Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 2 GrEStG in Fällen des § 1 Abs. 3 GrEStG
Leitsatz (redaktionell)
Die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 2 GrEStG ist bei einer sukzessiven Übertragung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG nicht anwendbar.
Normenkette
GrEStG § 3 Nr. 2, § 1 Abs. 3 Nr. 1
Nachgehend
Tatbestand
Durch notariellen Vertrag vom 08.08.1997 übertrug H „zum Zwecke der Vorwegnahme und Erleichterung einer späteren Erbzuteilung” seinen Anteil an der Autohaus H GmbH in Höhe von 41 % des Stammkapitals ohne Gegenleistung auf seinen Sohn. Durch Gesellschafterbeschluss vom 28.12.1998 wurde die Autohaus H GmbH umbenannt in Autohaus H Besitzgesellschaft mbH (GmbH). Durch notariellen – hier in Streit stehenden – Vertrag vom 18.06.2008 übertrug H im Wege der vorweggenommenen Erbfolge seinen (verbleibenden) Geschäftsanteil an der GmbH in Höhe von 59% auf den Kläger, der durch die Übertragung zum alleinigen Gesellschafter der GmbH wurde. Unter Punkt II. des Vertrages war eine dauernde Last zugunsten des Veräußerers vereinbart. Danach verpflichtete sich der Kläger, auf Lebenszeit des Veräußerers diesem monatlich 4.000 EUR zu zahlen.
Der Beklagte sah durch die Anteilsübertragung vom 18.06.2008 die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) als erfüllt an. Dementsprechend setzte er durch Bescheid vom 11.09.2008 Grunderwerbsteuer i. H. v. 15.855,00 EUR fest, wobei er für die Grundstücke der GmbH in F, L Straße … und P Straße …, einen geschätzten Bedarfswert von 453.000 EUR (Einheitswerte × 48 bzw. 50 %) zugrunde legte. In den Erläuterungen zur Grunderwerbsteuerfestsetzung wies der Beklagte darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs – BFH – (Urteile des BFH vom 31.03.1982 II R 92/81, BStBl II 1982, 424 und vom 08.06.1988 II R 143/86, BStBl II 1988, 785) personenbezogene Befreiungsvorschriften wie der § 3 Nr. 2 GrEStG nicht zur Anwendung kommen könnten, so dass der Umstand, dass dem Kläger der GmbH-Anteil vom Vater im Wege der vorweggenommenen Erbfolge ohne Gegenleistung, also durch Schenkung übertragen worden sei, unerheblich sei. Der Grunderwerb gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG beruhe auf einer Fiktion und damit nicht auf einer Schenkung, so dass eine doppelte Besteuerung nicht gegeben sei.
Der dagegen gerichtete Einspruch des Klägers hatte keinen Erfolg und wurde durch Einspruchsentscheidung vom 30.10.2008 als unbegründet zurückgewiesen.
Gegen die Nichtanwendung des § 3 Nr.2 GrEStG richtet sich die Klage.
Während des Klageverfahrens änderte der Beklagte am 09.02.2009 den angefochtenen Grunderwerbsteuerbescheid gemäß § 175 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) auf 19.112 EUR, nachdem er für beide betroffenen Grundstücke (L Straße und P Straße) zunächst am 16.01.2009 bzw. 22.01.2009 Bescheide über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwertes auf den 18.06.2008 erlassen hatte, die dann durch Feststellungsbescheide vom 26.01.2009 gemäß § 129 AO hinsichtlich der Höhe des dem Kläger übertragenen (nicht mit dem übertragenen Gesellschaftsanteil identischen) Grundstücksanteils erneut geändert worden war (zunächst jeweils 59 %, später 48 bzw. 50 %).
Zur Begründung seiner Klage gegen die Grunderwerbsteuerfestsetzung führt der Kläger aus, der vorliegende Lebenssachverhalt sei nicht mit der Grunderwerbsteuer zu belasten, weil er einen Vorgang darstelle, der bereits durch das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz erfasst sei, so dass § 3 Nr. 2 GrEStG zur Anwendung komme. Der Finanzminister von Nordrhein-Westfalen habe unter Bezug auf die Rechtsprechung des BFH durch Urteile vom 13.09.2006 II R 37/05, BStBl II 2007, 59 und vom 12.10.2006 II R 79/05, BStBl II 2007, 409 seinen Erlass bezüglich der Anwendbarkeit des § 3 Nr. 2 GrEStG vom 20.05.2005 ersatzlos aufgehoben bzw. durch Erlass vom 19.11.2007 modifiziert. Danach sehe nunmehr auch die Finanzverwaltung bei Übertragungen von Personengesellschaftsanteilen mit Grundstücken im Betriebsvermögen keine Grunderwerbsteuerpflicht mehr, soweit diese Fälle unter das Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz zu subsumieren seien. Einigkeit bestehe auch in den Fällen, in denen durch einen Rechtsvorgang 100% der Anteile an einer Kapitalgesellschaft durch Schenkung übergehen. Sowohl die Rechtsprechung als auch die Finanzverwaltung hätten in diesen Fällen die Grunderwerbsteuererhebung ausgeschlossen mit der Begründung, dass eine doppelte Belastung eines Lebenssachverhaltes mit Erbschaft- oder Schenkungsteuer und Grunderwerbsteuer nicht entstehen dürfe. In der Literatur werde die Auffassung vertreten, dass nicht nur die Fälle des § 1 Abs. 3 Nr. 3 und 4 GrEStG, sondern auch die der Nr.1 und 2 gemäß § 3 Nr. 2 GrEStG von der Grunderwerbsteuer freizustellen seien. Es könne nicht sein, dass die einheitliche Übertragung von Anteilen (nach Nr.3 und 4) an Kapitalgesellschaften mit Grundbesitz grunderwerbsteuerfrei sei, während eine sukzessive Anteilsübertragun...