Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an Begründung grundsätzlicher Bedeutung; keine Befreiung des Erwerbs von Altenheimgrundstücken durch juristische Personen des öffentlichen Rechts von der Grunderwerbsteuer
Leitsatz (NV)
1. Um die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache hinreichend darzulegen, muss in der Beschwerdebegründung dargelegt werden, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der herausgestellten Frage zweifelhaft und streitig ist. Dies gilt auch, wenn Verfassungsverstöße geltend gemacht werden.
2. Juristische Personen des öffentlichen Rechts haben zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen für den Erwerb von Altenheimgrundstücken ebenso Grunderwerbsteuer zu entrichten wie private Erwerber.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1; GrEStG § 4 Nr. 1
Verfahrensgang
Sächsisches FG (Urteil vom 16.08.2005; Aktenzeichen 3 K 3081/03) |
Tatbestand
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, bei der eine rechtlich unselbständige Sonderkasse errichtet ist, der die Aufgabe obliegt, den Beschäftigten ihrer Mitglieder (u.a. Gemeinden, Landkreise und öffentlich-rechtliche Sparkassen) eine zusätzliche Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenversorgung zu gewähren.
Der Kläger erwarb von einer GmbH Grundstücke mit einer aufstehenden Seniorenwohnanlage und einem von der Verkäuferin noch zu errichtenden Altenpflegeheim. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) setzte für den Erwerb Grunderwerbsteuer fest. Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) vertrat die Auffassung, der nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) der Grunderwerbsteuer unterliegende Erwerb sei nicht nach § 4 Nr. 1 GrEStG von der Steuer befreit. Eine entsprechende Anwendung der Steuerbefreiung zugunsten des Klägers scheide aus.
Mit der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision macht der Kläger geltend, es verstoße gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes --GG--), die Steuerbefreiung für den Erwerb des Grundstücks wegen Fehlens der in § 4 Nr. 1 GrEStG bestimmten Voraussetzungen zu versagen. Die Vorschrift müsse analog angewandt werden, wenn eine juristische Person des öffentlichen Rechts wie im Streitfall ein Grundstück zur Erfüllung öffentlich-rechtlicher Aufgaben erwerbe. Es handle sich hierbei um eine klärungsbedürftige Rechtsfrage.
Das FA hält die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache für nicht gegeben.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung entspricht nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
1. Um die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) hinreichend darzulegen, muss in der Beschwerdebegründung schlüssig und substantiiert unter Auseinandersetzung mit den zur aufgeworfenen Rechtsfrage in Rechtsprechung und Schrifttum vertretenen Auffassungen dargetan werden, weshalb die für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage im Allgemeininteresse klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar ist. Dazu muss dargelegt werden, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Frage zweifelhaft und streitig ist. Diese Grundsätze gelten auch, wenn Verfassungsverstöße geltend gemacht werden (vgl. z.B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 21. Januar 2005 VIII B 93/03, BFH/NV 2005, 894, und vom 8. September 2005 II B 122/04, BFH/NV 2006, 100). Die substantiierte Darlegung eines Verfassungsverstoßes erfordert danach eine an den Vorgaben des GG und der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des BFH orientierte Auseinandersetzung mit der Problemstellung (BFH-Beschlüsse vom 19. Dezember 2003 II B 152/02, BFH/NV 2004, 533, und vom 6. Oktober 2005 II B 132/04, BFH/NV 2006, 303).
2. An solchen Darlegungen fehlt es im Streitfall.
Der Kläger macht selbst nicht geltend, dass in Rechtsprechung oder Literatur die Auffassung vertreten werde, die Beschränkung der Steuerbefreiung des § 4 Nr. 1 GrEStG auf die in der Vorschrift genannten Voraussetzungen sei verfassungswidrig. Er hat auch nicht begründet, warum der Gesetzgeber den ihm zustehenden Gestaltungsspielraum dadurch überschreiten soll, dass juristische Personen des öffentlichen Rechts für den Erwerb von Altenheimgrundstücken ebenso Grunderwerbsteuer zu entrichten haben wie private Erwerber und durch diese von der Rechtsform unabhängige Gleichbehandlung der Erwerber Wettbewerbsverzerrungen zugunsten juristischer Personen des öffentlichen Rechts vermieden werden (vgl. zu diesem gesetzgeberischen Ziel Hofmann, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 8. Aufl., § 4 Rdnr. 5; Pahlke/Franz, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 3. Aufl., § 4 Rz. 14).
Fundstellen
Haufe-Index 1560782 |
BFH/NV 2006, 1882 |