Prof. Dr. Bernd Heuermann
Leitsatz
Baukostenzuschüsse aufgrund von Art. 52 PflegeVG mindern die Anschaffungs- oder Herstellungskosten.
Normenkette
§ 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG, § 255 Abs. 2 HGB, Art. 52 PflegeVG, § 82 Abs. 3. SGB XI
Sachverhalt
Eine GbR erhielt für die Herstellung eines Altenpflegeheims Zuschüsse. Sie musste dafür auf 30 Jahre ein Altenpflegeheim betreiben (und darin Betreutes Wohnen im Heim). Die GbR wurde verpflichtet, alte, kranke und behinderte Menschen mit einem besonderen Pflege- und Betreuungsbedarf auf Anforderung des zuständigen örtlichen Trägers der Sozialhilfe aufzunehmen.
Das FA sah in diesen Zuschüssen Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung und verteilte sie nach Abschn. 163 Abs. 2 S. 2 EStR i.d.F. 1996 auf zehn Jahre. Die Klage hatte zum Teil Erfolg. Das FG sah in Bezug auf das Altenpflegeheim eine Minderung der Anschaffungs- und Herstellungskosten, nicht aber in Bezug auf das Betreute Wohnen im Heim. Hier wies es die Klage ab, weil es der Auffassung war, es lägen insoweit Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung vor (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 16.01.2008, 11 K 2278/03, Haufe-Index 1988788, EFG 2008, 1614).
Entscheidung
Dem folgte der BFH nur zum Teil. Er gab der Klage in vollem Umfang statt. Rechtsgrundlage für die Zuschüsse ist sowohl für das Altenpflegeheim wie auch für das Betreute Wohnen im Heim gleichermaßen Art. 52 PflegeVG. Auch der gesetzliche Zweck, wie er oben in den Praxishinweisen ausgeführt wurde, verbietet eine Differenzierung. In beiden Fällen will das Gesetz die Investitionskosten vermindern – und das Steuerrecht mindert entsprechend die Anschaffungs- und Herstellungskosten.
Hinweis
Die Rechtsgrundlage für die Zuschüsse ist Art. 52 PflegeVG. Das PflegeVG ist ein Artikelgesetz, mit dem die Pflegeversicherung und das SGB XI (dort ist die Pflegeversicherung geregelt) eingeführt wurden. Um Pflegeeinrichtungen in den neuen Ländern auf "Westniveau" zu bringen, werden Finanzhilfen geleistet, und zwar nach Art. 52 PflegeVG zur zügigen und nachhaltigen Verbesserung der Qualität der ambulanten, teilstationären und stationären Versorgung der Bevölkerung. Finanzhilfen dürfen nur dazu verwendet werden, die für den Betrieb von Pflegeeinrichtungen notwendigen Gebäude und sonstigen abschreibungsfähigen Anlagegüter instand zu halten oder instand zu setzen sowie die Erstausstattung mit den betriebsnotwendigen Wirtschaftsgütern zu finanzieren.
1. Nehmen wir an, der Träger eines Altenpflegeheims erhält solche Zuschüsse, um damit Pflegeeinrichtungen zu schaffen und zu betreiben. Wo ist steuerlich das Problem? Nun, es liegt in der Fragestellung, ob die erhaltenen Zuschüsse sofort als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung zu versteuern sind oder ob sie zeitlich gestreckt auf die Zeit der Nutzungsdauer durch Verrechnung mit den Anschaffungs- und Herstellungskosten zu einer Minderung der Ausgaben (AfA) führen.
2. Nach § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG sind auch Leistungen eines Dritten (hier des finanzierenden Lands) Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung, wenn sie das Überlassen des Gebrauchs oder die Nutzung des Grundstücks entgelten sollen. So können z.B. eine Mietpreisbindung oder ein Belegungsrecht mit der Gebrauchsüberlassung zusammenhängen. In dieser Weise hatte hier das FA argumentiert: Durch die Zuschüsse vermindern sich nämlich die Pflegekosten (ähnlich einer Mietpreisbindung). Außerdem bestand hier ein Belegungsrecht zugunsten von bedürftigen Menschen. Also Einnahmen, die nach einer Verwaltungsvorschrift auf zehn Jahre verteilt werden (statt sie auf 30 Jahre zu verteilen)?
3. Indessen sah der BFH im Belegungsrecht lediglich eine Ausprägung des Gesetzeszwecks und keine Gegenleistung. Er beurteilte wie die Vorinstanz die Zuschüsse als Minderungen der Anschaffungs- und Herstellungskosten (Auswirkung also pro rata temporis).
4. Das Belegungsrecht war im Streitfall im Zuwendungsbescheid geregelt und ergibt sich nunmehr aus den Landespflegegesetzen. Was hat es damit auf sich? Das Belegungsrecht soll vorrangig sozial schwachen Landesbürgern zugute kommen. Dahinter steht der Zweck, Sozialhilfeleistungen zu vermindern. Denn der Sozialhilfeträger wäre ohne die Zuschüsse auch mit den Investivkosten belastet (denn die Pflegesätze wären ja höher). Nach § 82 Abs. 3 SGB XI können nur die nicht durch öffentliche Förderung abgedeckten Investitionskosten auf die Heimbewohner umgelegt werden.
Die Regelung vermeidet eine doppelte Begünstigung des Berechtigten (die einträte, wenn der Betreiber des Altenheims Zuschüsse kassiert, andererseits aber alle Investivkosten auf die Heimbewohner umlegt) und soll auch dazu dienen, Sozialhilfeabhängigkeit zu vermeiden: Über geringere Pflegesätze soll ein höherer Anteil von Pflegebedürftigen in die Lage versetzt werden, die Aufwendungen aus ihren Alterseinkünften zu finanzieren.
Man sieht also sofort: Die Zuschüsse dienen nicht dazu, die Nutzungsüberlassung des Altenheims an bedürftige Menschen zu entgelten, sondern gehen darüber hinaus. Sie ermöglichen die Nutzung auch für diejenigen, ...