.03.1995 geprüft und am 13.03.1995 mit einem entsprechenden Bestätigungsvermerk durch den Abschlussprüfer, dem Genossenschaftsverband „G”, versehen.
Mit ihrer Körperschaftsteuererklärung 1993 machte die Klägerin einen Körperschaftsteuerminderungsbetrag auf der Grundlage einer offenen Ausschüttung i.H.v. 81.008.000 DM aus dem EK 56 geltend. Der Beklagte lehnte eine Berücksichtigung des über 4.922.512 DM hinausgehenden Betrages als offene Ausschüttung gem. § 27 Abs. 3 Satz 1 Körperschaftsteuergesetz KStG- für 1993 ab, da der Ergebnisverwendungsbeschluss vom 15.12.1994 mangels rechtzeitiger Prüfung nichtig sei und deshalb eine „andere Ausschüttung” im Sinne des § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG mit der Folge eines entsprechenden Körperschaftsteuerminderungsbetrages erst im Rahmen der Veranlagung 1994 bzw. 1995 vorliege. Gegen den entsprechenden Körperschaftsteuerbescheid 1...