Leitsatz
Geht ein Grundstück vor dem 1. Januar 1999 im Wege der Vermögenszuordnung nach dem Vermögenszuordnungsgesetz (VZOG) auf eine Kapitalgesellschaft über, so ist dieser Erwerbsvorgang nach § 4 Nr. 4 Satz 1 GrEStGvon der Besteuerung ausgenommen. Von der Befreiung erfasst werden übertragende Zuordnungen i.S. von § 7 Abs. 5 VZOG, wie z.B. der Übergang eines Grundstücks auf eine Kapitalgesellschaft, deren Anteile sich unmittelbar oder mittelbar in der Hand einer Gebietskörperschaft oder der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BVS) befinden. Nach Auffassung des FG Berlin setzt eine Befreiung nach dieser Vorschrift nicht voraus, dass die Vermögenszuordnung "im Zusammenhang mit einer Umstrukturierung der Treuhandanstalt (THA)" erfolgt.
Sachverhalt
Mit Vertrag vom 31. März 1998 vereinbarten die BVS und die Klägerin - eine Kapitalgesellschaft, deren sämtliche Anteile sich in der Hand des Bundes befinden - "im Wege der gütlichen Einigung und mit Ziel der Übertragung des Eigentums auf die …", das Eigentum an mehreren Grundstücken durch Vermögenszuordnungsbescheid nach dem VZOG auf die Klägerin zu übertragen. In Aussichtnahme dieser Vereinbarung erging bereits am 18. Februar 1998 ein Vermögenszuordnungsbescheid, der - wegen des in einer Anlage zu diesem Bescheid unzutreffend bezeichneten Grundbesitzes - durch einen weiteren Bescheid vom 9. April 1998 berichtigt wurde. Das Finanzamt setzte für den Erwerbsvorgang gegen die Klägerin eine Grunderwerbsteuer in Höhe von 332.208,00 DM fest. Dagegen erhob die Klägerin - nach erfolglosem Einspruch - Klage. Sie vertrat die Auffassung, dass der Erwerb des Grundstücks nach § 4 Nr. 4 GrEStG steuerbefreit ist. Das Finanzamt hielt demgegenüber an seiner Ansicht fest, dass die Befreiungsvorschrift nur dann eingreife, wenn die Vermögenszuordnung "im Zusammenhang mit einer Umstrukturierung der THA" erfolgt sei.
Entscheidung
Das FG gab der Klage statt. Entgegen der Ansicht des Beklagten falle der besteuerte Vorgang in den Anwendungsbereich der Steuerbefreiung des § 4 Nr. 4 Satz 1 GrEStG. Die durch Vermögenszuordnungsbescheid vom 18. Februar 1998 - berichtigt am 9. April 1998 - erfolgte Übertragung der streitbefangenen Grundstücke auf die Klägerin stelle den Erwerb von Grundstücken durch eine Kapitalgesellschaft vor dem 1. Januar 1999 dar, die im Wege der Vermögenszuordnung auf die Kapitalgesellschaft übergegangen sind. Das FG hat die Revision zugelassen.
Hinweis
Für die Praxis dürfte der Entscheidung des FG Berlin im Hinblick auf den sehr begrenzten Anwendungsbereich der Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 4 GrEStG nur eingeschränkte Bedeutung zukommen. Richtig dürfte sein, dass die Befreiung nach § 4 Nr. 4 GrEStG keinen Grundstücksübergang durch Vermögenszuordnung nach dem VZOG "im Zusammenhang mit der Umstrukturierung der THA" voraussetzt. Die drei Tatbestandsvarianten der Vorschrift sind ausdrücklich durch das Wort "oder" voneinander abgegrenzt, so dass die oben zitierte, im zweiten Teilsatz der Befreiungsvorschrift genannte Voraussetzung für den dritten Teilsatz nicht einschlägig ist.
Link zur Entscheidung
FG Berlin, Urteil vom 03.04.2003, 1 K 1132/01