Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Der VI. Senat tritt dem Urteil des IV. Senats IV 149/62 S vom 27. Mai 1964 (BStBl 1964 III S. 477) darin bei, daß Geldzahlungen, die an eine Gemeinde zur Ablösung der Verpflichtung zum Bau von Einstellplätzen für Kraftfahrzeuge nach der Reichsgaragenordnung geleistet werden, zu den Herstellungskosten des Gebäudes gehören und deshalb bei Betriebsgebäuden im Rahmen des § 7 EStG bei der AfA zu berücksichtigen sind.
Normenkette
EStG § 6 Ziff. 1, § 7
Tatbestand
Die Steuerpflichtige, eine OHG hat im Jahre 1957 einen Geschäftshausneubau auf einem Grundstück errichtet, das einem ihrer beiden Gesellschafter gehört. Die Baubehörde machte dabei die Auflage, nach § 2 Abs. 1 und Abs. 2 der Reichsgaragenordnung vom 17. Februar 1939 (in der Fassung des Erlasses vom 13. September 1944, RGBl I S. 219) zehn Einstellplätze für Kraftfahrzeuge zu schaffen. Von dieser Verpflichtung hat die Steuerpflichtige sich dadurch befreit, daß sie sich gegenüber der Stadtgemeinde bereit erklärte, 30 000 DM in fünf Jahresraten ab 1. April 1957 zu entrichten, die von der Stadt als Beitrag zum Aufwand für die Herstellung von öffentlichen Parkplätzen oder sonstigen Abstellmöglichkeiten für Kraftfahrzeuge verwendet werden sollten, an denen die Steuerpflichtige einen Rechtsanspruch auf Sondernutzung nicht erlangte. Die Steuerpflichtige zahlte im Jahre 1957 vertragsgemäß 6 000 DM und passivierte die restlichen 24 000 DM in ihrem Jahresabschluss für 1957. Sie rechnete den Gesamtbetrag von 30 000 DM zu den Herstellungskosten des Gebäudes und legte ihn damit auch der mit 1 v. H. berechneten Absetzung für Abnutzung (AfA) des Gebäudes zugrunde. Das Finanzamt lehnte Abschreibungen auf diesen Betrag ab. Der Einspruch dagegen wurde als unbegründet zurückgewiesen.
Die Berufung der Steuerpflichtigen hatte Erfolg. Das Finanzgericht führte aus: Ob Dispensverträge zur Befreiung der nach der Reichsgaragenordnung bestehenden Verpflichtung zum Bau von Einstellplätzen für Kraftwagen rechtlich statthaft seien, könne für die steuerliche Beurteilung dahingestellt bleiben. Denn bei der Besteuerung komme es in der Regel nur auf die Tatsachen selbst an. Da die Steuerpflichtige und die Stadt sich an die Vereinbarung gehalten hätten, sei diese auch für die Besteuerung zugrunde zu legen. Die Erklärung der Stadt, die früher geschlossenen Dispensverträge seien inzwischen zum größten Teil in Sicherheitsleistungsverträge umgewandelt worden und die noch nicht ausdrücklich umgewandelten Verträge würden von ihr als Sicherheitsleistungsverträge behandelt, sei für die Besteuerung ohne Bedeutung; denn im Streitfall sei eine solche Umwandlung, die allenfalls vom Zeitpunkt des Vollzugs ab beachtet werden könne, nicht erfolgt. Die Ablösung der Verpflichtung zur Errichtung von Einstellplätzen sei für den Grundstückseigentümer ein Vorteil, der ihm regelmäßig für die ganze Dauer der Nutzung des Gebäudes erhalten bleibe. Dieser Vorteil sei mit dem Gebäude so eng verbunden, daß er kein selbständig bewertungsfähiges Wirtschaftsgut sei. Da die Verpflichtung zur Schaffung der Einstellplätze erst mit den entsprechenden Baumaßnahmen entstehe, hafte der durch die Ablösungszahlung entstehende wirtschaftliche Vorteil nicht am Grundstück, sondern stehe in so enger Beziehung zum Gebäude, daß er zu dessen Herstellungskosten zu rechnen sei. Der vereinbarte Ablösungsbetrag von 30 000 DM gehöre daher zu den Herstellungskosten des Betriebsgebäudes, für das unstreitig eine AfA von 1 v. H. in Betracht komme. Bei der Aufteilung des Gewinns auf die beiden Gesellschafter sei diese AfA ausschließlich bei dem Gesellschafter zu berücksichtigen, dem das Grundstück gehöre.
