Entscheidungsstichwort (Thema)
Zurechnung von Vermietungseinkünften
Leitsatz (NV)
Für die Zurechnung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ist nicht die steuerrechtliche Zurechnung des vermieteten Gegenstandes, sondern allein maßgebend, wer den Tatbestand der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung verwirklicht.
Normenkette
EStG § 21 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist schweizerischer Staatsangehöriger. Er lebt in der Schweiz.
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 28. August 1977 erwarb der Kläger von dem Beigeladenen, einem inländischen Architekten, zunächst ein mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück in A. Der Beigeladene hatte dieses von ihm und seiner Familie selbstgenutzte Grundstück im Jahre 1971 erworben. Der Kläger schloß mit dem Beigeladenen einen Mietvertrag, wonach die Nutzung des Einfamilienhausgrundstücks ab 1. Januar 1978 weiterhin dem Beigeladenen zustand. Durch bestandskräftigen Einheitswertbescheid vom 27. Oktober 1977 wurde das Grundstück dem Kläger auf den 1. Januar 1978 zugerechnet. Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 24. Januar 1985 verkaufte der Beigeladene das Einfamilienhausgrundstück unter Bezugnahme auf eine ihm vom Kläger am 28. August 1977 erteilte, notariell beurkundete (General-)Vollmacht in dessen Namen an ein Ehepaar in A.
Ferner erwarb der Kläger mit notariell beurkundetem Vertrag vom 28. August 1977 von dem Beigeladenen ein unbebautes Grundstück in B. Dieses Grundstück hatte der Beigeladene im April 1977 erworben. Mit ebenfalls bestandskräftigem Bescheid vom 27. Juni 1978 wurde das Grundstück zum 1. Januar 1978 dem Kläger zugerechnet. Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 8. Juni 1979 verkaufte der Beigeladene dieses Grundstück ebenfalls im Namen des Klägers an einen Dritten.
Da für den Kläger von seinem damaligen Bevollmächtigten trotz wiederholter Aufforderung keine Steuererklärungen abgegeben wurden, erließ der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) im Jahre 1981 Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1977 bis 1980 aufgrund geschätzter Besteuerungsgrundlagen. Das FA berücksichtigte neben Einkünften aus Vermietung und Verpachtung im Jahre 1979 sonstige Einkünfte in Höhe von 850000 DM. Die hiergegen gerichteten, jedoch nicht erläuterten Einsprüche wies das FA als unbegründet zurück.
Während des Klageverfahrens hat der damalige Bevollmächtigte des Klägers im Oktober 1982 Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1977 bis 1980 eingereicht. Darin wurden Mieterträge aus dem Einfamilienhaus in A in Höhe von . . . DM erklärt; nach Abzug von Werbungskosten verblieben Überschüsse von . . . DM. Das FA ließ bei den geänderten Einkommensteuerbescheiden vom 15. Juni 1983 für die Jahre 1978 bis 1980 einen Teil der geltend gemachten Werbungskosten unberücksichtigt und setzte die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung entsprechend an.
Nach dem Wechsel seines Prozeßbevollmächtigten im Jahre 1984 hat der Kläger beantragt, die geänderten Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1977 bis 1980 gemäß § 68 FGO zum Gegenstand des Verfahrens zu machen und - erstmals - geltend gemacht, die beiden Grundstücke seien ihm bei der Veranlagung nicht zuzurechnen, da er diese Grundstücke lediglich als Treuhänder für den Beigeladenen erworben habe. Der Beigeladene habe mittels der treuhänderischen Übertragung der Grundstücke die wirtschaftlichen Verhältnisse seiner Familie sichern wollen, nachdem er durch Verschulden seiner früheren Steuerberaterin in ernste Liquiditätsschwierigkeiten geraten sei. Zahlungen seien aufgrund der Grundstückskaufverträge nur insoweit geleistet worden, als dies zur Ablösung von Grundpfandrechten erforderlich gewesen sei; die betreffenden Beträge habe der Beigeladene in bar auf die jeweiligen Notar-Anderkonten gezahlt. Alle Erwerbsnebenkosten habe der Beigeladene beglichen. Auch in bezug auf die Nutzung und Lastentragung hinsichtlich der beiden Grundstücke habe sich keine Änderung ergeben. Insbesondere habe der Beigeladene weiter das Einfamilienhaus mit seiner Familie bis zu dem Wegzug und Verkauf genutzt. Der Kläger habe von dem Beigeladenen keine Zahlungen erhalten. Aufgrund der wirtschaftlich begründeten Geheimhaltungspflicht habe der Beigeladene die betreffenden Grundstücke in seinen Steuererklärungen ab 1977 nicht als sein Eigentum bezeichnet und auch keine entsprechenden Einkünfte erklärt. Erst nach der Entziehung des Mandats habe er, der Kläger, festgestellt, daß das Treuhandverhältnis von seinem früheren steuerlichen Berater dem FA nicht angezeigt worden sei. Der ursprünglich mündlich geschlossene Treuhandvertrag sei inzwischen unter dem 15. Juni/3. Juli 1984 auch schriftlich niedergelegt worden.
