Rz. 4
Nach § 315f Abs. 2 Satz 1 HGB-E haben die in Abs. 1 benannten Personen in einer schriftlichen Erklärung nach bestem Wissen zu versichern, dass im Konzernlagebericht der Geschäftsverlauf einschl. des Geschäftsergebnisses und die Lage des Konzerns so dargestellt sind, dass ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild vermittelt wird, und die wesentlichen Chancen und Risiken i. S. d. § 315 Abs. 1 Satz 4 HGB beschrieben sind.
Die Formulierung "in einer schriftlichen Erklärung" ist hierbei analog zum Konzernbilanzeid auszulegen, dass es sich bei dem Konzernlageberichtseid um eine eigenständige Erklärung handelt, die sich zwar auf den Inhalt des Konzernlageberichts bezieht, aber nicht gesetzlicher Teil des Konzernlageberichts ist. Der Konzernlageberichtseid kann daher auch nicht in diesen aufgenommen werden. Das Schriftlichkeitserfordernis ist auch hier bereits erfüllt, wenn der Konzernbilanzeid in elektronischer Form nach den §§ 126 Abs. 3, 126a BGB veröffentlicht wird.
Nach § 315f Abs. 2 Satz 1 HGB-E haben die in Abs. 1 benannten Personen zum einen die Einhaltung der für den Konzernlagebericht geltenden Vorschriften zu versichern. Diese Versicherungspflicht gilt auch für MU, die ihren Konzernabschluss nach den internationalen Rechnungslegungsstandards gem. § 315g Abs. 1 HGB-E erstellen. Dem Wortlaut der Norm zufolge sind die gesetzlichen Vertreter verpflichtet, ihre Versicherung "nach bestem Wissen" abzugeben. Diese Formulierung ist dahingehend auszulegen, dass eine Erklärung nur dann als unrichtig gilt, wenn sie wissentlich falsch abgegeben wurde oder wenn die gesetzlichen Vertreter aufgrund der ihnen vorliegenden Informationen von der Unrichtigkeit hätten wissen können. Dieses Verständnis impliziert, dass die Erklärung nur bei Vorliegen von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit als unzutreffend betrachtet wird.
Der Wortlaut des § 315f Abs. 2 Satz 1 HGB-E ist nahezu identisch mit dem Wortlaut des bisherigen § 315 Abs. 1 Satz 5 HGB. Lediglich die Normverweise wurden aktualisiert. Aus diesem Grund kann an dieser Stelle auf die § 315 Rz 64 ff. verwiesen werden.
Rz. 5
Eine Neuerung stellt hingegen der § 315f Abs. 2 Satz 2 HGB-E dar. Ist der Konzernlagebericht gem. § 315b HGB-E um einen Konzernnachhaltigkeitsbericht zu erweitern, haben die in Abs. 1 benannten gesetzlichen Vertreter des MU im Konzernlageberichtseid zum anderen nach bestem Wissen auch zu versichern, dass der Konzernnachhaltigkeitsbericht wie folgt aufgestellt wurde:
- nach Maßgabe der nach Art. 29b RL 2013/34/EU angenommenen delegierten Rechtsakte zu Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung. D. h., die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) wurden eingehalten (§ 315c Rz 10 ff).
- nach Maßgabe der Art. 2 bis 8 der Delegierten Verordnung (EU) 2021/2178 in ihrer jeweils geltenden Fassung, die die technischen Regulierungsstandards zur Offenlegung bestimmter Informationen gem. der Taxonomie-Verordnung enthält (§ 289c Rz 9 ff.).
Diese Erweiterung stellt sicher, dass die Unternehmensleitung auch für die Einhaltung der ESRS und der Anforderungen der EU-Taxonomie-VO Verantwortung übernimmt.
Allerdings hat die Unternehmensleitung auch nach § 315f Abs. 2 Satz 2 HGB-E zu erklären, "nach bestem Wissen" gehandelt zu haben. Eine Erklärung ist daher auch in diesem Falle nur dann als unrichtig anzusehen, wenn die Unternehmensleitung vorsätzlich eine falsche Erklärung abgegeben hat oder wenn die Unternehmensleitung aufgrund der ihr vorliegenden Informationen von der Unrichtigkeit hätte wissen können und ihr Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit unterstellt wird. Gerade vor dem Hintergrund, dass ein Teil der Unt, die künftig einen Nachhaltigkeitsbericht i. S. d. CSRD erstellen müssen, und gleichzeitig in den Anwenderkreis dieser Norm fallen, zuvor keinen nichtfinanziellen (Konzern-)Bericht erstellen mussten und somit zum einen Erfahrungen in der gesetzeskonformen Erstellung sammeln müssen. Da zum anderen die Erstellung des (Konzern-)Nachhaltigkeitsbericht aufgrund des Detaillierungsgrads und Komplexität der Vorgaben der ESRS sowie der EU-Taxonomie-Verordnung für alle Unt eine größere Herausforderung darstellen kann, kommt dieser Regelung eine wichtige Bedeutung zu, da gerade in der Anfangszeit unrichtige Nachhaltigkeitsberichte aufgrund von fehlender Erfahrung, Fachwissen und Verständnis der Thematik durchaus häufiger vorkommen könnten.