Leitsatz (amtlich)
Erteilt eine Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer eine Pensionszusage, die die Witwenrenten zugunsten der geschiedenen und der jetzigen Ehefrau einschließt, so ist die Zusage einer Witwenrente zugunsten der geschiedenen Ehefrau im allgemeinen eine verdeckte Gewinnausschüttung.
Normenkette
KStG § 6 Abs. 1 S. 2
Tatbestand
Am Stammkapital der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), einer GmbH, waren im Streitjahr 1964 der Geschäftsführer B mit 95 v. H. und sein Sohn mit 5 v. H. beteiligt. Die Klägerin hatte ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer B im Jahre 1956 eine Versorgungszusage erteilt, die auch eine Witwenpension einschloß. Im Jahre 1961 wurde B von seiner Ehefrau geschieden. Er übernahm durch Vertrag vom 25. Januar 1961 die Verpflichtung, seiner geschiedenen Ehefrau eine Unterhaltsrente von monatlich 700 DM zu zahlen und eine Rentenversicherung abzuschließen, aus der die geschiedene Ehefrau im Falle des Todes des B monatlich 400 DM erhalten sollte.
Im Jahre 1963 heiratete B wieder. Aus diesem Anlaß erteilte ihm die Klägerin am 13. November 1963 eine neue Versorgungszusage, nach der für die geschiedene und für die jetzige Ehefrau eine monatliche Pension von je 1 325 DM festgesetzt wurde. Daraufhin änderten B und seine geschiedene Ehefrau die Unterhaltsvereinbarung vom 25. Januar 1961 dahin, daß während des Bestehens der Versorgungszusage der Klägerin die aus dem Nachlaß zu zahlende Unterhaltsrente von monatlich 700 DM ruhen sollte.
Die Klägerin bildete Pensionsrückstellungen für die Versorgungszusage an beide Ehefrauen.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) erkannte nur die Rückstellung für die Pensionszusage zugunsten der jetzigen Ehefrau an.
Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.
Das FG hat ausgeführt, der Versorgungsanspruch der geschiedenen Ehefrau des Gesellschafter-Geschäftsführers B sei durch die Scheidung untergegangen und durch die Zusage im Jahre 1963 neu begründet worden. Eine Versorgungszusage zugunsten der geschiedenen Ehefrau sei im Wirtschaftsleben unüblich und wäre unter gleichen Umständen bei der erforderlichen Sorgfalt einem Nichtgesellschafter nicht gewährt worden.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin, mit der Verletzung des § 6 Abs. 1 Satz 2 KStG gerügt wird. Die Klägerin meint, auf die Üblichkeit oder Unüblichkeit der Versorgungszusage komme es nicht an. Entscheidend sei, daß die Gesamtbezüge des Gesellschafter-Geschäftsführers B die Grenze der Angemessenheit nicht überschritten hätten.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und unter Änderung des geänderten Körperschaftsteuerbescheids 1964 und der Einspruchsentscheidung die Körperschaftsteuer 1964 auf 189 592 DM herabzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. In der Versorgungszusage der Klägerin zugunsten der geschiedenen Ehefrau des Gesellschafter-Geschäftsführers B und der dafür gebildeten Pensionsrückstellung liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung (§ 6 Abs. 1 Satz 2 KStG).
Auch einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer, wie es im Streitfall B war, kann eine Witwenrente zugesagt werden, mit der Folge, daß eine dafür gebildete Pensionsrückstellung steuerrechtlich anzuerkennen ist (§ 6 a EStG, § 6 Abs. 1 Satz 1 KStG; Urteile des BFH vom 13. Dezember 1961 I 1, 2/61 U, BFHE 74, 364, BStBl III 1962, 138, und vom 15. Dezember 1965 I 193/62 S, BFHE 84, 557, BStBl III 1966, 202). Die Anwartschaft auf Witwenrente erlischt jedoch, wenn die Ehe geschieden wird (Heissmann, Die betrieblichen Ruhegeldverpflichtungen, 6. Aufl., 124 f.).
Pensionszusagen zugunsten der geschiedenen und - nach Wiederverheiratung - zugunsten der jetzigen Ehefrau des Geschäftsführers sind, wie das FG zutreffend ausgeführt hat, nicht üblich. Zu Unrecht bemängelt die Klägerin, daß das FG aus der Unüblichkeit der Pensionszusage geschlossen hat, es liege eine verdeckte Gewinnausschüttung vor. Eine verdeckte Gewinnausschüttung setzt allgemein voraus, daß eine Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters unter sonst gleichen Umständen einem Nichtgesellschafter nicht gewähren würde. Bei der Prüfung dieser Frage ist die Üblichkeit oder Unüblichkeit der Leistung der Kapitalgesellschaft ein beachtliches Merkmal. Das gilt auch auf dem Gebiet der Versorgungszusagen. So hat der Senat entschieden, daß die Gewährung einer im Vertrag nicht vorgesehenen Waisenrente im Rahmen der allgemeinen Entwicklung des sozialen Gedankens liegt, dem sich auch ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter nicht verschließen wird (BFH-Urteil vom 20. März 1974 I R 197/72, BFHE 112, 153, BStBl II 1974, 430).
Hinzu kommt, daß die Erteilung einer Pensionszusage zugunsten beider Ehefrauen im Fall der Scheidung mit gutem Grund nicht üblich ist. In der Zusage einer Witwenrente liegt ohnehin ein verhältnismäßig großes Risiko, insbesondere, wenn die Ehefrau wesentlich jünger ist als ihr Mann (Heissmann, a. a. O., 513). Es ist verständlich, daß die Unternehmer dieses Risiko einem Arbeitnehmer gegenüber nicht mehrfach übernehmen wollen. Verständlich wäre es auch, wenn die Unternehmer die rechtlichen Beziehungen, die durch die Zusage und spätere Zahlung einer Witwenrente entstehen und die auch einen persönlichen Einschlag haben, nur zu der Frau herstellen wollen, die im Zeitpunkt des Todes des Arbeitnehmers dessen Ehefrau war.
Der Senat vertritt daher mit dem FG die Auffassung, daß im Streitfall ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter die Pensionszusage zugunsten der geschiedenen Ehefrau des Gesellschafter-Geschäftsführers B einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte. Damit sind die Voraussetzungen einer verdeckten Gewinnausschüttung erfüllt, ohne daß es darauf ankäme, ob die Gesamtbezüge des Gesellschafter-Geschäftsführers B auch unter Einbeziehung dieser Versorgungszusage der Höhe nach noch angemessen waren.
Das BFH-Urteil vom 21. Februar 1974 I R 160/71 (BFHE 111, 506, BStBl II 1974, 363) steht dieser Auffassung nicht entgegen. Wenn dieses Urteil ein Versorgungsversprechen den Barbezügen gleichstellt, so gilt dies nur für Pensionsversprechen, die ihrer Art nach üblich sind. Außerdem kann eine andere rechtliche Beurteilung gerechtfertigt sein, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer - wie im Fall des BFH-Urteils I R 160/71 - die Pensionszusage anstelle laufender Bezüge erhält.
Fundstellen
Haufe-Index 72293 |
BStBl II 1977, 444 |
BFHE 1977, 343 |