Entscheidungsstichwort (Thema)
(Holzrücktätigkeit eines Landwirts als Gewerbebetrieb - Beurteilung einer teils landwirtschaftlichen und teils forstwirtschaftlichen Betätigung - landwirtschaftlicher und forstwirtschaftlicher Betrieb i.S. des § 24 UStG)
Leitsatz (amtlich)
Ein Landwirt, der unter Einsatz eigens dazu angeschaffter Anlagegüter (Forstspezialschlepper) als Holzrücker für Dritte tätig ist, unterhält von Anfang an einen von der Land- und Forstwirtschaft getrennten, selbständigen Gewerbebetrieb.
Orientierungssatz
1. Bei teils gewerblicher und teils landwirtschaftlicher Betätigung eines Steuerpflichtigen sind beide Betriebe selbst dann getrennt zu beurteilen, wenn eine zufällige, vorübergehende wirtschaftliche Verbindung zwischen ihnen besteht, die ohne Nachteil für diese Betriebe gelöst werden kann. Nur eine über dieses Maß hinausgehende wirtschaftliche Beziehung zwischen beiden Betrieben, eine planmäßig im Interesse des Hauptbetriebs gewollte Verbindung, kann eine einheitliche Beteiligung verschiedenartiger Betätigungen rechtfertigen. Sie führt zur Annahme eines einheitlichen landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Betriebs, wenn die Landwirtschaft und Forstwirtschaft dem Unternehmen das Gepräge verleiht und zur Annahme eines einheitlichen Gewerbebetriebs, wenn das Gewerbe im Vordergrund steht und die landwirtschaftliche und forstwirtschaftliche Betätigung nur die untergeordnete Bedeutung einer Hilfstätigkeit hat (vgl. BFH-Urteil vom 12.1.1989 V R 129/84; Literatur).
2. Die Frage, ob ein landwirtschaftlicher und forstwirtschaftlicher Betrieb i.S. des § 24 UStG vorliegt, ist nach den Grundsätzen zu entscheiden, die auch für die ertragsteuerliche Abgrenzung der Landwirtschaft und Forstwirtschaft vom Gewerbebetrieb maßgebend sind (vgl. BFH-Urteil vom 12.1.1989 V R 129/84).
Normenkette
EStG §§ 13, 15 Abs. 2; GewStDV § 1 Abs. 1; UStG 1980 § 24
Verfahrensgang
FG Rheinland-Pfalz (Entscheidung vom 12.09.1989; Aktenzeichen 2 K 136/87) |
Tatbestand
Der Kläger, Revisionskläger und Revisionsbeklagte (Kläger) bewirtschaftet einen landwirtschaftlichen Betrieb von 33,7 ha und ermittelt den Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft nach Durchschnittssätzen (§ 13a des Einkommensteuergesetzes --EStG--).
Neben seiner Tätigkeit als Landwirt war der Kläger für staatliche Forstämter, Verbands- und Ortsgemeindeverwaltungen als Holzrücker in der näheren Umgebung seines Hofes beschäftigt. Dazu setzte er zunächst einen der beiden Schlepper seines landwirtschaftlichen Betriebes ein, erwarb aber im Jahre 1978 für 151 200 DM einen Forstspezialschlepper mit Seilwinde und Zubehör, den er am 30.September 1983 unter vorübergehender Einstellung seiner Tätigkeit als Holzrücker veräußerte.
Nachdem die Einkünfte des Klägers aus der Tätigkeit als Holzrücker bis 1977 als gewerbliche Einkünfte erklärt und veranlagt worden waren, vertrat der Kläger im Jahre 1978 die Auffassung, daß das Holzrücken mit einem Umsatz von weniger als einem Drittel des Gesamtumsatzes als Nebentätigkeit des landwirtschaftlichen Betriebs (Abschn.134 Abs.6 Satz 2 der Einkommensteuer-Richtlinien 1978 --EStR 1978--) durch Ansatz des Grundbetrags nach § 13a Abs.3 bis 6 EStG abgegolten sei. Der Beklagte, Revisionsbeklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) verzichtete nach Überprüfung des Betriebs auf den Ansatz gewerblicher Einkünfte und der Kläger wurde fortan weder gewerbesteuerlich noch umsatzsteuerlich erfaßt.
Bei einer die Veranlagungszeiträume 1981 bis 1985 umfassenden Steuerfahndungsprüfung stellte das FA u.a. fest, daß der Kläger in den Streitjahren 1981 bis 1983 im Verhältnis zu seinen land- und forstwirtschaftlichen Umsätzen mindestens folgende Einnahmen aus der Tätigkeit als Holzrücker bezogen hatte:
Umsätze Landwirtschaft Holzrücken
1981 105 176 DM 49 518 DM
1982 106 587 DM 63 241 DM
1983 112 594 DM 76 243 DM.
Das FA, das eine Zuschätzung von jeweils 6 000 DM für die Streitjahre vornahm, vertrat die Auffassung, die Anschaffung des Forstspezialschleppers im Jahre 1978 habe zu einem Strukturwandel und damit dazu geführt, daß neben den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb ein selbständiger Gewerbebetrieb getreten sei. Auf dieser Grundlage ergingen die angefochtenen Einkommensteuer- und Umsatzsteuerbescheide.
