Entscheidungsstichwort (Thema)
Einbeziehung der auf einem verkauften Waldgrundstück aufstehenden Bäume in die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: II R 23/24)
Leitsatz (redaktionell)
1. Wann ein „Grundstück” im Sinne des Grunderwerbsteuerrechts anzunehmen ist, richtet sich nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GrEStG nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts. Ob Gehölze zum Grundstück zählen, hängt letztlich davon ab, zu welchem Zweck die Aussaat bzw. das Einpflanzen des Gehölzes erfolgt ist. Aufstehende Gehölze sind im Ausgangspunkt grundsätzlich wesentliche Bestandteile des Grundstücks, gleich, ob sie durch Selbst- oder Fremdaussaat unmittelbar am Standort gewachsen oder anderweit vorgezogen und eingepflanzt sind.
2. Aufstehende Gehölze können aber Scheinbestandteile sein, wenn ihre Verbindung mit dem Boden nur zu einem vorübergehenden Zweck erfolgt ist und die spätere Aufhebung der Verbindung von Anfang an beabsichtigt war. Maßgeblich ist der innere Wille des Einfügenden zu demjenigen Zeitpunkt, in dem die Verbindung (durch Pflanzung oder Aussaat) hergestellt wird. Den Steuerpflichtigen trifft für das Vorhandensein von Scheinbestandteilen die objektive Feststellungslast. Lässt sich beim Verkauf eines Waldgrundstücks mit 80 bis 120 Jahren alten Bäumen der innere Wille des Grundstückseigentümers zum Zeitpunkt der Anpflanzung nicht mehr feststellen, geht das zu Lasten des Steuerpflichtigen.
3. Haben beim Verkauf eines Waldgrundstücks die Vertragsschließenden über die Übereignung der Bäume keine gesonderte vertragliche Regelung getroffen, auch den vereinbarten Kaufpreis nicht in Anteile für Grund und Boden sowie Bäume aufgeteilt und lassen sich aufgrund des Alters der Bäume (80 bis 120 Jahre) auch keine Erkenntnisse zu den Absichten des Anpflanzenden mehr gewinnen, spricht dies dafür, dass die Vertragsschließenden die aufstehenden Bäume nicht als Scheinbestandteile, sondern nach der Grundregel des § 94 Abs. 1 Satz 2 BGB als wesentliche Grundstücksbestandteile angesehen haben und dass somit der volle vereinbarte Kaufpreis die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer darstellt.
4. Es gibt keinen Erfahrungssatz dahingehend, dass allein die heutige forstwirtschaftliche Nutzung eines Grundstückes darauf schließen lässt, dass dies auch schon bei Anpflanzung dem Willen des damaligen Grundstückseigentümers entsprochen habe. Auch gibt es keinen Erfahrungssatz dahingehend, dass jeder in Deutschland vorhandene Wald von Menschenhand und von dem Willen getragen, die Bäume bei Hiebreife wieder zu entnehmen, angelegt wurde.
Normenkette
GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1 S. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1; BGB §§ 93, 94 Abs. 1 Sätze 1-2, § 95 Abs. 1 S. 1, § 97
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer, insbesondere die Frage, ob der Wert der auf dem Grundstück aufstehenden Bäume in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen ist.
1. Der Kläger ist seit Juni 1997 Inhaber des Forstbetriebes A.
Am 15.05.2023 schloss er mit Herrn B einen notariellen Grundstückskaufvertrag, mit dem er von Herrn B das im Grundbuch von C, Amtsgericht D, Blatt 284 eingetragene Grundstück zu einem Kaufpreis von 12.500 EUR erwarb. Ausweislich des im Vertragstext unter I. 1. wiedergegebenen Grundbuchstandes handelte sich dabei um das Flurstück …, Flur …, Gemarkung C, Wirtschaftsart Waldfläche mit einer Größe von 15.467 qm.
Im notariellen Vertrag hieß es unter I. 2:
„Das Grundstück ist nach Angabe der Beteiligten unbebaut.”
Unter II. des Vertrages war geregelt:
„Dies vorausgeschickt, verkauft Herr B … den vorbezeichneten Grundbesitz mit allen damit zusammenhängenden Rechten und dem Zubehör (§ 97 BGB).”
Unter VII. 4. des Vertrages lautet es:
„Die Miet- und Pachtfreiheit zum Zeitpunkt der Übergabe wird garantiert.”
Unter VIII. 1. des Vertrages war geregelt:
„Der Verkäufer erklärt, dass das Vertragsobjekt forstwirtschaftlich genutzt wird.”
Auf den Notarvertrag wird im Übrigen Bezug genommen.
Die Notarin übersandte dem Beklagten am 15.05.2023 die Veräußerungsanzeige und eine Abschrift des Notarvertrages. Mit Bescheid vom 27.06.2023 setzte der Beklagte gegenüber dem Kläger Grunderwerbsteuer in Höhe von 750 EUR fest. Der Beklagte legte dabei als Bemessungsgrundlage den im Notarvertrag vereinbarten Kaufpreis in Höhe von 12.500 EUR zugrunde. Auf den Bescheid vom 27.06.2023 wird Bezug genommen.
2. Der Kläger legte mit Schreiben vom 28.06.2023 Einspruch ein. Diesen begründete er damit, dass die Forstbäume als Scheinbestandteile zu qualifizieren und als solche nicht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen seien. Er berief sich auf ein Urteil des Bundesfinanzhofes –BFH– vom 25.01.2022 (II R 36/19) und eine dazu erschienene Veröffentlichung in der Zeitschrift UVR der Autoren Zugmaier/Siegel ((Keine) Grunderwerbsteuer beim Erwerb von Waldflächen, UVR 2023, 61 ff. Für Zwecke der Aufteilung des Kaufpreises könne seines E...