Kommentar

Eine Genossenschaft oder ein Verein sind von der Körperschaftsteuer befreit, wenn sich ihr Geschäftsbetrieb auf Leistungen im Rahmen von Dienst- oder Werkverträgen für die Produktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse für die Betriebe ihrer Mitglieder beschränkt und die Leistungen im Bereich der Landwirtschaft liegen. Somit ist z. B. eine Winzergenossenschaft nach § 5 Abs. 1 Nr. 14 KStG steuerbefreit.

Im Urteilsfall hatte das Finanzamt einer Genossenschaft, welche die Produktion und den Handel mit Rinder- und Schweinesperma betrieb, die Steuerbefreiung versagt. Maßgebend war, daß die Genossenschaft seit einigen Jahren keine Gewinnausschüttung mehr an ihre Mitglieder vorgenommen hatte, sondern die Gewinne thesaurierte. Das Finanzamt stützte sich dabei auf verschiedene Erlasse aus den Jahren 1955 bis 1962 (z. B. FinMin Baden-Württemberg v. 12. 4. 1955, S 2515 – 363/54). Diese beruhen auf einem Gutachten des BFH v. 8. 9. 1953 (BStBl 1954 III S. 38). Darin wird ausgeführt, daß ein Gestaltungsmißbrauch vorliegen kann, wenn eine kleine Zahl von Personen die Rechtsform einer Genossenschaft bzw. eines Vereins wählt, um unter Ausnutzung der Steuerbefreiung Gewinne in erheblichem Umfang zum Ausbau betrieblicher Anlagen bzw. zur Kapitalansammlung zu verwenden und damit dauerhaft der Besteuerung zu entziehen. Die Finanzverwaltung ging bisher vom Verlust der Steuerbefreiung aus, wenn die Geschäftsanteile der Mitglieder nicht mindestens 50 % des Anlagevermögens betragen haben oder sehr hohe stille Reserven im Betriebsvermögen enthalten waren. Der BFH-Senat hat es dahingestellt, ob er die Rechtsauffassung des damaligen Gutachtens teilt, denn im Urteilsfall handelte es sich um eine Genossenschaft mit ca. 30 000 Mitgliedern, so daß kein mißbräuchlicher Zusammenschluß von wenigen Personen vorlag. Zudem war die Gewinnthesaurierung angesichts einer sich sonst ergebenden Ausschüttung in Höhe von nur knapp 2 DM je Mitglied auch wirtschaftlich gerechtfertigt.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 11.02.1998, I R 26/97

Anmerkung

Anmerkung: Da die bisherige Praxis der Finanzverwaltung im Widerspruch zu diesem Urteil steht, sollte die Versagung der Steuerfreiheit in vergleichbaren Fällen mit Einspruch angefochten werden.

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