Entscheidungsstichwort (Thema)
Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern Bewertung Bewertung/Vermögen-/Erbschaft-/Schenkungsteuer
Leitsatz (amtlich)
Eine noch nicht im Erbbaugrundbuch eingetragene Erbbauzinsverpflichtung ist keine dauernde Last im Sinn des § 11 Abs. 2 Ziff. 2 Satz 2 GrEStG.
Zur Bewertung von Erbbauzinsverpflichtungen, die erst nach Durchführung der Baufinanzierung ins Erbbaugrundbuch eingetragen werden sollen.
Normenkette
GrEStG § 11 Abs. 2 Ziff. 2 S. 2; BewG §§ 15, 13
Tatbestand
Durch Vertrag vom 30. August 1954 wurde dem Architekten A. an einem Grundstück ein Erbbaurecht auf eine Zeit von 99 Jahren bewilligt. Im § 6 dieses Erbbaurechtsvertrags erklärte sich der Erbbauberechtigte einverstanden, daß zur Sicherung des im § 3 des Vertrags vereinbarten Erbbauzinses von 150 DM monatlich zugunsten des jeweiligen Grundstückseigentümers im Erbbaugrundbuch eine Reallast eingetragen werde. Jedoch wurde bestimmt, daß diese Reallast erst dann eingetragen werden solle, wenn alle zur Finanzierung notwendigen Hypotheken und Grundschulden im Grundbuch eingetragen seien. Das Erbbaurecht wurde im Erbbaugrundbuch eingetragen; die Reallast wurde vereinbarungsgemäß nicht eingetragen.
Durch Vertrag vom 18. September 1956 übertrug A. das an dem noch unbebauten Grundstück bestehende Erbbaurecht auf den Kaufmann K. Als Entgelt zahlte K. einen Pauschbetrag von 6.800 DM; außerdem verpflichtete er sich, den Erbbauzins von 150 DM monatlich an die Grundstückseigentümerin zu zahlen. Da es sich um einen steuerpflichtigen Rechtsvorgang im Sinn des § 1 Abs. 1 Ziff. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 2 Ziff. 1 GrEStG handelt, wurde der Erwerber des Erbbaurechts unter Zugrundelegung einer Gegenleistung von 39.200 DM (nämlich 6.800 DM + 32.400 DM, d. h. dem achtzehnfachen Jahreswert des Erbbauzinses von 1.800 DM) zur Grunderwerbsteuer herangezogen.
Streitig ist, ob die noch nicht im Grundbuch eingetragene Erbbauzinsverpflichtung als dauernde Grundstückslast im Sinn des § 11 Abs. 2 Ziff. 2 Satz 2 GrEStG anzusehen ist und demgemäß zur Gegenleistung gehört oder nicht.
Der Einspruch wurde als unbegründet zurückgewiesen. Auf die Berufung wurde die Einspruchsentscheidung aufgehoben und die Steuer auf den Betrag ermäßigt, der sich bei Zugrundelegung einer Gegenleistung von 6.800 DM ergibt.
Entscheidungsgründe
Die Rb. führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Finanzgericht.
Zutreffend ist, daß nach § 11 Abs. 2 Ziff. 2 Satz 2 GrEStG die auf dem Grundstück ruhenden dauernden Lasten nicht zur Gegenleistung gehören. Richtig ist auch, daß bereits in das Erbbaugrundbuch eingetragene Erbbauzinsverpflichtungen als solche Lasten anzusehen sind (siehe das Urteil des Senats II 129/51 U vom 27. Februar 1952, BStBl 1952 III S. 98, Slg. Bd. 56 S. 250).
