Entscheidungsstichwort (Thema)
Körperschaftsteuer/Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Mittelbare Beteiligungen sind keine Beteiligungen im Sinn des § 19 Abs. 1 Ziff. 2 (letzte Voraussetzung) KStG.
Normenkette
KStG § 19 Abs. 1 Ziff. 2; StAnpG § 11 Ziff. 5
Tatbestand
Die Revisionsbeklagte (Steuerpflichtige - Stpfl. -), eine GmbH, ist nach den tatsächlichen Feststellungen des Revisionsklägers (Finanzamt - FA -) an der Firma T KG (KG 1) mit einem Kapitalanteil von 62 % beteiligt. Die KG 1 ist ihrerseits mit einem Kapitalanteil von 61,424 % Gesellschafterin der Firma L KG (KG 2), die wie folgt an Kapitalgesellschaften beteiligt ist:
An der Firma K L GmbH (GmbH 1) mit 100 % - - - - - - - = 1 500 000 DM, an der Firma L GmbH (GmbH 2) mit 100 % - - - - - - - = 300 000 DM, an der Firma H L GmbH (GmbH 3) mit 90 % ----------------- = 90.000 DM.Das FA errechnete auf dieser Grundlage eine durch Personengesellschaften vermittelte Beteiligung der Stpfl. an Kapitalgesellschaften von 38,08288 % von 1 890 000 DM rd. 719 700 DM. Das eigene Stammkapital der Stpfl. beträgt 700 000 DM. Das FA sah somit die Voraussetzung für personenbezogene Kapitalgesellschaften, daß die Nennwerte der zum Betriebsvermögen gehörenden Beteiligungen insgesamt das Nennkapital nicht übersteigen dürfen (§ 19 Abs. 1 Ziff. 2 (letzte Voraussetzung) KStG), nicht als erfüllt an und wandte bei der Veranlagung für das Streitjahr 1958 den Steuersatz von 51 % an.
Der Einspruch der Stpfl. blieb ohne Erfolg. Die Berufung führte zur Aufhebung der Einspruchsentscheidung und zur änderung des Körperschaftsteuerbescheids dahin, daß der ermäßigte Steuersatz nach § 19 Abs. 1 Ziff. 2 KStG zur Anwendung kam.
Das Finanzgericht (FG), dessen Entscheidung in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1964 S. 173 veröffentlicht ist, hat unter Berufung auf das bürgerliche Recht die Auffassung vertreten, unter Beteiligungen im Sinne von § 19 Abs. 1 Ziff. 2 (letzte Voraussetzung) KStG seien nur Gesellschaftsrechte an Kapitalgesellschaften zu verstehen, die der Stpfl. unmittelbar zustehen. Im Gegensatz zu der Regelung in Abschnitt 45 b Abs. 2 KStR 1958 genüge die durch eine oder mehrere Personengesellschaften vermittelte Beteiligung an Kapitalgesellschaften nicht für die Annahme einer Beteiligung nach § 19 Abs. 1 Ziff. 2 (letzte Voraussetzung) KStG.
Dagegen richtet sich die als Revision zu behandelnde Rechtsbeschwerde des FA mit dem Antrag, die Vorentscheidung aufzuheben und den Steuersatz von 51 % anzuwenden.
Das FA rügt unrichtige Anwendung des § 19 Abs. 1 Ziff. 2 KStG und weist darauf hin, daß das Urteil des BFH I 173/60 S vom 2. November 1960 (Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bd. 72 S. 20 - BFH 72, 20 -, BStBl III 1961, 9) nicht von der zivilrechtlichen Betrachtungsweise ausgegangen sei. Die Gesellschafter der Stpfl. könnten über die beiden Personengesellschaften auf die in Frage stehenden Kapitalgesellschaften den gleichen Einfluß nehmen, wie wenn die Beteiligungen zum Betriebsvermögen der Stpfl. selbst gehörten. Nach dem Sinn des § 19 Abs. 1 Ziff. 2 KStG könne daher die Stpfl. nicht zu den personenbezogenen Kapitalgesellschaften gerechnet werden.
