Entscheidungsstichwort (Thema)
Beiordnung eines Rechtsanwalts
Leitsatz (NV)
Der Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts kann im Prozeßkostenhilfeverfahren nach Abschluß einer Instanz nicht mehr wirksam für das Verfahren vor dieser Instanz gestellt werden.
Normenkette
FGO §§ 109, 113, 121; ZPO §§ 114, 121
Tatbestand
Die Kläger, Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) sind Eheleute, die im Streitjahr zur Einkommensteuer zusammen veranlagt wurden. Die Antragstellerin bezog Einkünfte aus Kapitalvermögen; sie hält sämtliche Anteile der A-GmbH in X. Der Antragsteller hatte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Betriebsleiter bei der A-GmbH.
Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer berücksichtigte der Beklagte (das Finanzamt - FA -) Feststellungen einer im Frühjahr 1981 bei der GmbH durchgeführten Betriebsprüfung und änderte den Einkommensteuerbescheid 1979 entsprechend.
Einspruch und Klage hiergegen blieben erfolglos.
Zur Durchführung des Klageverfahrens hatten die Antragsteller unmittelbar nach Erhebung der Klage Prozeßkostenhilfe (PKH) beantragt. Das Finanzgericht (FG) hat über diesen Antrag gleichzeitig mit der Hauptsache entschieden. Zur Begründung der Ablehnung des PKH-Antrags hat es auf die Entscheidung in der Hauptsache verwiesen.
Über die gegen diesen Beschluß eingelegte Beschwerde hat der Senat im ersten Rechtsgang mit dem in BFHE 148, 215, BStBl II 1987, 217 veröffentlichten Beschluß vom 16. Dezember 1986 VIII B 115/86 entschieden. Der Senat hat den Beschluß des FG aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen. In seiner Entscheidung hat der Senat ausgeführt, daß der Antrag auf PKH nicht wegen fehlender Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung abgelehnt werden durfte.
Das FG hat den Antragstellern im zweiten Rechtsgang insoweit PKH gewährt, als der Ansatz von 24 883 DM Körperschaftsteuer bei den Einnahmen der Antragstellerin aus Kapitalvermögen streitig war. Im übrigen hat es den Antrag auf PKH abgewiesen.
Auf die erneute Beschwerde hat der Senat mit Beschluß vom 11. Juni 1987 VIII B 16/87 BFH/NV 1987, 803 den Antragstellern für das Klageverfahren vor dem FG 3 K 7/82 PKH bewillligt, soweit der Ansatz von 44 237 DM als verdeckte Gewinnausschüttungen und der Ansatz von 24 883 DM Körperschaftsteuer bei den Einnahmen der Antragstellerin aus Kapitalvermögen streitig waren. Der Beschluß ist den Antragstellern mit Einschreiben vom 29. Juli 1987 übersandt worden.
Mit Schreiben vom 16. November 1987 - eingegangen beim Bundesfinanzhof (BFH) am 17. November 1987 - beantragen die Antragsteller, den Beschluß vom 11. Juni 1987 entsprechend § 321 der Zivilprozeßordnung (ZPO) klarstellend dahin zu ergänzen, daß PKH unter Beiordnung ihres Prozeßbevollmächtigten bewilligt worden ist. Das FG lege diesen Beschluß unverständlicherweise nicht als Prozeßkostenbewilligung und Beiordnung aus.
Entscheidungsgründe
Der Antrag auf Ergänzung des Beschlusses vom 11. Juni 1987 wird abgelehnt.
1. Nach § 109 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erfordert die Ergänzung eines Urteils einen Antrag des Beteiligten. Dieser Antrag ist nach § 109 Abs. 2 FGO innerhalb von zwei Wochen zu stellen. Diese Grundsätze gelten auch in der Revisionsinstanz (§ 121 FGO).
