Der nächste und ein zentraler Schritt bei der Lieferantenauswahl ist, Kriterien für die Beurteilung der Lieferanten zu finden. Das ist natürlich immer vom Unternehmen bzw. vom Produkt abhängig.
Ein Pharmaunternehmen wird sicherlich für wichtige Rohstoffe eines Medikamentes das Kriterium Beschaffungssicherheit aufnehmen. Für ein Lebensmittelunternehmen, das seine Rohstoffe, wie beispielsweise Eier, an jeder Ecke einkaufen kann, wird dieses Kriterium keine Rolle spielen. In den folgenden Unterpunkten haben wir mögliche Kriterien näher betrachtet.
2.1 Materialeignung und Qualität
Klar ist, dass ein Lieferant das geeignete Material liefern können muss. Dieses Kriterium kann aber noch differenziert werden: Ist der Lieferant zertifiziert, sind seine Qualitätsstandards also geprüft? Ist der Qualitätsstandard auch über einen längeren Zeitraum gleich bleibend und gab es in der Vergangenheit Anlass zu Reklamationen?
2.2 Angebotspreis
Natürlich wird der Preis berücksichtigt. Was sich so klar anhört, ist in der Praxis manchmal eine schwierige Angelegenheit. Die Preislisten der Anbieter werden heutzutage immer undurchsichtiger: Da gibt es zunächst Rabatte, eventuell am Ende des Jahres einen Bonus. Vor Ort bei Verhandlungen mit Verkäufern sieht man immer wieder, dass doch noch etwas Spielraum bei der Preisgestaltung möglich ist. Eine Standardpreisliste ist heutzutage fast nur noch eine grobe Orientierung, der Teufel steckt im Detail.
2.3 Image
Manche Unternehmen müssen unbedingt auf den Namen eines Anbieters achten. So kaufte ein Fahrradhersteller trotz gleicher Qualität nicht die No-Name-Kettenschaltung, sondern aus Marketinggründen musste es die Schaltung eines bekannten japanischen Herstellers für Fahrradschaltungen sein.
2.4 Einkaufskonditionen
Neben dem Preis sind es noch zusätzlich eine Reihe von Einkaufskonditionen, die entscheidend mitwirken können:
- Rahmen- oder Abrufaufträge: Diese können mit einem zusätzlichen Preisnachlass belohnt werden.
- Lieferort: Wichtig ist dabei die Frage: "Bis wohin zahlt der Lieferant die Frachtkosten?"
- Lieferfristen: Können Ihre Lagerkosten minimiert werden, da der Lieferant flexibel liefern kann?
- Transport- und Frachtkosten: Das ist ein wichtiger Kostenfaktor, man denke z. B. an Luftfracht. Einkaufspreise sind immer im Zusammenhang mit den Frachtkosten zu beurteilen. Wer übernimmt die Frachtkosten? Sie sollten bei Verhandlungen immer versuchen, die Frachtkosten auf den Lieferanten abzuwälzen.
- Transport- und Versandart: Hat der Lieferant von sich aus die billigste Transportart gewählt. Wenn nein, warum nicht?
- Verpackungskosten: Ebenfalls immer Verhandlungssache. Oft stellt sich die Frage, warum die Ware eigentlich so teuer verpackt sein muss.
- Gefahrenübergang: Wer haftet wann für den so genannten Untergang der Ware?
- Fristen für Beanstandungen und Mängelrügen: Darauf achten, dass auch später entdeckte Mängel, die eventuell erst im Produktionsprozess auftreten, noch beanstandet werden können.
- Gewährleistung: Eigentlich sollte die Gewährleistung selbstverständlich sein. Vorsicht, wenn bestimmte Gewährleistungen ausgeschlossen werden.
- Rabatte: Dass hier verhandelt wird, ist natürlich selbstverständlich.
- Erfüllungsort, Gerichtsstand: Der Gerichtsstand kann bei sensiblen Geschäften wichtig sein. Wer will schon bei Streitigkeiten zeitaufwändig reisen.
Auch die Zahlungsbedingungen sind festzulegen und können je nach Anbieter variieren:
- Zahlungsziel: Es ist im Endeffekt schon ein gewaltiger Unterschied, der auch finanziell zu Buche schlägt, ob man in 20 oder erst in 90 Tagen eine größere Summe zahlen muss.
- Skonti: Skonti sind der billigste Kredit. Wenn möglich immer nutzen. Allerdings gilt es dabei abzuwägen, ob nicht das verlängerte Zahlungsziel die günstigere Alternative ist.
- Folgen des Zahlungsverzugs (wie Höhe der Mahngebühren): Aufpassen, wenn hier horrende Summen gefordert werden. Zwar hofft man, es trifft nie ein, aber wehe, wenn ein eigener Kunde nicht zahlt und eine hohe Verbindlichkeit in Verzug ist.
2.5 Zuverlässigkeit und Beschaffungssicherheit
Wie zuverlässig ist der Lieferant? Gute Preise sind schön und gut, aber wenn Sie auf einmal ohne Material dastehen, geht dies zu Lasten des Umsatzes bzw. Ihrer eigenen Lieferzuverlässigkeit.
2.6 Kundendienst, Wartung
Es kommt immer darauf an, wie notwendig ein Kundendienst ist. Ein Krankenhaus wird für wichtige medizinische Geräte diesem Punkt eine hohe Priorität einräumen. Ebenso ein Unternehmen, das in hohem Maß von Maschinen oder der EDV-Ausstattung abhängig ist.
2.7 Beschaffungsnähe
Die Beschaffungsnähe kann zum wichtigen Kriterium werden, wenn es schnell gehen muss. Sie kann aber auch ein Wettbewerbsvorteil sein ("unsere Produkte benötigen keine langen Transportwege und sind damit umweltfreundlicher").
2.8 Wirtschaftliche Situation des Lieferanten
Dies ist manchmal ein nicht zu unterschätzendes Kriterium. Wenn Sie sich zum Beispiel lange binden möchten (weil dies die Einkaufspreise drückt), sollten Sie darauf achten, dass der Lieferant nicht überraschend wegen Insolvenz ausfallen könnte. Dies gilt insbesondere für schwer zu beschaffende Produkte.
2.9 Vertragsabwicklung
Wenn Sie schon einmal Geschäfte mit Ländern gemacht haben, die eine immense staatliche Bürokratie haben, werden Sie diesem ...