Die Stpfl. erwidert, wenn schon Abschnitt 45 b Abs. 2 KStR 1958 angewandt werde, dann komme es für die Berechnung der Höhe der Beteiligung nicht auf die Kapitalanteile bei den beiden Personengesellschaften, sondern auf die Beteiligung am Gewinn an. Lege man den Gewinnverteilungsschlüssel zugrunde, dann ergebe sich eine mittelbare Beteiligung der Stpfl. an den Kapitalgesellschaften, die unter dem Stammkapital der Stpfl. liege. Außerdem sei § 19 Abs. 1 Ziff. 2 (letzte Voraussetzung) KStG undurchdacht und schlecht formuliert. Die Vorschrift dürfe daher nicht über ihren Wortlaut hinaus nach einem angeblichen, in Wirklichkeit gar nicht vorhandenen Sinn ausgelegt werden. Dem Wortlaut nach schließe aber das Gesetz mittelbare Beteiligungen nicht ein.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Zum Betriebsvermögen der Stpfl. gehören keine Beteiligungen im Sinne des § 19 Abs. 1 Ziff. 2 (letzte Voraussetzung) KStG. Nach dieser Vorschrift dürfen, wenn ein ermäßigter Körperschaftsteuersatz angewandt werden soll, die Nennwerte der zum Betriebsvermögen gehörenden Beteiligungen insgesamt das Nennkapital der steuerpflichtigen Kapitalgesellschaft nicht übersteigen. Unter Beteiligung sind hier, wie sich aus dem Ausdruck "die Nennwerte" ergibt, nur Anteile an Kapitalgesellschaften zu verstehen, und zwar nur solche, die ein gewisses, ins Gewicht fallendes Mitspracherecht in der Gesellschafterversammlung gewähren (BFH-Urteil I 17/62 U vom 31. Juli 1963, BFH 77, 326, BStBl III 1963, 439). Die Stpfl. ist mittels einer Personengesellschaft an einer anderen Personengesellschaft beteiligt, zu deren Betriebsvermögen die Anteile von Kapitalgesellschaften gehören. Anteile an einer Kapitalgesellschaft, die im Gesellschaftsvermögen einer Personengesellschaft des Handelsrechts liegen, stehen, wie der Senat in dem Urteil I 60/64 vom 22. März 1966 (BFH 85, 503, BStBl III 1966, 434) zu § 19 Abs. 1 Ziff. 2 KStG näher dargelegt hat, nicht anteilsmäßig den einzelnen Gesellschaftern der Personengesellschaft, sondern allen Gesellschaftern in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit zu, so daß nicht die Mitglieder der Personengesellschaft, sondern diese als solche als Gesellschafterin der Kapitalgesellschaft anzusehen ist. Dem steht § 11 Ziff. 5 StAnpG, der das Vermögen einer Gesellschaft zur gesamten Hand den Gesellschaftern nach Bruchteilen zurechnet, nicht entgegen. Denn diese Vorschrift gilt nur für die Besteuerung der Personengesellschaft (BFH-Urteil I 60/64, a. a. O.). Im Streitfall geht es aber um die Besteuerung eines ihrer Mitglieder, und zwar nicht nur hinsichtlich ihrer Beteiligung an der Personengesellschaft.
Die Beteiligungen an den drei Gesellschaften mit beschränkter Haftung gehören somit zum Betriebsvermögen der KG 2 und nicht zum Betriebsvermögen der Stpfl. Sie könnten der Stpfl. nur dann zugerechnet werden, wenn unter § 19 Abs. 1 Ziff. 2 (letzte Voraussetzung) KStG auch Beteiligungen fielen, die der steuerpflichtigen Kapitalgesellschaft durch andere Kapitalgesellschaften oder durch Personengesellschaften vermittelt werden (mittelbare Beteiligung). Dies ist jedoch nicht der Fall. Wenn das Gesetz von "Beteiligungen" spricht, meint es in der Regel unmittelbare Beteiligungen. Sollen die mittelbaren Beteiligungen den unmittelbaren gleichgestellt werden, so bedarf es dazu einer ausdrücklichen gesetzlichen Vorschrift (vgl. § 16 Abs. 4 des Aktiengesetzes - AktG - 1965), es sei denn, daß sich die Gleichstellung aus dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Vorschrift eindeutig ergibt. § 19 Abs. 1 Ziff. 2 KStG läßt in keiner Weise erkennen, daß eine Ausdehnung des Begriffs Beteiligungen auf mittelbare Beteiligung gewollt ist. Der Begriff der personenbezogenen Kapitalgesellschaft ist, rechtspolitisch gesehen, nicht so fest umrissen, daß eine derartige Auslegung geboten erschiene. Der Gesetzgeber hat durch § 19 Abs. 1 Ziff. 2 KStG bestimmte Grenzen gezogen, die nicht unter Berufung auf einen angenommenen Gesetzeszweck überschritten werden dürfen, um den Kreis der begünstigten Gesellschaften zu erweitern (BFH-Urteil I 60/64, a. a. O.), aber auch nicht, um ihn einzuschränken. Abschnitt 45 b Abs. 2 Satz 4 KStR 1958 ist daher mit dem Gesetz nicht vereinbar.
Fundstellen
Haufe-Index 424115 |
BStBl III 1967, 32 |
BFHE 1967, 78 |
BFHE 87, 78 |
BB 1967, 23 |
DStR 1967, 103 |