Leitsatz (amtlich)
Legen die Kommanditisten einer GmbH & Co. KG ihre Geschäftsanteile an einer GmbH quoad sortem in das Vermögen der GmbH & Co. KG ein und schließt die GmbH & Co. KG anschließend mit der GmbH einen Organschafts- und Ergebnisabführungsvertrag, aufgrund dessen die GmbH ihre Gewinne an die GmbH & Co. KG abführt, so fehlt es an einer gesellschaftsteuerbaren Leistung i.S. des § 2 Abs.1 Nr.4 Buchst.a i.V.m. § 4 KVStG 1972.
Normenkette
KVStG 1972 § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a, §§ 4, 6
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG, an der die C-GmbH als Komplementärin sowie C und seine drei Kinder als Kommanditisten beteiligt waren. Die Klägerin schloß mit der D-GmbH einen Ergebnisabführungs- und Organschaftsvertrag ab. Danach hatte die D-GmbH als Organgesellschaft ihre Gewinne an die Klägerin als Organträger abzuführen. Alleingesellschafter der D-GmbH war ursprünglich C. C übertrug jedoch am 29.Dezember 1972 bzw. am 28.Dezember 1973 Anteile von je 2 v.H. des Stammkapitals der D-GmbH auf seine drei o.g. Kinder.
Die Geschäftsanteile an der D-GmbH wurden in den Steuerbilanzen der Klägerin als deren Anlagevermögen ausgewiesen. Die D-GmbH führte ihre Gewinne aus den Geschäftsjahren 1970 bis 1974 wie folgt an die Klägerin ab:
am 24.Februar 1972 den Gewinn 1970 in Höhe von 132 687,92 DM,
am 10.Oktober 1973 den Gewinn 1971 in Höhe von 103 816,37 DM,
am 14.August 1974 den Gewinn 1972 in Höhe von 227 612,65 DM,
am 17.Februar 1975 den Gewinn 1973 in Höhe von 233 271,31 DM und
Ende 1975 den Gewinn 1974 in Höhe von 225 255,91 DM.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) sah in den Gewinnabführungen jeweils eine gemäß § 2 Abs.1 Nr.4 Buchst.a i.V.m. § 4 des Kapitalverkehrsteuergesetzes (KVStG) 1972 steuerpflichtige Leistung und setzte mit Bescheid vom 30.Juli 1976 die Gesellschaftsteuer in Höhe von 11 591,40 DM fest.
Der Einspruch und die Klage blieben erfolglos.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung des § 2 Abs.1 Nr.4 Buchst.a i.V.m. § 4 KVStG 1972.
Sie beantragt, das Urteil des Finanzgerichts (FG) Düsseldorf vom 21.Mai 1985 aufzuheben und die Gesellschaftsteuer auf 0 DM herabzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs.3 Nr.2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
1. Nach § 2 Abs.1 Nr.4 Buchst.a KVStG 1972 unterliegen Zuschüsse, die der Gesellschafter seiner inländischen Kapitalgesellschaft freiwillig leistet, der Gesellschaftsteuer. Dabei ist es wegen § 4 KVStG 1972 unerheblich, wenn die Leistung nicht von dem Gesellschafter, sondern von einer Personenvereinigung bewirkt wird, an der der Gesellschafter als Mitglied oder Gesellschafter beteiligt ist. Außerdem regelt § 5 KVStG 1972, was unter einer inländischen Kapitalgesellschaft zu verstehen ist. Schließlich ergibt sich aus § 6 KVStG 1972, wer im gesellschaftsteuerrechtlichen Sinne Gesellschafter der Kapitalgesellschaft ist.
2. Zu diesen Tatbestandsmerkmalen hat das FG in einer den erkennenden Senat bindenden Weise (§ 118 Abs.2 FGO) folgendes festgestellt:
a) Die Klägerin war in der Zeit vom 1.Februar 1972 bis Ende 1975 eine GmbH & Co. KG mit dem Ort der Geschäftsleitung in der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik). Die C-GmbH war die Komplementärin der Klägerin. Damit war sie inländische Kapitalgesellschaft i.S. des § 5 Abs.2 Nr.3 Satz 1 i.V.m. Abs.3 Nr.1 KVStG 1972.
b) Die D-GmbH führte in der Zeit zwischen dem 1.Februar 1972 und Ende 1975 ihre Gewinne aus den Geschäftsjahren 1970 bis 1974 aufgrund des abgeschlossenen Ergebnisabführungsvertrages an die Klägerin ab. Die Gewinnabführung bestand in Geldleistungen der D-GmbH an die Klägerin. Derartige Geldleistungen sind geeignet, Zuschuß i.S. des § 2 Abs.1 Nr.4 Buchst.a KVStG 1972 zu sein (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 29.Juli 1981 II R 4/78, BFHE 134, 361, BStBl II 1982, 72; vom 23.November 1988 I R 222/84, BFH/NV 1989, 458).
c) Die Gewinnabführung wurde allerdings von der D-GmbH und nicht von den Kommanditisten der Klägerin bewirkt. Deshalb ist eine gemäß § 2 Abs.1 Nr.4 Buchst.a KVStG 1972 steuerpflichtige Leistung nur unter den Voraussetzungen des § 4 KVStG 1972 anzunehmen. Danach kommt es darauf an, ob die Kommanditisten Gesellschafter (Doppelgesellschafter) sowohl der Klägerin als auch der D-GmbH waren und ob die Leistung (hier: die Gewinnabführung) durch die Stellung der Kommanditisten als Gesellschafter der D-GmbH veranlaßt war (vgl. BFH-Urteil vom 20.Mai 1969 II 25/61, BFHE 96, 129, BStBl II 1969, 550). Auf der Grundlage der vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen ist erstere Frage zu bejahen, während die zweite nicht abschließend beurteilt werden kann.
