Entscheidungsstichwort (Thema)
Häusliches Arbeitszimmer eines Lehrers: Verfügbarkeit eines anderen Arbeitsplatzes
Leitsatz (NV)
Einem Schulleiter und Lehrer steht das Dienstzimmer in der Schule regelmäßig nur für die Verwaltungstätigkeit, nicht aber für die Lehrtätigkeit zur Verfügung (Anschluss an BFH-Urteil vom 9. Dezember 2003 VI R 150/01, zur Veröffentlichung bestimmt).
Normenkette
EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b S. 2, § 9 Abs. 5
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute und wurden im Streitjahr 1998 zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Der Kläger ist Leiter einer Grund- und Hauptschule mit etwa 600 Schülern; sein Unterrichtspensum beträgt 4 Stunden pro Woche. Daneben ist der Kläger geschäftsführender Schulleiter der Grund-, Haupt-, Real- und Sonderschulen (insgesamt über 40 Schulen) der Stadt X, Mitglied des Schulbeirats der Stadt X, der zentralen Planungsgruppe des Sozial- und Jugendamtes und der regionalen Planungsgruppe. Dem Kläger steht in der Schule ein Dienstzimmer zur Verfügung. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ―FA―) lehnte die Berücksichtigung von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer ab. Das Finanzgericht (FG) gab der hiergegen erhobenen Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2001, 1185 veröffentlichten Gründen statt.
Mit der Revision macht das FA geltend, das FG habe § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b Satz 2 Alternative 2 des Einkommensteuergesetzes unzutreffend ausgelegt. Hinsichtlich der Frage nach der objektiven Eignung des Arbeitsplatzes hätte das FG nicht auf die subjektiven Befindlichkeiten des Klägers abstellen dürfen. Des Weiteren hätte festgestellt werden müssen, in welchem Umfang überhaupt Arbeiten angefallen seien, die der Kläger nicht während der üblichen Arbeitszeiten in seinem Dienstzimmer habe verrichten können. Im Übrigen könne der Kläger als Schulleiter die Anzahl der ihn treffenden Störungen beeinflussen und sogar zeitweise gänzlich ausschließen.
Das FA beantragt, das vorinstanzliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA ist unbegründet (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).
Der Rechtsprechung des Senats zufolge ist grundsätzlich jeder Arbeitsplatz, der sich zur Erledigung büromäßiger Arbeiten eignet, ein "anderer Arbeitsplatz" im Sinne der Abzugsbeschränkung. Er steht allerdings nur dann "für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit … zur Verfügung", wenn ihn der Steuerpflichtige in dem konkret erforderlichen Umfang und in der konkret erforderlichen Art und Weise tatsächlich nutzen kann. Bereits aus dem Wortlaut der Bestimmung folgt, dass der andere Arbeitsplatz bei Steuerpflichtigen, die mehrere Tätigkeiten ausüben, für jede dieser Tätigkeiten zur Verfügung stehen muss. Darüber hinaus ist aber auch bei Steuerpflichtigen, die nur einer beruflichen Tätigkeit nachgehen, zu prüfen, ob der ―an sich vorhandene― andere Arbeitsplatz tatsächlich für alle Aufgabenbereiche der Erwerbstätigkeit genutzt werden kann. Wegen der diesbezüglichen Einzelheiten wird auf die Urteile des Senats vom 7. August 2003 VI R 162/00 (BFHE 203, 124, BFH/NV 2003, 1649), VI R 118/00 (BFHE 203, 122, BFH/NV 2003, 1648) und VI R 17/01 (BFHE 203, 130, BFH/NV 2003, 1651) Bezug genommen.
Einem Schulleiter und Lehrer steht das Dienstzimmer in der Schule regelmäßig nur für die Verwaltungstätigkeit, nicht aber für die Lehrtätigkeit zur Verfügung (BFH-Urteil vom 9. Dezember 2003 VI R 150/01, zur Veröffentlichung bestimmt). Schulverwaltung und Unterricht sind unterschiedliche Aufgabenbereiche einer Erwerbstätigkeit. Die Überlassung des Dienstzimmers durch den Dienstherrn knüpft an die übertragenen Verwaltungsaufgaben an.
Schon aus diesem Grund hat das FG die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer des Klägers (im Ergebnis) zutreffend in Höhe von 2 400 DM als Werbungskosten anerkannt.
Fundstellen
Haufe-Index 1140027 |
BFH/NV 2004, 943 |