Dr. Birger Brandt, Prof. Jürgen Brandt
Leitsatz
Die für die Annahme einer Betriebsaufspaltung erforderliche personelle Verflechtung wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Mehrheitsgesellschafter einer Betriebsgesellschaft mbH und Alleineigentümer des Betriebsgrundstücks dieses einer zwischengeschalteten GmbH zur Weitervermietung an die Betriebsgesellschaft überlässt.
Normenkette
§ 2 Abs. 1 GewStG , § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG , § 42 AO
Sachverhalt
Der Vater der Klägerin war Eigentümer eines bebauten und zu betrieblichen Zwecken genutzten Grundstücks, das er zum Zweck der Weitervermietung an die E-GmbH vermietete. Deren Alleingesellschafter war die Schwester des Vaters. Die GmbH hatte keine Geschäftsräume oder Personal und entfaltete keine weiteren Aktivitäten außer der Weitervermietung des Grundstücks an die A-GmbH, an der der Vater der Klägerin zu 98 % beteiligt war.
Das FA erkannte das Zwischenmietverhältnis wegen Gestaltungsmissbrauchs nicht an. Das FG gab der daraufhin erhobenen Klage statt.
Entscheidung
Nach Auffassung des BFH liegen die Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung und damit eine Gewerblichkeit der Vermietung vor.
1. Insbesondere sei eine personelle Verflechtung zwischen Besitz- und Betriebsunternehmen zu bejahen. Nach der Interessenlage der Beteiligten sei nur eine Weitervermietung an die A-GmbH in Betracht gekommen und beabsichtigt gewesen. Die hierdurch vermittelten Einwirkungsbefugnisse des Vaters der Klägerin auf die Nutzung des Betriebsgrundstücks begründeten die personelle Verflechtung im Sinn der Rechtsprechungsgrundsätze zur Betriebsaufspaltung.
2. Auch ein Treugeber könne Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielen, wenn für ihn ein Treuhänder im eigenen Namen auftritt und der Treugeber die Leistungsbeziehungen beherrscht sowie die Möglichkeit hat, Wirtschaftsgüter und Nutzungsmöglichkeiten am Markt zu verwerten.
Das betriebliche Interesse des Vaters an der Nutzung des Grundstücks sei auch ohne eine ausdrückliche "Treuhandbindung des Endmietvertrages" gesichert. Denn er habe "einer bestimmten Untervermietung widersprechen oder die Zustimmung widerrufen können, wenn gegen den Untermieter ein wichtiger Grund vorgelegen hätte."
Hinweis
Die Frage, ob die Zwischenvermietung ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts ist, stellt sich im Streitfall nur, wenn die Gewerblichkeit der Vermietungstätigkeit nicht schon nach den Grundsätzen der Betriebsaufspaltung anzunehmen ist. Nach dem Beschluss des Großen Senats vom 8.11.1971 (GrS 2/71, BStBl II 1972, 63) setzt die für die Annahme einer Betriebsaufspaltung neben der sachlichen Verflechtung erforderliche personelle Verflechtung voraus, dass eine Person oder mehrere Personen zusammen als Personengruppe sowohl das Besitz- als auch das Betriebsunternehmen in der Weise beherrschen, dass sie in der Lage sind, in beiden Unternehmen einen einheitlichen Geschäfts- und Betätigungswillen durchzusetzen.
Entscheidend ist, ob die hinter den beiden Unternehmen stehenden Personen "einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen" haben. Der Beherrschungswille muss sich insbesondere auf das Nutzungsverhältnis hinsichtlich der wesentlichen Betriebsgrundlage beziehen. Dieses soll nicht gegen den Willen der Person oder der Personengruppe, die das Besitzunternehmen beherrscht, aufgelöst werden können.
Die Auslegung des Begriffs "Beherrschung" darf sich nach Auffassung des BFH nicht ausschließlich an zivilrechtlichen Gegebenheiten orientieren. So setzt die Fähigkeit der das Besitzunternehmen beherrschenden Personen, ihren geschäftlichen Betätigungswillen in der Betriebsgesellschaft durchzusetzen, nicht notwendig einen bestimmten Anteilsbesitz an der Betriebsgesellschaft voraus. Sie kann aufgrund einer durch die Besonderheiten des Einzelfalls bedingten tatsächlichen Machtstellung in der Betriebsgesellschaft gegeben sein.
Den für die Betriebsaufspaltung maßgeblichen Einfluss auf das Betriebsunternehmen kann auch eine mittelbare Beteiligung gewähren, insbesondere wenn die Personen, die die Geschicke des verpachtenden Besitzunternehmens bestimmen, in der Lage sind, über eine zwischengeschaltete rechtsfähige Körperschaft bei dem Betriebsunternehmen ihren Willen hinsichtlich aller wesentlichen unternehmerischen Entscheidungen durchzusetzen.
Dieselben Grundsätze gelten nach Auffassung des BFH auch, wenn sich die Herrschaft über das Besitzunternehmen – mittelbar – über einen Zwischenvermieter auswirkt, der wie im Streitfall verpflichtet ist, seinerseits die wesentliche Betriebsgrundlage an das Betriebsunternehmen weiterzuvermieten. Der vor allem an den wirtschaftlichen Gegebenheiten orientierte Begriff des "Beherrschens" deckt auch den Fall ab, dass der Besitzunternehmer – wie im Streitfall – durch einen Vertrag mit dem Zwischenmieter dafür Sorge trägt, dass dem Betriebsunternehmen eine wesentliche Betriebsgrundlage zur Nutzung überlassen wird.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 28.11.2001, X R 50/97