d) Für die Frage, ob die Kommanditisten der Klägerin sog. Doppelgesellschafter i.S. des § 4 KVStG 1972 waren, ist von § 6 Abs.2 i.V.m. Abs.1 Nr.1 KVStG 1972 auszugehen. Danach sind Gesellschaftsrechte i.S. des § 6 Abs.1 Nr.1 KVStG 1972 demjenigen zuzurechnen, dem sie zustehen. Mit dem Begriff "zustehen" knüpft § 6 Abs.2 KVStG 1972 an das bürgerliche Recht an (vgl. Egly/Klenk, Gesellschaftsteuer, 4.Aufl., Rdnr.334). Deshalb ist darauf abzustellen, wer zivilrechtlich Inhaber des Gesellschaftsanteils ist. Dies beurteilt sich allein nach dem sog. Außenverhältnis. Unerheblich ist, ob der Gesellschaftsanteil im Innenverhältnis für einen anderen gehalten wird bzw. ob der Wert des Gesellschaftsanteils einem anderen zur Verfügung zu stellen ist. Danach waren nur C und seine drei Kinder (*= Kommanditisten) Gesellschafter der D-GmbH. Sie hatten die Geschäftsanteile erworben. Ob sie sie quoad sortem in das Gesellschaftsvermögen der Klägerin eingelegt hatten, ist für die hier behandelte Rechtsfrage ohne Bedeutung. Das Versprechen einer Einlage "quoad sortem" begründet für den Gesellschafter nicht die Verpflichtung, den Gegenstand der Einlage durch dinglich wirkende Verfügung in das Gesellschaftsvermögen einzubringen. Der Gesellschafter muß ihn nur so behandeln, als ob er Gesellschaftsvermögen wäre. Nach vollzogener Einlage bildet der Gegenstand als solcher keinen Bestandteil des Gesellschaftsvermögens, vielmehr erwirbt die Gesellschaft (hier: die Klägerin) nur den Anspruch darauf, daß der Gesellschafter den Gegenstand zu ihrer Verfügung hält und im Auseinandersetzungsfall den Wert ausgleicht (vgl. BFH-Urteil vom 20.Januar 1988 I R 395/83, BFHE 152, 261, BStBl II 1988, 453, m.w.N.). Damit steht der Gesellschaftsanteil auch bei einer unterstellten Einlage quoad sortem i.S. des § 6 Abs.2 KVStG 1972 weiterhin den Kommanditisten zu. Diese waren im Streitfall Doppelgesellschafter i.S. des § 4 KVStG 1972.
e) Die Frage, ob die Gewinnabführung der D-GmbH durch die Stellung der Kommanditisten als Gesellschafter der D-GmbH veranlaßt ist, läßt sich dagegen auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des FG nicht abschließend beurteilen. Dazu geht der Senat davon aus, daß das FG keine Feststellungen darüber getroffen hat, ob die Kommanditisten der Klägerin ihre Geschäftsanteile an der D-GmbH tatsächlich quoad sortem in das Vermögen der Klägerin eingebracht hatten. Darauf kommt es jedoch letztlich an. Unterstellt man nämlich eine entsprechende Einlage, dann hätten die Geschäftsanteile an der D-GmbH ihrem Werte nach der Klägerin zugestanden. Die Klägerin hätte dann ihren Kommanditisten gegenüber einen schuldrechtlichen Anspruch auf Überlassung der Gewinnanteile bzw. auf Zustimmung zum Abschluß eines Gewinnabführungsvertrages gehabt. Die Einlage quoad sortem wäre in dem Augenblick bewirkt, in dem die Geschäftsanteile an der D-GmbH erstmalig der Klägerin wertmäßig zur Verfügung gestellt wurden (vgl. BFH in BFHE 152, 261, BStBl II 1988, 453). Wenn die D-GmbH auf diesem Hintergrund mit der Klägerin einen Gewinnabführungsvertrag abgeschlossen haben sollte, dann wäre die Gewinnabführung durch die schon vor dem Abschluß des Gewinnabführungsvertrages begründete Rechtsposition der Klägerin veranlaßt worden. Dies würde eine Veranlassung im Sinne des Urteils in BFHE 96, 129, BStBl II 1969, 550 ausschließen.
3. Kommt es darauf an, ob die Kommanditisten dem Gewinnabführungsvertrag der D-GmbH mit der Klägerin freiwillig zustimmten oder aufgrund der (hier unterstellten) Einlage quoad sortem zur Zustimmung verpflichtet waren, so kann die Vorentscheidung mangels entsprechender tatsächlicher Feststellungen keinen Bestand haben. Die tatsächlichen Feststellungen nachzuholen ist Aufgabe des FG. Deshalb war die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 62765 |
BFH/NV 1989, 44 |
BStBl II 1989, 983 |
BFHE 158, 129 |
BFHE 1990, 129 |
BB 1989, 2174-2175 (LT1) |
DB 1989, 2210 (ST) |
HFR 1990, 32 (LT) |