Entscheidungsstichwort (Thema)
Anfechtung einer unentgeltlichen Grundstücksübertragung
Leitsatz (NV)
1. Zu den Anforderungen an die Bezeichnung der Divergenz.
2. Eine irrtümliche Bezeichnung des zurückzugewährenden Gegenstandes im Duldungsbescheid macht diesen nicht rechtswidrig, wenn mit der Auslegungsregel "falsa demonstratio non nocet" geholfen werden kann.
3. Die Schenkung eines mit einem Grundpfandrecht belasteten Grundstücks führt nicht zu einer objektiven Gläubigerbenachteiligung, wenn das Grundstück über seinen Wert belastet ist.
Normenkette
AnfG § 3 Abs. 1 Nr. 4, §§ 7, 9; FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 2-3
Tatbestand
Die von der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) erhobene Anfechtungsklage gegen den Duldungsbescheid des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt -- FA --) wurde vom Finanzgericht (FG) als unbegründet abgewiesen.
Das FG führte im wesentlichen aus, infolge der unentgeltlichen Übertragung der beiden Grundstücke F Flur 2 Flurstücke 277 und 344 durch den Ehemann der Klägerin, der erhebliche Steuerschulden gehabt habe, auf die Klägerin mit notariellem Vertrag sei das FA berechtigt gewesen, den Duldungsbescheid gegen die Klägerin zu erlassen. Unschädlich sei, daß der Duldungsbescheid erst in der Einspruchsentscheidung auf die zutreffende Rechtsgrundlage des §3 Abs. 1 Nr. 4 des Anfechtungsgesetzes (AnfG) gestützt worden sei. Die Anfechtungsfrist von zwei Jahren sei eingehalten worden. Auch der Übergang zum Verlangen auf Wertersatz im Ergänzungsbescheid sei nicht zu beanstanden (§7 AnfG), nachdem das FA festgestellt habe, daß die Klägerin den streitgegenständlichen Grundbesitz bereits an ihren Sohn weiterveräußert hatte. Zwar sei im Duldungsbescheid der F- Grundbesitz irrtümlich mit "P, Hauptstraße 22" bezeichnet worden; dies führe jedoch nicht zur Rechtswidrigkeit des Bescheids, weil durch die Angabe der Flurbezeichnung eindeutig klargestellt sei, daß die F-Grundstücke gemeint seien. Nach dem eingeholten Gutachten des Sachverständigen hätten die Grundstücke zum Zeitpunkt der angefochtenen Übertragung einen Wert von lediglich rd. 61 000 DM gehabt. Da die Klägerin für den Erhalt dieser Grundstücke aber keine Gegenleistung habe aufbringen müssen -- bezüglich der eingetragenen Grundschuld in Höhe von 200 000 DM sei im Übertragungsvertrag vermerkt, der Löschungsantrag liege beim Notar vor -- und auch sonst keine Verknüpfung zwischen der Grundschuld und der Gegenleistung hergestellt worden sei, sei trotz der gegenteiligen Zeugenaussagen nach der Überzeugung des Gerichts von einer unentgeltlichen und werthaltigen Übertragung auszugehen.
Ihre Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision stützt die Klägerin auf Divergenz (§115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --) sowie auf einen Verfahrensfehler (§115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unzulässig.
1. Bei einer auf Divergenz (§115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) gestützten Nichtzulassungsbeschwerde muß unter genauer Bezeichnung der Divergenzentscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) kenntlich gemacht werden, zu welcher konkreten Rechtsfrage eine Abweichung vorliegt. Der Beschwerdeführer muß dartun, daß das vorinstanzliche Gericht seiner Entscheidung einen abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der mit der näher angeführten Rechtsprechung des Revisionsgerichts nicht übereinstimmt. Hierzu müssen in der Beschwerdebegründung abstrakte Rechtssätze des vorinstanzlichen Urteils und der Divergenzentscheidung(en) des BFH so genau bezeichnet werden, daß eine Abweichung erkennbar wird (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluß vom 7. Dezember 1994 II B 179/93, BFH/NV 1995, 695, m.w.N.).
Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Es fehlt bereits an einer Gegenüberstellung von abstrakten Rechtssätzen aus dem angefochtenen FG- Urteil mit solchen aus den als Divergenzentscheidungen in Anspruch genommenen beiden Senatsentscheidungen, dem Beschluß vom 31. Juli 1979 VII B 11/79 (BFHE 128, 338, BStBl II 1979, 756) und dem Urteil vom 14. Juli 1981 VII R 49/80 (BFHE 133, 501, BStBl II 1981, 751), aus denen sich eine solche Abweichung ergeben könnte. Im übrigen lägen die sich aus dem Vortrag der Klägerin ergebenden Abweichungen auch nicht vor.
In seinem Beschluß in BFHE 128, 338, BStBl II 1979, 756 hat der Senat verlangt, daß der Duldungsbescheid entsprechend §9 AnfG u.a. den zurückzugewährenden Gegenstand bezeichnen muß. Davon ist das FG nicht abgewichen. Es hat lediglich ausgeführt, daß die irrtümliche Bezeichnung des zurückzugewährenden Gegenstands im Duldungsbescheid nicht zur Rechtswidrigkeit des Bescheids führe, weil sich aus der konkreten Angabe der Flurbezeichnungen für die Klägerin eindeutig der zurückzugewährende Grundbesitz ergeben habe. Darin liegt aber kein Verzicht auf das Erfordernis der Bezeichnung des zurückzugewährenden Gegenstands; es handelt sich vielmehr lediglich um eine Anwendung der bekannten Auslegungsregel "falsa demonstratio non nocet" ("eine falsche Bezeichnung schadet nicht").
In seinem Urteil in BFHE 133, 501, BStBl II 1981, 751 hat der Senat, wie die Klägerin zutreffend vorbringt, erkannt, daß im Falle der Schenkung eines Grundstücks, welches mit einem Grundpfandrecht belastet ist, der Beschenkte den Grundbesitz von vornherein nur mit der dinglichen Belastung erwirbt, und daß eine objektive Gläubigerbenachteiligung dann nicht vorliegt, wenn die anfechtbare Rechtshandlung ein über seinen Wert belastetes Grundstück betrifft. Auch hiervon ist das FG nicht abgewichen. Es hat nämlich in seinem Urteil ausgeführt, aus dem notariellen Übertragungsvertrag ergebe sich, daß hinsichtlich der eingetragenen Grundschuld in Höhe von 200 000 DM ein Löschungsantrag dem Notar vorliege. Man sei also davon ausgegangen, daß die Grundschuld voll gelöscht werde. Daraus hat das FG seine Überzeugung abgeleitet, daß die Grundschuld für den Wert des Grundstücks ohne Bedeutung sei und insbesondere nicht von der Klägerin habe übernommen werden sollen. Möglicherweise hat das FG nicht ausreichend aufgeklärt, weshalb die Grundschuld dann doch nur in Höhe von 135 000 DM gelöscht worden ist, sie also im Betrag von 65 000 DM zunächst bestehen geblieben und erst später bei der Weiterveräußerung des Grundbesitzes an den Sohn der Klägerin schließlich von diesem genau in dieser Höhe übernommen worden ist. Für die vorliegende Divergenzrüge ist dies aber nicht erheblich.
2. Hinsichtlich des von der Klägerin gerügten Verfahrensmangels (§115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) genügt der Hinweis, daß Verstöße gegen die Denkgesetze und die allgemeinen Erfahrungssätze materielle Rechtsfehler und keine Verfahrensfehler darstellen (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl. 1997, §115 Rz. 29, m.w.N.), die folglich nicht mit Erfolg mittels einer Nichtzulassungsbeschwerde geltend gemacht werden können.
Fundstellen
Haufe-Index 154183 |
BFH/NV 1999, 155 |