Entscheidungsstichwort (Thema)
Erteilung einer Bescheinigung über die Freistellung des Arbeitslohns vom Steuerabzug aufgrund des DBA Schweiz bei Auszahlung eines Bonus für den Abschluss eines Arbeitsvertrags an den zu diesem Zeitpunkt noch in der Schweiz ansässigen künftigen Arbeitnehmer
Leitsatz (redaktionell)
1. Zum Arbeitslohn zählt auch ein Abschluss- und Antrittsbonus, der für den Abschluss des Arbeitsvertrages bzw. den Arbeitsantritt gezahlt wird. Das gilt auch dann, wenn der „signing bonus” nicht vom Arbeitgeber, sondern einer mit diesem verbundenen Organisation finanziert wird. Es spricht für das Vorliegen eines „signing bonus” und gegen das Vorliegen einer Zahlung für die konkrete Arbeitsausübung, wenn die streitige Zahlung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Ablauf von fünf Jahren vollständig zurückgezahlt werden müsste.
2. Wird der „signing bonus” für den Abschluss des Arbeitsvertrags von der inländischen Arbeitgeberin, einer gemeinnützigen Forschungsorganisation, noch vor Aufnahme des Arbeitsverhältnis an den zu diesem Zeitpunkt noch in der Schweiz ansässigen künftigen Arbeitnehmer ausgezahlt, so steht das Besteuerungsrecht für den „signing bonus” nach Art. 15 Abs. 1 DBA-Schweiz der Schweiz als dem damaligen Wohnsitzstaat zu.
3. Das Besteuerungsrecht steht Deutschland auch nicht Art. 19 Abs. 1 DBA-Schweiz zu, wenn die gemeinnützige Arbeitgeberin zwar von Bund und Ländern finanziert wird, als eingetragener Verein aber keine juristische Person des öffentlichen Rechts ist.
Normenkette
EStG § 49 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a, § 39b Abs. 6, § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; DBA CHE Art. 15 Abs. 1 Sätze 1-2, Art. 19 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
1. Der Bescheid über die Ablehnung des Antrags auf Erteilung einer Bescheinigung über die Freistellung des Arbeitslohns vom Steuerabzug vom 26. Juli 2012 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 19. September 2013 werden aufgehoben; der Beklagte wird verpflichtet, die Bescheinigung über die Freistellung des Arbeitslohns vom Lohnsteuerabzug auf Grund des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft für den von der Klägerin an Herrn Professor Dr. H. am 13. Juni 2012 ausbezahlten Teilbetrag des signing bonus (110.000 EUR) zu erteilen.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Strittig ist die Erteilung einer Bescheinigung über die Freistellung des Arbeitslohns eines Wissenschaftlers vom Lohnsteuerabzug auf Grund des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und Vermögen vom 11. August 1971 (DBA Schweiz).
Die Klägerin, ein eingetragener Verein, aber allgemein als die M.-Gesellschaft bekannt, ist eine gemeinnützige Forschungseinrichtung, deren Finanzierung ganz überwiegend aus Zuschüssen von Bund und Ländern erfolgt. Die Klägerin unterhält Forschungsinstitute, die von in- und ausländischen Wissenschaftlern geleitet werden. Deren Besoldung richtet sich vergleichbar derjenigen eines Hochschullehrers nach dem Beamtenrecht. Die Klägerin schloss am 15. Dezember 2011 mit dem damals in der Schweiz wohnhaften Wissenschaftler, Herrn Professor Dr. H., einen Arbeitsvertrag, nach dem dieser ab dem 1. Januar 2012 bis 30. September 2012 zunächst nebenamtlich als wissenschaftliches Mitglied der Klägerin und ab 1. Oktober 2012 als Direktor am Institut für B. tätig werden sollte. Bereits am 21. November 2011 informierte der Präsident der Klägerin Herrn Professor Dr. H. über das Vertragsangebot mit dem Hinweis auf eine Einmalzahlung in Höhe von 200.000 EUR durch die M.-Förderstiftung Foundation, einer öffentlichen gemeinnützigen Stiftung des bürgerlichen Rechts. Diese Zahlung sollte dem Wissenschaftler die Entscheidung erleichtern, das Stellenangebot eines hauptamtlichen Direktors des Instituts für B. anzunehmen (sogenannter signing bonus) und seine Stelle bei der Universität B. aufzugeben. Daneben sollte es den Forscher für einige Jahre an die Klägerin binden, denn der Betrag war nach einem Schreiben der M.-Förderstiftung Foundation vom 21. November 2011 zurückzuzahlen, wenn der Wissenschaftler vor Ablauf von fünf Jahren ab voller Aufnahme seiner Tätigkeit am Institut für B. aus dem Dienst der Gesellschaft ausscheidet.
Ein Teilbetrag von 110.000 EUR wurde am 13. Juni 2012 ohne Lohnsteuerabzug von der Generalverwaltung der Klägerin an den Professor, der bis zum 30. September 2012 seinen Wohnsitz in der Schweiz hatte, ausgezahlt.
Bereits am 3. Mai 2012 stellte die Klägerin beim Beklagten (dem Finanzamt) einen Antrag auf Erteilun...