Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Grunderwerbsteuerbefreiung für Bestellung eines Erbbaurechts gegen 1 DM Erbbauzins unter Verpflichtung zur Fortführung eines Altersheims. Grunderwerbsteuer
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Bestellung eines Erbbaurechts gegen einen symbolischen Erbbauzins von jährlich 1 DM durch eine Kommune, verbunden mit der Verpflichtung des Erbbauberechtigten, das auf dem Erbbaurechtsgrundstück befindliche Senioren- und Pflegeheim und die bestehenden Arbeitsverhältnisse fortzuführen sowie altersgemäße Freizeitflächen zu errichten, erfolgt nicht unentgeltlich und ist daher nicht nach § 3 Nr. 2 GrEStG als Grundstücksschenkung von der Grunderwerbsteuer befreit.
2. Die Steuer ist in diesem Fall gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 GrEStG nach dem Grundbesitzwert zu bemessen.
Normenkette
GrEStG § 3 Nr. 2, § 2 Abs. 2 Nr. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1; ErbStG § 7 Abs. 1 Nr. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Umstritten ist, ob die Bestellung eines Erbbaurechts mit einem symbolischen Erbbauzins von 1 DM und der Verpflichtung, das Erbbaugrundstück ausschließlich als Senioren- und Pflegeheim zu betreiben, nach § 3 Nr. 2 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) als Grundstücksschenkung von der Grunderwerbsteuer befreit ist.
Die Stadt A ist Eigentümerin eines 9.349 qm großen Grundstücks in A, auf dem das Seniorenund Pflegeheim „XX” betrieben wird. Der Rat der Stadt A beschloss am 18. Dezember 1991 die Übertragung der vier kommunalen Senioren- und Pflegeheime (Gebäude und Grundstücke) an freie Träger, an den Kläger unter anderem im Rahmen eines Erbbaurechtsvertrages (im Einzelnen Blatt 6 der Gerichtsakte). Am 1. Januar 1992 wurde das Senioren- und Pflegeheim dem Kläger übergeben (Blatt 9 der Gerichtsakte).
Durch notariellen Vertrag vom 30. April 1997 (Urkundenrolle Nr. … der Notarin B in A) bestellte die Stadt A dem Kläger an einer noch zu vermessenden Teilfläche von 8.089 qm ein Erbbaurecht für die Dauer von 66 Jahren. Das Recht umfasste die bereits bestehenden Gebäude, Nebenanlagen und baulichen Anlagen. Der jährliche Erbbauzins betrug nach § 4 des Vertrages 1 DM (im Einzelnen Blätter 1 ff der Grunderwerbsteuerakte).
In § 6 Abs. 1 des Vertragstextes (Art und Nutzung) hielten die Vertragsbeteiligten unter anderem wörtlich Folgendes fest:
„Der Erbbauberechtigte [Kläger] ist verpflichtet, das Erbbaugrundstück ausschließlich als Seniorenund Pflegeheim zum Zweck der Betreuung älterer sowie behinderter Bürger zu betreiben sowie altersgemäße Freizeitflächen zu errichten. Der Erbbauberechtigte verpflichtetet sich, die vom Amt für Soziales und Familie, Versorgungsamt, Abt. Heimgesetz, genehmigte Bettenzahl und die sich aus den Personalbemessungszahlen des Landes Thüringen ergebenden Arbeitsplätze zu sichern.
Die Gebäude und das Grundstück dürfen nur zu diesem Zweck genutzt werden. Der Erbbaurechtsvertrag erfolgt im Hinblick auf die Gemeinnützigkeit des Erbbauberechtigten und der Zweckbindung unentgeltlich.
Weicht der Erbbauberechtigte von der Zweckbindung ab, hat der Grundstückseigentümer das Recht, unverzüglich die Rückübertragung des Anwesens zu verlangen. Im Falle der Nichteinhaltung der sozialen Bindung ist der Erbbauberechtigte ebenfalls zur Rückübertragung an den Eigentümer verpflichtet.
Der Erbbauberechtigte verpflichtet sich zur Fortführung aller Arbeitsverhältnisse nach § 613a des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Im Übrigen erfolgt die Bestellung des Erbbaurechts auf der Grundlage des Beschlusses des Rates der Stadt A vom 18. Dezember 1991.”
Den Verkehrswert des Grundstücks bewerteten die Vertragsbeteiligten mit 9.500.000 DM.
Der Bausachverständige des Beklagten schätzte den Wert des Erbbaurechts auf 7.090.765 DM (Blatt 46 der Steuerakte). Mit Bescheid vom 21. Juli 1999 setzte der Beklagte 3,5 v. H. dieses Betrages (248.176 DM) als Grunderwerbsteuer fest. Der Kläger legte Einspruch ein und machte unter anderem geltend, dass der Vorgang als freigebige Zuwendung im Sinne von § 7 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) gemäß § 3 Nr. 2 GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit sei. Es seien keine weiteren Verbindlichkeiten übernommen worden. Der Grund für den geringen Zins sei darin zu sehen, dass er, der Kläger, finanziell nicht in der Lage gewesen sei einen höheren Zins zu zahlen.
Während des Einspruchsverfahrens forderte der Beklagte vom Kläger eine Erklärung zur Feststellung des Grundstückswertes an. Darin erklärte der Kläger für die Gebäude eine durchschnittliche Jahresmiete von 128.195,79 DM, die er an Hand des für Thüringen gültigen Heimkostensatzes ermittelt hatte (im Einzelnen Blatt 5 der Grundbesitzwertakte). Der Beklagte folgte dem jedoch nicht. Er stellte mit Bescheid vom 19. September 2001 über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwerts für Zwecke der Grunderwerbsteuer den Grundbesitzwert auf den 30. April 1997 mit 3.766.000 DM fest und setzt...