Leitsatz
Erhält ein vormals in Deutschland ansässiger Arbeitnehmer für die Auflösung seines Dienstverhältnisses eine Abfindung, die ihm erst nach seinem Wegzug nach Österreich ausgezahlt wird, so steht Österreich als Ansässigkeitsstaat nach Art. 15 Abs. 1 DBA Österreich das Besteuerungsrecht zu. Ein Besteuerungsrecht der BRD hätte sich nur dann ergeben, wenn die Vergütung für eine in der BRD konkret ausgeübte Tätigkeit entrichtet worden wäre.
Sachverhalt
Einem bei einer deutschen GmbH beschäftigten Arbeitnehmer wurde im Jahr 2005 gekündigt. Im Rahmen eines Aufhebungsvertrags erhielt er im Jahr 2006 eine Abfindung i.H.v. 1,45 Mio. EUR. Der Arbeitnehmer hat bereits im September 2005 seinen Wohnsitz nach Österreich verlegt. Aus diesem Grund hält er seine Einkünfte für nicht mehr in Deutschland steuerpflichtig. Das Finanzamt widerspricht dieser Auffassung und besteht auf einem Besteuerungsrecht Deutschlands.
Entscheidung
Die zulässige Klage ist begründet. Das Finanzamt darf die Abfindung somit nicht besteuern. Dem Kläger ist die Abfindung erst im Jahr 2006 zugeflossen. In diesem Jahr konnte die Abfindung daher nicht mehr der deutschen Einkommensteuer unterworfen werden, da nur noch eine beschränkte Steuerpflicht bestand. § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG umfasst zwar auch Abfindungen. Die Abfindung unterlag jedoch nicht der deutschen Besteuerung, da das DBA-Österreich gem. Art. 15 Abs. 1 Österreich als dem (damals neuen) Wohnsitzstaat des Klägers das ausschließliche Besteuerungsrecht zuweist, es sei denn, die Tätigkeit wurde in Deutschland konkret ausgeübt. In diesem Fall könnten die Vergütungen auch in Deutschland besteuert werden. Dies ist jedoch - wie der BFH wiederholt entschieden hat - bei Abfindungen anlässlich der Beendigung eines Dienstverhältnisses nicht der Fall. Abfindungen werden gerade nicht für eine konkret ausgeübte Tätigkeit gezahlt, sondern für den Verlust des Arbeitsplatzes. In einem solchen Fall besteht zwischen Abfindung und dem Arbeitsverhältnis lediglich ein rechtlicher Zusammenhang, der für ein Besteuerungsrecht Deutschlands nicht ausreicht.
Hinweis
Das Urteil ist aus Sicht der Internationalen Steuerplanung zu begrüßen. Der Kläger hat durch geschickte Wohnsitzverlagerung eine erhebliche Besteuerung in Deutschland vermieden. Auf diese Weise wäre es einem Steuerpflichtigen in einem ähnlich gelagerten Fall möglich, durch Wegzug vor Zufluss der Abfindung das steuerliche Belastungsniveau abzusenken. Voraussetzung ist dabei noch nicht einmal die Wahl Österreichs als Zuzugsland, sondern es sind sämtliche Länder möglich, mit denen Deutschland eine Art. 15 OECD-Musterabkommen entsprechende Vereinbarung getroffen hat. Es ist allerdings denkbar, dass der deutsche Gesetzgeber diese Gestaltungsmöglichkeit in Zukunft in den DBA-Verhandlungen oder durch den DBA explizit widersprechende Gesetzesvorschriften untersagt.
Link zur Entscheidung
FG München, Urteil vom 12.11.2010, 8 K 858/08