Prof. Dr. rer. pol. Karsten Paetzmann, Sean Needham
Rz. 39
Mitglieder eines vertretungsberechtigten Organs oder des Aufsichtsrats handeln gem. § 334 Abs. 1 Nr. 3 HGB ordnungswidrig, wenn sie bei der Aufstellung des Lageberichts einer Vorschrift des § 289f HGB zuwider handeln. Nach § 334 Abs. 3 HGB kann eine derartige Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße von bis zu 50.000 EUR geahndet werden. Dies betrifft sowohl die Nichtabgabe als auch die nicht vollständige oder fehlerhafte Erklärung:
- Die Nichtabgabe der Entsprechenserklärung, auch das Unterlassen einer Erneuerung der Erklärung nach spätestens zwölf Monaten, stellt eine so schwerwiegende Pflichtverletzung dar, dass eine Entlastung der Vorstands- und Aufsichtsrats-Mitglieder anfechtbar ist. Hinweise allein im Geschäftsbericht, dass keine Entsprechenserklärung oder keine Erklärung zur Unternehmensführung abgegeben wurde, reichen nicht.
- Bei fehlerhafter, in bedeutsamem Umfang falscher vergangenheitsbezogener Erklärung liegt eine schwerwiegende Pflichtverletzung vor, weshalb die Organe nicht entlastet werden dürfen und erteilte Entlastungen anfechtbar sind.
Rz. 40
Eine Nichtbeachtung der flexiblen Frauenquote stellt hingegen keine Verletzung der Berichtspflichten dar; sie ist rechtlich folgenlos. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass eine zu erwartende negative öffentliche Wirkung und Reaktion für den nötigen Druck sorgen, nicht zu niedrige oder Nullquoten festzulegen.
Rz. 41
Die Wahl von Anteilseignervertretern in den Aufsichtsrat unter Verstoß gegen die fixe Geschlechterquote von 30 % hat zur Folge, dass die Wahl von Anfang an nichtig ist, wobei dafür keine Nichtigkeitsklage erhoben oder die Nichtigkeit auf andere Weise festgestellt werden muss (§ 250 Abs. 1 Nr. 5 AktG). Grds. gilt, dass der unterbesetzte Aufsichtsrat beschlussfähig bleibt (§ 108 Abs. 2 S. 2 AktG). Der BGH hatte entschieden (Urteil v. 19.2.2013, ZR 56/12), dass Beschlüsse als nicht wirksam gefasst betrachtet werden, wenn der Beschluss gerade von der Stimme des Mitglieds abhängt, dessen Wahl nichtig ist. Nach der Begründung des Regierungsentwurfs zum Frauenfördergesetz finden die allgemeinen Regeln über die Wirksamkeit von Aufsichtsratsbeschlüssen im Falle der Wahlanfechtung Anwendung. Für die Nichtigkeitsfolge ist entscheidend, ob per Block- oder Einzelwahl abgestimmt worden ist.
Ggü. der Ges. (Innenhaftung) wie auch Aktionären, Investoren und Gläubigern (Außenhaftung) können Schadenersatzansprüche aus schuldhafter Verletzung von Sorgfaltspflichten von Vorstand (§ 93 AktG) und Aufsichtsrat (§ 116 AktG) entstehen. Die notwendige Kausalität zwischen Pflichtverletzung und entstandenem Schaden dürfte jedoch schwer nachzuweisen sein.