Entscheidungsstichwort (Thema)
Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs
Leitsatz (NV)
Das rechtliche Gehör ist nicht verletzt, wenn das Gericht, nachdem die Beteiligten übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet haben, ohne vorherige Ankündigung durch Urteil entscheidet.
Normenkette
FGO § 79a Abs. 3, § 90 Abs. 2, § 96 Abs. 2, § 115 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 S. 3
Gründe
Die Beschwerden sind unzulässig, weil ihre Begründung nicht den formellen Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) entspricht. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) haben den behaupteten Verfahrensmangel nicht in zulässiger Weise bezeichnet. Die in der Beschwerdeschrift vorgetragenen Tatsachen rechtfertigen nicht den Schluß, daß den Klägern im finanzgerichtlichen Verfahren das rechtliche Gehör (§ 96 Abs. 2 FGO) versagt wurde. Der Anspruch auf rechtliches Gehör gewährleistet in erster Linie das Recht der Beteiligten, sich vor Erlaß des Urteils zu den entscheidungserheblichen Tatsachen und Beweismitteln zu äußern (§ 96 Abs. 2 FGO; Urteil des Bundesfinanzhofs vom 22. Dezember 1981 VII R 104/80, BFHE 135, 149, BStBl II 1982, 356, m. w. N.). Im Streitfall hat der Vorsitzende den Klägern wiederholt Gelegenheit gegeben, in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu der Streitsache Stellung zu nehmen. Zuletzt hat er in seinem Schreiben vom 6. März 1995 den Prozeßbevollmächtigten der Kläger gebeten, sich zur Frage eines etwaigen Abzugs des Verlusts aus der Auflösung der GmbH nach § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i. V. m. § 10 d EStG bis zum 30. März 1995 zu äußern. Diese Möglichkeit, sich zu den entscheidungserheblichen Fragen des Streitfalls zu äußern, hat der Bevollmächtigte der Kläger nicht genutzt. Wenn ihm die vom Vorsitzenden eingeräumte Frist wegen seines Urlaubs und seiner nachfolgenden Erkrankung nicht ausreichte, hätte er rechtzeitig eine Verlängerung dieser Frist beantragen müssen. Ein rechtskundig Vertretener kann nicht damit rechnen, daß ihn das Gericht wiederholt dazu auffordert, gestellte Fragen zu beantworten oder angeforderte Beweismittel beizubringen. Ebensowenig kann er darauf vertrauen, daß ihm das Gericht zur Beantwortung der gestellten Fragen vor der abschließenden Entscheidung in der Sache noch eine Ausschlußfrist setzen werde.
Der Anspruch der Beteiligten auf rechtliches Gehör verpflichtete das Finanzgericht (FG) im Streitfall auch nicht, erst nach einem entsprechenden Hinweis über den Rechtsstreit durch Urteil zu entscheiden. Die Beteiligten hatten sich im Erörterungstermin vom 24. August 1994 übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch den Vorsitzenden einverstanden erklärt (§§ 79 a Abs. 3, 90 Abs. 2 FGO). Der Vorsitzende konnte deshalb ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden. Im Falle eines Verzichts auf mündliche Verhandlung müssen die Beteiligten im Regelfall jederzeit mit einem Urteil rechnen (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Mai 1964 VIII C 362/63, BVerwGE 18, 315).
Im übrigen ergeht die Entscheidung ohne Begründung (Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs).
Fundstellen
Haufe-Index 423706 |
BFH/NV 1997, 298 |