Nach der Offenlegung des Treuhandverhältnises habe der Beigeladene in den nach diesem Zeitpunkt abgegebenen Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1982 bis 1985 auch den Nutzungswert des selbstgenutzten Einfamilienhauses in A als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erklärt.
Für den Fall, daß das Finanzgericht (FG) das Treuhandverhältnis nicht anerkenne, hat der Kläger hilfsweise für die Streitjahre 1978 bis 1980 zusätzlich bisher nicht berücksichtigte Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung des Hausgrundstücks in A geltend gemacht.
Das FG hat mit seiner in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1988, 369 veröffentlichten Entscheidung lediglich für die Jahre 1978 bis 1980 - vom FA während des Klageverfahrens anerkannte - weitere Werbungskosten in Höhe von jeweils 931 DM berücksichtigt und im übrigen die Klage abgewiesen.
Mit der - vom FG zugelassenen - Revision rügt der Kläger im wesentlichen Verletzung des § 21 EStG sowie der §§ 39, 181 Abs. 5 AO 1977.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr.2 FGO).
Die angefochtene Entscheidung verletzt § 49 Abs. 1 Nr.6 i.V.m. § 21 Abs. 1 Nr.1 EStG, indem sie dem Kläger aufgrund der bestandskräftigen Einheitswertbescheide die Einkünfte aus dem Einfamilienhaus in den Streitjahren zurechnet.
Entgegen der Auffassung des FG ist für die Zurechnung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nicht maßgebend, wem das zur Leistungserbringung verwendete Wirtschaftsgut zuzurechnen ist. Für die Zurechnung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung kommt es nämlich nicht entscheidend darauf an, ob der Steuerpflichtige rechtlicher oder wirtschaftlicher Eigentümer des Mietobjektes ist (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 26. Oktober 1971 VIII R 137/70, BFHE 104, 67, BStBl II 1972, 215; Raupach/ Schenking in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 2 EStG Anm.142; Schmidt/Drenseck, Einkommensteuergesetz, 11.Aufl., § 21 Anm.1b). Nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung ist vielmehr maßgebend, wer den Tatbestand der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung verwirklicht (BFH-Urteil vom 13. Mai 1980 VIII R 63/79, BFHE 131, 212, BStBl II 1981, 295). Diesen Tatbestand verwirklicht derjenige, der die rechtliche oder tatsächliche Macht hat, eines der in § 21 Abs. 1 EStG genannten Wirtschaftsgüter anderen entgeltlich auf Zeit zur Nutzung zu überlassen. Er muß Träger der Rechte und Pflichten aus einem Mietvertrag sein (Senatsurteil vom 31. Oktober 1989 IX R 216/84, BFHE 159, 319, BStBl II 1992, 506, m.w.N.).
Da das FG von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen ist, war die Vorentscheidung aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG hat insbesondere nicht untersucht, ob der - vom Kläger in einem Grunderwerbsteuerverfahren vorgelegte - Mietvertrag zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen tatsächlich durchgeführt oder das Einfamilienhaus - wie vom Kläger geltend gemacht - auch nach seiner Übertragung auf den Kläger im Jahre 1977 von dem Beigeladenen und seiner Familie unverändert weiterhin unentgeltlich genutzt worden ist. Die insoweit notwendigen Feststellungen wird das FG im zweiten Rechtsgang nachzuholen haben.
Fundstellen
Haufe-Index 418770 |
BFH/NV 1993, 227 |