Der Vorsteher des Finanzamts rügt unrichtige Anwendung des geltenden Rechts. Er führt aus, eine AfA setze einen Wertverzehr voraus. Wenn ein Steuerpflichtiger eine Aufwendung für die Herstellung eines Wirtschaftsguts mache, bei dem ein Wertverzehr nicht eintrete, könne der Steuerpflichtige auch keine AfA geltend machen. Das treffe für die Ablösungszahlung zu. Sie teile nicht das Schicksal des Gebäudes. Entgegen der Annahme des Finanzgerichts ergebe sich aus den Erklärungen der Stadt, daß im Falle der Zerstörung des Gebäudes bei einem späteren Wiederaufbau eine nochmalige Zahlung des Ablösungsbetrags nicht in Betracht komme. Ob die Zahlung auf Grund von Dispens- oder von Sicherungsverträgen erfolge, sei dabei ohne Bedeutung. Der Ablösungsbetrag sei dem Wert des Grund und Bodens zuzurechnen, da durch seine Aufwendung das Grundstück als solches von einer Last befreit und in seinem Wert erheblich gesteigert werde. Damit entfalle die Möglichkeit, den Ablösungsbetrag im Rahmen der Herstellungskosten abzuschreiben.
Entscheidungsgründe
Die Rb. gegen die in den "Entscheidungen der Finanzgerichte" 1963 S. 299 veröffentlichte Entscheidung des Finanzgerichts ist nicht begründet.
Der IV. Senat des Bundesfinanzhofs hat in dem Grundsatzurteil IV 149/62 S vom 27. Mai 1964 (BStBl 1964 III S. 477) entschieden, daß Beträge, die Steuerpflichtige zur Ablösung der Verpflichtung zum Bau von Einstellplätzen nach der Reichsgaragenordnung an eine Gemeinde bezahlen, zu den Herstellungskosten des Gebäudes gehören, da der Grundstückseigentümer durch diese Zahlung sein Grundstück besser für sich ausnutzen kann und deshalb ein enger wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen dem Ablösungsbetrag und der Errichtung des Hauses besteht. Der VI. Senat schließt sich dieser Beurteilung an.
Da im Streitfall die Beteiligten den Ablösungsvertrag als gültig behandeln und danach verfahren sind und es hierauf bei der Besteuerung in erster Linie ankommt, braucht zur rechtlichen Gültigkeit des Vertrags nicht Stellung genommen zu werden. Die zivilrechtliche Frage, wie es bei einem Wiederaufbau nach einer Zerstörung des Hauses später wäre, kann gleichfalls offenbleiben, da hieraus für die steuerliche Beurteilung im gegenwärtigen Streitjahr keine zwingenden Folgerungen gezogen werden können, wie dies bereits in dem Urteil IV 149/62 S (a. a. O.) zutreffend ausgeführt wurde.
Die angefochtene Entscheidung hat den Ablösungsbetrag zutreffend zu den Herstellungskosten gerechnet und ihn entsprechend bei der Bemessung der AfA berücksichtigt. Da diese Beurteilung dem geltenden Recht entspricht, ist die Rb. als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 411366 |
BStBl III 1965, 10 |
BFHE 1965, 28 |
BFHE 81, 28 |
BB 1965, 939 |
DB 1964, 1797 |