OFD Münster, Verfügung v. 4.4.2011, Kurzinformation Körperschaftsteuer Nr. 10/2008
Bezug: BMF-Schreiben vom 30.9.2008, IV C 7 – S 2750-a/07/10001
Das BMF-Schreiben regelt differenziert die Behandlung von Dividenden aus EU-Staaten und den EWR Staaten Island und Norwegen in den Veranlagungszeiträumen 1993 bis 2003 (Tz. 6 des BMF-Schreibens unterscheidet zwischen EU-Mitgliedstaaten und den EWR-Vertragsstaaten Island und Norwegen einerseits und Drittstaaten einschließlich dem EWR-Vertragsstaat Liechtenstein andererseits). Aufgrund der Rechtsprechung des EuGH können hier die gesetzlichen Abzugsbeschränkungen nach § 3c Abs. 1 EStG sowie § 8b Abs. 5 bzw. 7 KStG weitestgehend nicht mehr angewendet werden.
Zu ggf. auftretenden Fragen bei der Bearbeitung einschlägiger Fälle wird auf Folgendes hingewiesen:
1. Anwendung auf Drittstaaten und dem EWR-Staat Liechtenstein:
a) Dividenden aus Beteiligungen in Drittstaaten und dem EWR-Staat Liechtenstein:
Das BMF-Schreiben äußert sich zu den in den VZ 1993 bis 2003 bestehenden Abzugsbeschränkungen im Zusammenhang mit Dividenden von in Drittstaaten und im EWR-Staat Liechtenstein ansässigen Kapitalgesellschaften nur in der Anlage. Danach sind wie bisher die jeweiligen Abzugsbeschränkungen (§ 3c Abs. 1 EStG sowie § 8b Abs. 7 bzw. 5 KStG) in diesen Fällen uneingeschränkt anwendbar.
Der BFH hat mit Urteil vom 26.11.2008, I R 7/08 zur Rechtsfrage, ob die Regelung in § 8b Abs. 5 KStG 2002 bei Mehrheitsbeteiligungen an Gesellschaften aus Nicht-EU-Staaten anzuwenden ist, entschieden, dass die Vorschrift sowohl gegen die gemeinschaftsrechtliche Grundfreiheit der freien Wahl der Niederlassung nach Art. 43 und 48 EG als auch gegen die Grundfreiheit des freien Kapitalverkehrs nach Art. 56 und 58 EG verstoße und deswegen auch gegenüber sog. Drittstaaten unanwendbar sei. Da der BFH von einer Vorlage an den EuGH abgesehen hat, ist gegen das Urteil Verfassungsbeschwerde eingelegt worden (Az. 2 BvR 862/09). Einsprüche, die sich gegen die Anwendung der o. a. Abzugsbeschränkungen bei Dividenden aus Drittstaaten und dem EWR-Staat Liechtenstein richten, sind daher gemäß § 363 Abs. 2 Satz 2 AO unter Hinweis auf die beim BVerfG eingelegte Verfassungsbeschwerde ruhend zu stellen. Anträgen auf Aussetzung der Vollziehung kann entsprochen werden.
b) Zuordnung zu EU-Staat oder EWR-Staaten Island oder Norwegen bzw. Drittstaat oder EWR-Staat Liechtenstein:
Maßgeblich für die Entscheidung, ob die Beteiligung einem EU-Staat oder EWR-Staaten Island oder Norwegen einerseits bzw. einem Drittstaat oder Liechtenstein andererseits zuzuordnen ist, ist der Zeitpunkt, in dem die inländische Gesellschaft den Anspruch erfolgswirksam zu erfassen hat.
2. Allgemeines pauschaliertes Betriebsausgabenabzugsverbot ab VZ 2004:
Mit Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 12.10.2010, 1 BvL 12/07 wurde das pauschale Betriebsausgabenabzugsverbot des § 8b Abs. 3 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 KStG als mit dem Grundgesetz vereinbar erklärt.
Die bislang ruhenden Einspruchsverfahren sind nach den Grundsätzen der bisherigen und nunmehr vom Bundesverfassungsgericht bestätigten Verwaltungsauffassung zu entscheiden. Die Voraussetzungen für eine Verfahrensruhe gem. § 363 Abs. 2 Satz 2 AO liegen nicht mehr vor. Weitere Finanzgerichtsverfahren sollten auch nicht zum Anlass genommen werden, die Einspruchsverfahren nunmehr nach § 363 Abs. 2 Satz 1 AO mit Zustimmung des Einspruchsführers ruhen zu lassen.
Diese Kurzinformation ersetzt die bei der OFD Rheinland zu diesem Thema ergangene Kurzinformation Nr. 05/2007 vom 15.1.2007.
Normenkette
KStG § 8b