Entscheidungsstichwort (Thema)
Zustellung der Ladung zum Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung an den Verfahrensbevollmächtigten des Vollstreckungsschuldners
Leitsatz (NV)
Die Einspruchsfrist gegen die Anordnung der Vorlage eines Vermögensverzeichnisses und der Versicherung seiner Richtigkeit und Vollständigkeit an Eides statt (Abgabe der eidesstattlichen Versicherung) beginnt auch dann mit Bekanntgabe an den Vollstreckungsschuldner, wenn dessen bestellter Verfahrensbevollmächtigter nicht von der Ladung zum Termin in Kenntnis gesetzt wurde.
Normenkette
AO § 122 Abs. 1 S. 1, Abs. 5 S. 1, § 284 Abs. 6 S. 1
Verfahrensgang
Niedersächsisches FG (Urteil vom 23.01.2006; Aktenzeichen 15 K 337/05) |
Tatbestand
I. Nachdem die Vollstreckung aus einem Haftungsbescheid gegenüber dem Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) erfolglos geblieben war, ordnete der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) die Vorlage eines Vermögensverzeichnisses und die Versicherung seiner Richtigkeit und Vollständigkeit an Eides statt an. Die Anordnung wurde dem Kläger persönlich übergeben. Mehr als vier Monate danach legte der Prozessbevollmächtigte für den Kläger Einspruch ein, den das FA als unzulässig, weil verspätet, verwarf. Die Klage blieb erfolglos, weil das Finanzgericht (FG) die Einspruchsfrist als mit Bekanntgabe der Anordnung an den Kläger in Lauf gesetzt sah; eine Verpflichtung, den Bevollmächtigten von der Ladung des Klägers in Kenntnis zu setzen, bestehe nicht.
Mit der Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Frage geltend, ob ein bestellter Verfahrensbevollmächtigter von der dem Vollstreckungsschuldner zuzustellenden Ladung zum Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung in Kenntnis gesetzt werden müsse und hält insofern eine rechtsfortbildende Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) für nötig.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist unzulässig und deshalb durch Beschluss zu verwerfen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
Der Kläger hat die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und die Notwendigkeit einer höchstrichterlichen Rechtsfortbildung nicht entsprechend den gesetzlichen Anforderungen dargelegt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 FGO). Hierfür reicht die bloße Behauptung, die Streitsache habe grundsätzliche Bedeutung und erfordere eine Entscheidung des BFH, nicht aus. Für die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung ist zunächst eine konkrete Rechtsfrage herauszustellen. Sodann ist schlüssig und substantiiert unter Auseinandersetzung mit den zur aufgeworfenen Rechtsfrage in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassungen darzutun, weshalb die für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage im Allgemeininteresse klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar ist (z.B. BFH-Beschluss vom 30. Oktober 2002 IX B 129/02, BFH/NV 2003, 328, m.w.N). Diesen Anforderungen wird die Beschwerde in keiner Weise gerecht.
Im Übrigen hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung und bedarf es keiner höchstrichterlichen Entscheidung, weil die Frage, ob ein bestellter Verfahrensbevollmächtigter von der dem Vollstreckungsschuldner zuzustellenden Ladung zum Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung in Kenntnis gesetzt werden müsse, nicht klärungsbedürftig ist. An der Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage fehlt es, wenn sich die Antwort auf die Rechtsfrage ohne weiteres aus dem klaren Wortlaut und Sinngehalt des Gesetzes ergibt oder diese offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das FG getan hat (BFH-Beschlüsse vom 18. August 2005 II B 90/04, BFH/NV 2006, 62; vom 26. Mai 2004 III B 89/03, BFH/NV 2004, 1221; vom 10. Oktober 1994 X B 9/94, BFH/NV 1995, 472, m.w.N.). Das FG hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die Ladung zum Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung gemäß § 284 Abs. 6 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) dem Vollstreckungsschuldner selbst zuzustellen ist. Da die Einspruchsfrist nach § 355 Abs. 1 Satz 1 AO mit der Bekanntgabe des Verwaltungsakts beginnt und die Zustellung gemäß § 122 Abs. 5 Satz 1 AO lediglich eine besondere Form der Bekanntgabe nach § 122 Abs. 1 Satz 1 AO darstellt, ist zweifelsfrei, dass die Einspruchsfrist jedenfalls mit der Bekanntgabe der Ladung an den Vollstreckungsschuldner beginnt. Die Frage, ob das FA daneben auch einen vom Steuerpflichtigen benannten Verfahrensbevollmächtigten in Kenntnis setzen muss, stellt sich in diesem Zusammenhang nicht. Denn eine solche Information hätte wegen der Spezialregelung in § 284 Abs. 6 Satz 1 AO nicht die Qualität einer die Einspruchsfrist auslösenden Bekanntgabe, die ihr im Regelfall nach § 122 Abs. 1 Satz 3 AO zukommt. Im Übrigen hat das FG für den Senat bindend festgestellt, dass der Berater des Klägers im streitgegenständlichen Vollstreckungsverfahren gar nicht gegenüber dem FA tätig geworden war.
Fundstellen
Haufe-Index 1761121 |
BFH/NV 2007, 1449 |
DStZ 2007, 548 |