Im Streitfall war die Erbbauzinsverpflichtung jedoch im Zeitpunkt des Erwerbsvorgangs noch nicht in das Erbbaugrundbuch eingetragen. Es war auch vorgesehen, die Eintragung noch für eine gewisse Zeit zu unterlassen. Wie der Senat bereits in dem vorerwähnten Urteil II 129/51 U vom 27. Februar 1952 ausgesprochen hat, ist in solchen Fällen eine Verpflichtung zu einer sonstigen Leistung im Sinn des § 11 Abs. 1 Ziff. 1 a. a. O., nicht aber die übernahme einer dauernden Last im Sinne des § 11 Abs. 2 Ziff. 2 Satz 2 a. a. O. anzunehmen. An dieser Auffassung wird festgehalten.
Demgemäß kann der Ansicht des Finanzgerichts, es genüge bereits, daß die Erbbauzinsverpflichtung rechtswirksam bewilligt wurde, nicht zugestimmt werden. Das Gesetz meint, wenn es im § 11 Abs. 2 Ziff. 2 Satz 2 GrEStG von einer dauernden Last spricht, eine schon bestehende Grundstückslast, nicht aber eine schuldrechtliche Verpflichtung, deren Eintragung ins Grundbuch noch von einem zukünftigen ungewissen Ereignis abhängt.
Auch der Umstand, daß die im Erbbaugrundbuch eingetragene Erbbauzinsverpflichtung reallastartig ausgestaltet ist (ß 9 Abs. 1 der Erbbaurechtsverordnung, §§ 1105 ff. BGB), ändert hieran nichts. Entscheidend ist nicht, daß auf die eingetragene Erbbauzinsverpflichtung die Vorschriften über die Reallast anzuwenden sind; vielmehr kommt es ausschließlich darauf an, ob eine dauernde Last im Sinn des § 11 Abs. 2 Ziff. 2 Satz 2 GrEStG vorliegt. Dieser Fall ist aber nicht gegeben, solange lediglich eine schuldrechtliche Verpflichtung besteht.
Die Steuerfestsetzung war jedoch aus einem anderen Grunde aufzuheben. Der Kapitalwert der Erbbauzinsverpflichtung ist nach § 15 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes (BewG) mit dem Achtzehnfachen des Jahreswerts ermittelt worden. Nach § 15 Abs. 3 a. a. O. ist aber der gemeine Wert zugrunde zu legen, wenn dieser nachweislich geringer ist als das Achtzehnfache der Jahresleistungen. In Anbetracht des Umstandes, daß die Erbbauzinsverpflichtung nur für eine verhältnismäßig kurze übergangszeit nicht eingetragen werden sollte, ist es angemessen, diese Verpflichtung mit dem gemeinen Wert zu bewerten. Dabei ist zu berücksichtigen, daß als Gegenleistung im Sinn des § 11 Abs. 1 Ziff. 1 GrEStG nur der Teil der Erbbauzinsverpflichtung anzusehen ist, der fällig wird, bevor die Verpflichtung im Erbbaugrundbuch eingetragen wird. Soweit die Zahlungen nach der Eintragung im Grundbuch zu leisten sind, handelt es sich um dauernde Lasten im Sinn des § 11 Abs. 2 Ziff. 2 Satz 2 GrEStG. Derartige Lasten gehören grunderwerbsteuerlich nicht zur Gegenleistung (siehe das vorbezeichnete Urteil des Senats II 129/51 U vom 27. Februar 1952). Sie müssen deshalb, soweit der Wert wiederkehrender Leistungen gemäß § 15 BewG für Zwecke der Grunderwerbsteuer zu ermitteln ist, grundsätzlich außer Betracht bleiben. Im Streitfall spricht alles dafür, daß schon im Zeitpunkt des Erwerbsvorgangs mit der Eintragung der Erbbauzinsverpflichtung in verhältnismäßig kurzer Frist gerechnet werden konnte.
Die angefochtene Entscheidung war somit aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif, da zunächst der gemeine Wert der Erbbauzinsverpflichtung ermittelt werden muß. Die Sache war somit zur erneuten Entscheidung an das Finanzgericht zurückzuverweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 409715 |
BStBl III 1960, 294 |
BFHE 1961, 121 |
BFHE 71, 121 |