Leitsatz
Unterbleibt beim Vermieter/Verpächter die materiell-rechtlich gebotene Kürzung von Miet- oder Pachtzinsen (§ 9 Nr. 4 GewStG), kann der Mieter/Pächter keine Korrektur der bei ihm nach § 8 Nr. 7 GewStG vorgenommenen und bestandskräftig gewordenen Hinzurechnung zum Gewerbeertrag verlangen.
Normenkette
§ 8 Nr. 7 GewStG und , § 9 Nr. 4 GewStG , § 174 Abs. 1 Satz 1 AO
Sachverhalt
Der Kläger betrieb als Pächter der Räumlichkeiten und des Inventars eine Tankstelle und Raststätte. Das Finanzamt rechnete bei der den Kläger betreffenden GewSt-Messbetragsfestsetzung die Hälfte der von ihm gezahlten Pachtzinsen dem Gewinn hinzu. Der entsprechende Bescheid wurde bestandskräftig. Nachdem der Kläger erfahren hatte, dass der Verpächter die Kürzung der (hälftigen) Pachteinnahmen unterlassen hatte, beantragte er, die bei ihm vorgenommene Hinzurechnung der Pachtzinsen bei seinem Gewerbeertrag gem. § 174 AO rückgängig zu machen.
Das Finanzamt lehnte dies ab. Das FG wies die dagegen erhobene Klage ab (EFG 2001, 647). Der BFH bestätigte die Vorentscheidung.
Entscheidung
Die Voraussetzungen des § 174 Abs. 1 AO für eine Änderung der bestandskräftigen GewSt-Messbetragsfestsetzung gegen den Kläger seien mangels Vorliegens einer "widerstreitenden Steuerfestsetzung" nicht erfüllt. Der gegen den Mieter oder Pächter ergangene GewSt-Messbescheid sei bereits dann rechtsfehlerfrei, wenn die Miet- und Pachtzinsen beim Vermieter oder Verpächter zur Gewerbesteuer "heranzuziehen sind" (§ 8 Nr. 7 Satz 2 GewStG).
Demgegenüber sei nach § 9 Nr. 4 GewStG beim Vermieter oder Verpächter eine Kürzung des Gewerbeertrags um die Miet- oder Pachtzinsen insoweit vorzunehmen, als diese nach § 8 Nr. 7 GewStG beim Gewinn aus Gewerbebetrieb des Mieters oder Pächters (tatsächlich) "hinzugerechnet worden sind". Mithin sei die (tatsächliche) bescheidmäßige Behandlung der Miet- oder Pachtzahlungen beim Mieter oder Pächter maßgebend dafür, ob beim Vermieter oder Verpächter eine Kürzung vorgenommen werde. Dies schließe eine umgekehrte Abhängigkeit in dem Sinn aus, dass ein Unterlassen der Kürzung beim Vermieter/Verpächter die Sachbehandlung beim Mieter oder Pächter beeinflussen könnte.
Hinweis
Im Streitfall hatte der Kläger den gegen ihn ergangenen GewSt-Messbescheid, in dem die Hälfte der von ihm gezahlten Pachtzinsen gem. § 8 Nr. 7 GewStG dem Gewerbeertrag hinzugerechnet wurde, bestandskräftig werden lassen. Sein danach erhobenes Begehren, diese Hinzurechnung rückgängig zu machen, weil der Verpächter eine Kürzung seines Gewerbeertrags um die (hälftigen) Pachtzinsen nicht vorgenommen hatte, hätte folglich nur dann Erfolg haben können, wenn die Voraussetzungen einer Änderungsvorschrift i.S.d. §§ 172 ff. AO vorgelegen hätten. Dies traf allerdings nicht zu. Die Voraussetzungen des hier einzig ernstlich in Betracht zu ziehenden § 174 Abs. 1 AO waren deshalb nicht erfüllt, weil der Umstand, dass der Verpächter eine Kürzung nach § 9 Nr. 4 GewStG (zu Recht oder zu Unrecht) unterließ, die Messbetragsfestsetzung gegen den Kläger, bei dem eine Hinzurechnung gem. § 8 Nr. 7 GewStG vorgenommen worden war, nicht i.S.v. § 174 Abs. 1 Satz 1 AO fehlerhaft machte.
Die Korrespondenz der §§ 8 Nr. 7 und 9 Nr. 4 GewStG ist vom Gesetzgeber – wie sich schon aus dem eindeutigen Wortlaut dieser Vorschriften ergibt – so ausgestaltet worden, dass die Sachbehandlung beim Mieter oder Pächter (Hinzurechnung oder Nichthinzurechnung nach § 8 Nr. 7 GewStG) präjudiziell für die GewSt-Messbetragsfestsetzung gegen den Vermieter oder Verpächter (Kürzung oder Nichtkürzung nach § 9 Nr. 4 GewStG) ist. Dies schließt (schon logisch) eine umgekehrte Vorgreiflichkeit der Sachbehandlung beim Vermieter oder Verpächter für die GewSt-Messbetragsfestsetzung beim Mieter oder Pächter aus.
Fallen danach "die Würfel" für die Sachbehandlung beim Vermieter oder Verpächter im Rahmen der GewSt-Messbetragsfest-setzung gegen den Mieter oder Pächter, so muss m.E. – was bisher in der Rechtsprechung so nicht gesehen wurde – der Vermieter oder Verpächter im GewSt-Messbetragsverfahren des Mieters oder Pächters hinzugezogen bzw. beigeladen werden.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 7.7.2004, X R 26/01