Dipl.-Finanzwirt Karl-Heinz Günther
Leitsatz
Der kommerzialisierbare Teil des Namensrechts einer Influencerin kann erst dann entstehen, wenn sie ihre gewerbliche Tätigkeit aufnimmt und z. B. Lizenzverträge abschließt. Im Privatvermögen vor der Betriebseröffnung stellt das bloße Influencerprofil zusammen mit den Followern (ohne Lizenzverträge oder Ähnlichem noch kein (selbstständiges) Wirtschaftsgut im steuerlichen Sinne dar.
Sachverhalt
Die Steuerpflichtige erzielte im Streitjahr 2019 als Influencerin Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Ihre Tätigkeit hatte sie im Jahr 2018 in geringerem Umfang aufgenommen. Sie trug vor, ihre Betriebseinnahmen würden zum größten Teil aus ihrem Bekanntheitsgrad resultieren, welcher unweigerlich mit ihrem Namen in Verbindung stehe. Folglich stelle der kommerzialisierbare Teil des Namensrechts notwendiges Betriebsvermögen dar, welcher im Zeitpunkt der Betriebseröffnung bewertet und eingelegt werden müsse. Der Gewinn aus Gewerbebetrieb sei daher um die Abschreibung des kommerzialisierbaren Teils des Namensrechts zu mindern.
Das Finanzamt vertrat hingegen die Auffassung, ein Wirtschaftsgut entstehe frühestens zu dem Zeitpunkt, in dem das Namensrecht tatsächlich kommerziell verwertet werde, also erst mit Abschluss eines entsprechenden (Lizenz-)Vertrags. Erst zu diesem Zeitpunkt könne der am Markt bestätigte kommerzialisierbare bzw. kommerzialisierte Teil des Namensrechts als Wirtschaftsgut ggf. auch Gegenstand einer Einlage sein. Entsprechend ließ es die beantragte Einlage und Abschreibung auf einen kommerzialisierbaren Anteil am Namensrecht unberücksichtigt.
Entscheidung
Das FG bestätigt die vom Finanzamt vertretene Rechtsauffassung und wies die eingelegte Klage ab.
Nach der Rechtsprechung des BFH ist der kommerzialisierbare Teil des Namensrechts einer natürlichen Person ertragsteuerlich ein Wirtschaftsgut und kein bloßes Nutzungsrecht, sodass vom Einlagewert Abschreibungen vorgenommen werden können (BFH, Urteil v. 12.6.2019, X R 20/17, BStBl 2020 II S. 3). Das FG kam jedoch zu dem Ergebnis, dass die vorgenannte BFH-Entscheidung auf den Streitfall nicht übertragbar war, da anders als im vom BFH entschiedenen Fall im Privatvermögen der Steuerpflichtigen noch kein Wirtschaftsgut entstanden war. Ein solches konnte erst mit dem Abschluss entsprechender (Lizenz-)Verträge und damit im Rahmen ihrer gewerblichen Tätigkeit entstehen.
Da bei der Steuerpflichtigen ein entsprechendes Wirtschaftsgut frühestens im Rahmen ihrer gewerblichen Tätigkeit entstehen konnte, stand einer Einlage § 5 Abs. 2 EStG entgegen. Denn für einen fremden Dritten wäre das bloße Influencerprofil der Steuerpflichtigen jedenfalls vor Aufnahme der gewerblichen Tätigkeit und dem Abschluss entsprechender Verträge wertlos, da für die Follower die Person der Steuerpflichtigen maßgeblich ist, d. h. ohne Beiträge der Steuerpflichtigen würden diese sich unverzüglich verflüchtigen und zu anderen Kanälen abwandern. Das bloße Influencerprofil zusammen mit den Followern (ohne Lizenzverträge oder Ähnlichem) stellt nach Auffassung des FG noch kein (selbstständiges) Wirtschaftsgut im steuerlichen Sinne dar.
Hinweis
Das FG hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Soweit ersichtlich liegt bislang keine höchstrichterliche Rechtsprechung im Hinblick auf die Anwendbarkeit der oben genannten BFH-Entscheidung für die Berufsgruppe der Influencer vor.
Link zur Entscheidung
FG Baden-Württemberg, Urteil v. 13.10.2023, 5 K 2508/22