Entscheidungsstichwort (Thema)
Unbegründetheit einer auf grundsätzliche Bedeutung gestützten NZB
Leitsatz (NV)
1. Wird die Vorentscheidung von mehreren, jeweils selbständigen Gründen getragen, so kann die Revision nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jeder Begründung ein Zulassungsgrund vorliegt.
2. Dies gilt insbesondere in Streitsachen, in denen der ermäßigte Umsatzsteuersatz (§ 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG 1993) infolge fehlender Erfüllung von mehreren Voraussetzungen gemäß §§ 51 ff. AO 1977 verweigert wird.
Normenkette
AO 1977 § 51 ff.; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 S. 3; UStG 1993 § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a
Tatbestand
Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger), ein eingetragener Verein, erbringt seinen Mitgliedern -- gemeinnützigen juristischen Personen -- Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Be- und Abrechnung von Pflegesätzen sowie in den Bereichen Buchhaltung, Rechnungsführung, Steuern und Personalverwaltung. Hierfür zahlen die Mitglieder an den Kläger neben einem geringen Vereinsbeitrag Entgelte, die nach den beim Kläger entstehenden Selbstkosten berechnet sind.
Der Kläger unterwarf die Entgelte für diese Dienstleistungen in seiner Umsatzsteuervoranmeldung für April 1994 nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes (UStG 1993) dem ermäßigten Steuersatz. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) folgte dem nicht. Das FA war vielmehr der Ansicht, die Entgelte unterlägen dem Regelsteuersatz und setzte die Steuer im Umsatzsteuervorauszahlungsbescheid für April 1994 vom 2. August 1994 entsprechend fest.
Die hiergegen gerichtete (Sprung-)Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) wies sie mit der Begründung ab, der vom Kläger unterhaltene wirtschaftliche Geschäftsbetrieb trete in einen vermeidbaren Wettbewerb mit steuerpflichtigen Betrieben derselben oder ähnlichen Art und erfülle daher nicht die Voraussetzungen des § 65 Nr. 3 der Abgabenordnung (AO 1977) für das Vorliegen eines Zweckbetriebs. Der Vollständigkeit halber werde darauf hingewiesen, daß der Kläger zudem keine unmittelbaren gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecke verfolge. Er erfülle auch nicht die Voraussetzungen des § 57 Abs. 2 AO 1977.
Dagegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers, die er auf grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --) stützt.
Entscheidungsgründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg.
Der Senat kann unerörtert lassen, ob die Begründung der Beschwerde den Anforderungen genügt, die für eine hinreichende Darlegung (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO) der grundsätzlichen Bedeutung i. S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO gestellt werden (vgl. z. B. Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 13. September 1989 II B 77/89, BFH/NV 1990, 513; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 115 Anm. 61 f., m. w. N.).
Die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet.
a) Der Kläger macht mit der Nichtzulassungsbeschwerde geltend, die Sache habe grundsätzliche Bedeutung, da noch nicht höchstrichterlich entschieden sei, welche Körperschaften als Zusammenfassungen i. S. von § 57 Abs. 2 AO 1977 anzusehen seien. Ferner sei klärungsbedürftig, unter welchen Voraussetzungen der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb einer Zusammenfassung als Zweckbetrieb anerkannt werden könne.
Auf diese als rechtsgrundsätzlich geltend gemachten Rechtsfragen kommt es im vorliegenden Verfahren jedoch nicht an. Sie betreffen ausschließlich die Anwendung von § 57 Abs. 2 und § 65 Nr. 1 AO 1977. Die Vorentscheidung ist aber nur ergänzend auf diese Vorschriften gestützt. In erster Linie hat das FG die Klage mit der Begründung abgewiesen, der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb des Klägers erfülle nicht die in § 65 Nr. 3 AO 1977 genannten Voraussetzungen für das Vorliegen eines Zweckbetriebs.
Im Hinblick auf diese Begründung, die die Vorentscheidung selbständig trägt, hat der Kläger keine Zulassungsgründe i. S. von § 115 Abs. 2 FGO geltend gemacht. Er hat insoweit insbesondere weder eine für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage dargelegt, noch substantiierte, konkrete Angaben darüber gemacht, aus welchen Gründen die erstrebte Revisionsentscheidung der Rechtsklarheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Rechtsentwicklung dienen kann (vgl. hierzu Senatsbeschluß vom 3. Februar 1987 V B 99/86, BFH/NV 1987, 312). Die bloße Behauptung, die vom FG zur Begründung herangezogene Rechtsprechung des BFH sei im Streitfall nicht einschlägig, reicht hierfür nicht aus.
b) In einem derartigen Fall kann die Revision nicht zugelassen werden; denn nach der ständigen Rechtsprechung des BFH muß hinsichtlich einer jeden Begründung ein Zulassungsgrund vorliegen, wenn das Urteil des FG auf mehrere Gründe gestützt ist (vgl. BFH-Beschlüsse vom 2. Mai 1974 IV B 3/74, BFHE 112, 337, BStBl II 1974, 524; vom 13. November 1991 II B 69/91, BFH/NV 1992, 260, und vom 9. Februar 1994 V B 198/93, BFH/NV 1995, 602; Gräber/Ruban, a. a. O., § 115 Anm. 11 und 34, m. w. N.).
Fundstellen