Entscheidungsstichwort (Thema)

Erbbaurechtsbestellung anläßlich der Aufteilung von Aufgaben zwischen öffentlich-rechtlichen Körperschaften

 

Leitsatz (NV)

Vereinbaren mehrere öffentlich-rechtliche und Krankenhäuser betreibende Körperschaften aus Rationalisierungsgründen, daß jede Körperschaft nur Kliniken einer bestimmten medizinischen Fachrichtung betreibt, so geschieht eine dadurch bedingte Erbbaurechtsbestellung nicht ,,aus Anlaß des Übergangs von Aufgaben" zwischen Körperschaften des öffentlichen Rechts.

 

Normenkette

GrEStG 1983 § 4 Nr. 1

 

Tatbestand

Durch notariell beurkundeten Vertrag vom 28. November 1984 bestellte die Anstalt X, eine öffentlich-rechtliche Körperschaft, der Klägerin ein Erbbaurecht an einem Grundstück.

In dem Vertrag heißt es u. a., die Klägerin werde auf dem Grundstück eine Frauen- und Kinderklinik sowie eine Pathologie errichten (§ 2). Anschließend werde sie die auf dem Gelände vorhandene Frauenklinik der Anstalt abreißen lassen (§ 5).

Anlaß des vorgenannten Erbbaurechtsvertrages war ein sog. Kooperationsvertrag, an welchem die Klägerin als Trägerin der Städtischen Krankenanstalten, die Anstalt und die Genossenschaft Y als Träger des Z-Hospitals beteiligt waren. Danach sollte die Klägerin eine Frauen- und Kinderklinik errichten und auf die vorhandenen Fachabteilungen Chirurgie, Innere Medizin und Organfächer verzichten. Die Anstalt sollte ihrerseits die vorhandenen Fachabteilungen Gynäkologie und Geburtshilfe aufgeben. Die Genossenschaft sollte die Kinderheilkunde aufgeben. Zweck des Vertrages war es, ,,im Interesse einer optimalen medizinischen Versorgung der Bevölkerung und im Interesse einer Minimierung der Investitions- und Benutzungskosten ihre (der Vertragspartner) zukünftige Entwicklungsplanung aufeinander abzustimmen und in Einzelbereichen technischer Dienstleistungen eine Zusammenarbeit anzustreben, ohne daß dadurch die Selbständigkeit der Krankenhäuser im Kern eingeschränkt werden soll" (Präambel des Vertrages). Deshalb wurden in § 4 Abs. 2 des Vertrages die medizinischen Fachdisziplinen auf die Vertragspartner (nach der Bettenzahl) aufgeteilt.

Das beklagte Finanzamt (FA) setzte wegen der Bestellung des Erbbaurechts gegen die Klägerin fest.

Mit ihrem Einspruch begehrte die Klägerin vergeblich Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) 1983.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab.

Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt die Klägerin fehlerhafte Nichtanwendung des § 4 Nr. 1 GrEStG 1983.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

Nach Ansicht des FG ist der Erwerb des Erbbaurechtes nicht nach § 4 Nr. 1 GrEStG 1983 steuerfrei. Diese Entscheidung läßt keinen Rechtsverstoß erkennen.

Die genannte Vorschrift begünstigt den Grundstückserwerb zwischen öffentlich-rechtlichen Körperschaften aus Anlaß des Überganges von Aufgaben. Nach ihrem aus dem Wortlaut ersichtlichen Sinn und Zweck soll sie den Wechsel des Trägers einer (öffentlichen) Aufgabe von Grunderwerbsteuer freihalten, sofern mit diesem Trägerwechsel auch ein (rechtsgeschäftlicher oder gesetzlicher) Übergang des Eigentums an Grundstücken verbunden ist. In diesem Sinne hat sich auch schon der Reichsfinanzhof (RFH) zu § 21 Abs. 2 GrEStG i. d. F. vom 11. März 1927 geäußert (Urteil vom 14. Januar 1930 II A 658/29, Mrozek-Kartei, Rechtsspruch 9 zu § 21 Abs. 2 GrEStG). Gegenüber dieser Vorschrift enthält die Nr. 1 des § 4 GrEStG 1983 keine sachliche Änderung. Sie soll das bis dahin geltende Recht des § 4 Abs. 1 Nr. 5 GrEStG 1940 fortsetzen (vgl. die Begründung zum Bundesratsentwurf der GrEStG 1980 unter B zu § 4 Nr. 1. BTDrucks 9/251), und diese genannte Vorschrift hatte ihrerseits ohne sachliche Änderung § 21 Abs. 2 GrEStG 1927 ersetzt (vgl. die Begründung zu § 4 GrEStG 1940, RStBl I 1940, 387 f.).

Im vorliegenden Fall sind nicht öffentliche Aufgaben von einem Rechtsträger auf einen anderen übergegangen. Die Partner des Kooperationsvertrages hatten vielmehr nach wie vor dieselben Aufgaben. Sie haben lediglich ihre Tätigkeiten aufeinander abgestimmt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 416446

BFH/NV 1990, 263

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