Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein (begünstigungsfähiger) Erwerb zwischen den Miteigentümern, wenn diese ein ihnen nach Bruchteilen gehörendes Grundstück in eine GbR einbringen, an der sie im selben Verhältnis vermögensmäßig beteiligt sind
Leitsatz (NV)
Bringen die Gesellschafter einer GbR ein ihnen als Miteigentümer gehörendes Grundstück in die GbR ein, so ist dieser Erwerb der GbR grunderwerbsteuerrechtlich den einzelnen einbringenden Miteigentümern insoweit anteilig zuzurechnen, als ihre vermögensmäßige Beteiligung an der GbR ihrem (zuvor bestehenden) Bruchteil am Grundstück entspricht. In dem Umfang, in dem danach grunderwerbsteuerrechtlich der Erwerb einem einbringenden Miteigentümer zuzurechnen ist, kann nicht zugleich ein (anteiliger) Erwerb eines anderen Miteigentümers vorliegen. Entsprechen die Anteile der am Vermögen der Gesamthandsgemeinschaft Beteiligten in vollem Umfang ihrem zuvor bestehenden Bruchteilen am Grundstück, so ist der gesamte Erwerb anteilig den einzelnen einbringenden Miteigentümern zuzurechnen. Ein nach § 3 Nr. 4 GrEStG 1983 begünstigungsfähiger Erwerb zwischen den Miteigentümern liegt nicht vor.
Normenkette
GrEStG 1983 § 3 Nr. 4, § 5 Abs. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Eheleute A waren je zur Hälfte Miteigentümer eines in Berlin belegenen Grundstücks. Sie gründeten die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), ―eine GbR― an der sie vermögensmäßig je zur Hälfte beteiligt waren. Durch notariell beurkundeten Vertrag veräußerten die Eheleute das Grundstück an die Klägerin. Das Grundstück sollte mit einem kalkulierten Gesamtaufwand bebaut werden, wovon ein Teil durch Gesellschaftereinlagen finanziert werden sollte. Die Gründungsgesellschafter beabsichtigten, weitere Gesellschafter aufzunehmen. Der Beitritt der Neugesellschafter erfolgte in der Zeit vom Dezember 1985 bis April 1987.
Für die Übertragung des Grundstücks auf die Klägerin setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) Grunderwerbsteuer fest. Dabei berücksichtigte das FA wegen einer verbliebenen Beteiligung von 1,28 v.H. des Gründungsgesellschafters A an der Klägerin eine diesem Anteil entsprechende Steuervergünstigung nach § 5 Abs. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) 1983. Eine darüber hinausgehende Steuervergünstigung nach § 5 Abs. 1 GrEStG 1983 lehnte das FA wegen des nach der Grundstücksübertragung erfolgten Beitritts weiterer Gesellschafter und der damit verbundenen Absenkung der vermögensmäßigen Beteiligung der Gründungsgesellschafter bzw. deren vollständigen Ausscheidens aus der Gesellschaft ab.
Mit der Klage wurde vollständige Grunderwerbsteuerfreiheit der Grundstücksübertragung auf die Klägerin geltend gemacht. Zur Begründung berief sich die Klägerin auf § 3 Nr. 4 GrEStG 1983.
Das Finanzgericht (FG) hat mit seiner in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2001, 92 veröffentlichten Entscheidung die Klage als unbegründet abgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie Verletzung von § 3 Nr. 4 GrEStG 1983 geltend macht. Entgegen der Auffassung des FG liege ein Erwerb zwischen Ehegatten vor.
Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung sowie den Grunderwerbsteuerbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Zutreffend hat das FG die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Grunderwerbsteuerbescheids bestätigt.