Der BFH hat in zwei nicht veröffentlichten Entscheidungen erkannt, daß die Vorschrift des § 109 FGO auf die Ergänzung von Kostenbeschlüssen nach Erledigung des Rechtsstreits in der Revisionsinstanz (BFH-Beschluß vom 12. März 1970 I R 75/69) sowie auf die Ergänzung eines Beschwerdebeschlusses nach § 132 FGO (Beschluß vom 16. Dezember 1986 III B 6/85) nicht anzuwenden ist. Der Senat braucht in dieser Sache nicht zu entscheiden, ob er sich dieser Auffassung im Hinblick auf den unzweideutigen Wortlaut von § 113 FGO anschließen könnte (vgl. den Senatsbeschluß vom 17. November 1987 VIII R 346/83, BFHE 152, 5, BStBl II 1988, 287). Denn der Antrag ist unbegründet.
2. Nach § 121 Abs. 1 ZPO ist der Partei ein zur Vertretung bereiter Anwalt ihrer Wahl beizuordnen, wenn eine Vertretung durch Anwälte vorgeschrieben ist. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, denn in einem Verfahren vor dem FG besteht kein Anwaltszwang.
Ist eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben, wird der Partei ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist. Die Beiordnung eines Rechtsanwalts unter diesen Umständen setzt einen Antrag der Partei voraus (§ 121 Abs. 2 ZPO).
3. Mit Schreiben vom 16. Januar 1982 hat der Prozeßbevollmächtigte der Antragsteller unter Vollmachtsvorlage seine Bestellung zum Prozeßbevollmächtigten angezeigt. Gleichzeitig hat er PKH nach § 114 ZPO für die Kläger beantragt und um Übersendung des Fragebogens zu den wirtschaftlichen Verhältnissen gebeten. Ein Antrag auf Beiordnung des Prozeßbevollmächtigten ist in diesem Schreiben nicht enthalten. Ein derartiger Antrag ist auch nicht bei Übersendung der Erklärung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse für das Klageverfahren durch das Schreiben vom 20. Januar 1982 gestellt worden. Ein Antrag auf Beiordnung des Prozeßbevollmächtigten ist vielmehr erst mit Schreiben vom 16. November 1987 durch den Antrag auf Ergänzung des BFH-Beschlusses vom 11. Juni 1987 gestellt worden. Zu diesem Zeitpunkt war das Klageverfahren vor dem FG seit langem abgeschlossen.
4. Im November 1987 konnte der Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts nicht mehr wirksam gestellt werden. Eine rückwirkende Bewilligung von PKH ist zwar auch noch nach Abschluß eines Verfahrens möglich. Voraussetzung ist jedoch, daß der Antrag während des Verfahrens gestellt worden ist.
Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben, denn die Antragsteller haben ihren Antrag auf Beiordnung ihres Prozeßbevollmächtigten erst nach Beendigung des Verfahrens vor dem FG gestellt. Nach Abschluß einer Instanz kann PKH für das Verfahren vor dieser Instanz nicht mehr wirksam beantragt werden, weil die Bewilligung von PKH für die Zukunft, nicht für die Vergangenheit wirken soll. Entsprechendes gilt für den Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts im Wege der PKH.
Schon das Reichsgericht (RG) hat zum damals noch geltenden Armenrecht ausgeführt (Beschluß vom 22. Februar 1938 VII 170/37, RGZ 157, 96), daß eine Gewährung seinem Wesen nach nur für die zukünftige Prozeßführung in Frage kommen könne, weil das Gesetz von einer beabsichtigten Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung spreche. Es könne daher nicht mehr bewilligt werden, wenn die Instanz beendet sei. An dieser Rechtslage hat sich nach Einführung der PKH sowohl dem Wortlaut des Gesetzes als auch seinem Sinn und Zweck nach nichts geändert (BFH-Beschluß vom 11. November 1985 IV B 77/85, BFHE 145, 28, BStBl II 1986, 67).
Fundstellen
Haufe-Index 416195 |
BFH/NV 1989, 661 |