1. Die Verpflichtung zur Übertragung des Grundstücks von den bisherigen Miteigentümern auf die (zunächst) aus diesen bestehende GbR ―die Klägerin― unterliegt nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG 1983 der Grunderwerbsteuer. Zutreffend hat das FG angenommen, dass für diesen Erwerbsvorgang keine weitere als die vom FA bereits berücksichtigte Steuervergünstigung nach § 5 Abs. 1 GrEStG 1983 zu gewähren ist. Nach dieser Vorschrift ist für den Übergang eines Grundstücks von mehreren Miteigentümern auf eine Gesamthand (Gemeinschaft zur gesamten Hand) die Steuer nicht zu erheben, soweit der Anteil des einzelnen am Vermögen der Gesamthand Beteiligten seinem Bruchteil am Grundstück entspricht. Zwar waren die grundstücksübertragenden Eheleute zuvor als Miteigentümer je zur Hälfte am Grundstück beteiligt und zunächst auch vermögensmäßig je zur Hälfte an der erwerbenden Gesamthandsgemeinschaft (Klägerin). Gleichwohl liegen die Voraussetzungen für eine Steuervergünstigung nach dieser Vorschrift nicht vor. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Senats, dass die Steuervergünstigung nach § 5 Abs. 1 GrEStG 1983 trotz (formaler) Beteiligung der Grundstücksveräußerer am Vermögen der Gesamthand im Einbringungszeitpunkt u.a. dann nicht vorliegt, wenn und soweit die Einbringenden entsprechend einer bereits zum Einbringungszeitpunkt zwischen den an der Gesamthand Beteiligten getroffenen Absprache in sachlichem und zeitlichem Zusammenhang mit der Grundstücksübertragung auf die Gesamthand ihre Gesellschafterstellung auf einen anderen übertragen bzw. sich durch eine Neuaufnahme von Gesellschaftern ihre vermögensmäßigen Beteiligungen verringern (vgl. statt vieler Urteil des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 30. Oktober 1996 II R 72/94, BFHE 181, 344, BStBl II 1997, 87, m.w.N., sowie Beschluss vom 4. August 1999 II B 3/99, BFHE 189, 547, BStBl II 1999, 834). Diese tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für die Versagung der Steuervergünstigung sind vom FG im Streitfall festgestellt.
2. Auch eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 4 GrEStG 1983 kommt nicht in Betracht. Eine Begünstigung des Erwerbs der Klägerin nach dieser Vorschrift scheitert bereits daran, dass ―wovon FG und FA rechtlich zutreffend ausgehen― keine Erwerbe zwischen Ehegatten vorliegen.
Grundstückserwerber im Streitfall ist die GbR (Klägerin). Dies folgt aus der grunderwerbsteuerrechtlichen Selbständigkeit dieser Gesamthandsgemeinschaft. Begünstigungsfähige Erwerbe zwischen Ehegatten könnten daher im Streitfall nur dann vorliegen, wenn die Einbringung durch einen bisherigen Miteigentümer in die GbR jeweils dem anderen ―gleichsam "über Kreuz"― (ganz oder teilweise) quotal zuzurechnen wäre. Dies ist jedoch, wie sich aus § 5 Abs. 1 GrEStG 1983 ergibt, nicht der Fall.
Nach der genannten Vorschrift unterbleibt trotz des Rechtsträgerwechsels eine Besteuerung insoweit, als sich die uneingeschränkte Berechtigung des bisherigen (Mit-)Eigentümers am Grundstück in Höhe seines Anteils am Gesellschaftsvermögen fortsetzt (BFH-Urteil vom 16. Januar 1991 II R 78/88, BFHE 163, 249, 251, BStBl II 1991, 374, m.w.N.). Da grunderwerbsteuerrechtlich danach der Grundstückserwerb durch die Gesamthandsgemeinschaft anteilig dem einzelnen der übertragenden Miteigentümer zuzurechnen ist, sich also sein Miteigentum in ein solches zur gesamten Hand "umgewandelt" hat, kann in diesem Umfang nicht zugleich ein (anteiliger) Erwerb eines anderen Miteigentümers und Gesamthänders vorliegen, und zwar auch dann nicht, wenn die Steuervergünstigung ―wie im Streitfall― aus anderen Gründen im Ergebnis nicht zu gewähren ist.
Im Streitfall entsprechen die Anteile der beiden am Vermögen der Gesamthandsgemeinschaft (Klägerin) Beteiligten in vollem Umfang ihren ihnen zuvor zustehenden Bruchteilen an dem Grundstück. Ihre bisherige hälftige dingliche Mitberechtigung am Grundstück als Miteigentümer setzt sich fort in der ihnen vermögensmäßig zuzurechnenden hälftigen Beteiligung am Gesamthandsvermögen. Ein Grundstückserwerb zwischen den grundstücksübertragenden (bisherigen) Miteigentümern untereinander hat nicht stattgefunden. Schon deswegen kann keine Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 4 GrEStG 1983 vorliegen.
Fundstellen
Haufe-Index 935202 |
BFH/NV 2003, 940 |
HFR 2003, 687 |