Nach erfolglosem Einspruch (mit Ausnahme der Einkommensteuer 1981) gab das Finanzgericht (FG) der Klage teilweise mit der Begründung statt, die an sich gewerbliche Betätigung des Klägers sei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft zuzurechnen, weil die auf das Holzrücken entfallenden Umsätze nicht in drei aufeinanderfolgenden Jahren mehr als ein Drittel seiner Gesamtumsätze überschritten hätten (Abschn.134 Abs.4 und 6 EStR 1978); werde diese Grenze allein infolge griffweiser Zuschätzungen überschritten, so seien diese nicht zu beachten. Bei der Erfassung der Einkünfte aus Holzrücktätigkeit als Betriebsvorgänge i.S. des § 13a Abs.8 Nr.3 EStG sei der Freibetrag von 3 000 DM zu berücksichtigen. Im übrigen wurde die Klage abgewiesen, weil die Holzrücktätigkeit nicht der Besteuerung nach Durchschnittssätzen gemäß § 24 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) unterliege.
Gegen das Urteil des FG vom 12.September 1989 haben beide Beteiligte Revision eingelegt.
Das FA rügt mit seiner Revision Verletzung materiellen und formellen Rechts.
Das FA beantragt, die Vorentscheidung hinsichtlich der Einkommensteuer 1982 und 1983 aufzuheben und die Klage gegen die Einkommensteuerbescheide 1982 und 1983 abzuweisen. Im übrigen beantragt das FA, die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung hinsichtlich der Umsatzsteuer 1981 bis 1983 sowie die Umsatzsteuerbescheide 1981 bis 1983 in Gestalt des Einspruchsbescheides vom 9.Juni 1987 aufzuheben und die Revision des FA zurückzuweisen.
Der Kläger rügt mit seiner Revision Verletzung materiellen Rechts. Nach seiner Auffassung ist die Tätigkeit als Holzrücker auch umsatzsteuerlich im Rahmen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs erbracht worden. Dies sei eine notwendige Folge der einkommensteuerlichen Zuordnung dieser Tätigkeit zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs.2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs.3 Nr.1 FGO), soweit sie die Einkommensteuer 1982 und 1983 betrifft.
I. Die Revision des FA ist begründet. Die Tätigkeit des Klägers als Holzrücker war in den Streitjahren nicht den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft zuzurechnen. Der Kläger hat insoweit einen selbständigen Gewerbebetrieb unterhalten.
1. Zutreffend ist das FG davon ausgegangen, daß die Übernahme von Dienstleistungen, wie die Tätigkeit des Holzrückens für verschiedene öffentliche Auftraggeber, ihrer Natur nach gewerblich ist; es hat jedoch zu Unrecht eine gemischte Tätigkeit des Klägers angenommen.
a) Unstreitig erfüllt die Tätigkeit des Holzrückens als selbständige, nachhaltige und unter Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr mit Gewinnabsicht unternommene Betätigung die positiven Merkmale eines Gewerbebetriebs nach § 2 Abs.1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) i.V.m. § 1 Abs.1 der Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung (GewStDV) und § 15 Abs.2 EStG in den für die Streitjahre maßgebenden Fassungen.
b) Entgegen der Auffassung des Klägers ist diese Tätigkeit aber auch nicht als Ausübung der Land- und Forstwirtschaft anzusehen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist unter Land- und Forstwirtschaft die planmäßige Nutzung der natürlichen Kräfte des Bodens zur Erzeugung und Verwertung von lebenden Pflanzen und Tieren zu verstehen (vgl. Urteile vom 23.September 1988 III R 182/84, BFHE 154, 364, BStBl II 1989, 111 und vom 16.November 1978 IV R 191/74, BFHE 126, 220, BStBl II 1979, 246 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen unter 2 a). Darunter fällt mit der Erzeugung von Holz auch die Forstwirtschaft (§ 13 Abs.1 Nr.1 Satz 1 EStG), so daß alle dazu notwendigen Nebentätigkeiten, wie etwa auch das Holzrücken, dieser Einkunftsart zuzurechnen sind. Dies gilt indessen nicht, wenn eine solche Tätigkeit ohne Beziehung zum eigenen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb ausgeübt wird; denn die Tatsache, daß es sich bei der Tätigkeit des Holzrückens um eine typisch forstwirtschaftliche Betätigung handelt, reicht nicht aus, eine Beziehung zu einem reinen landwirtschaftlichen Betrieb herzustellen (BFH-Urteil vom 15.November 1956 IV 61/55 U, BFHE 64, 66, BStBl III 1957, 26).
c) Liegt danach eine teils gewerbliche und teils landwirtschaftliche Betätigung vor, so sind beide Betriebe selbst dann getrennt zu beurteilen, wenn eine zufällige, vorübergehende wirtschaftliche Verbindung zwischen ihnen besteht, die ohne Nachteil für diese Betriebe gelöst werden kann. Nur eine über dieses Maß hinausgehende wirtschaftliche Beziehung zwischen beiden Betrieben, eine planmäßig im Interesse des Hauptbetriebs gewollte Verbindung, kann eine einheitliche Beurteilung verschiedenartiger Betätigungen rechtfertigen. Sie führt zur Annahme eines einheitlichen land- und forstwirtschaftlichen Betriebs, wenn die Land- und Forstwirtschaft dem Unternehmen das Gepräge verleiht und zur Annahme eines einheitlichen Gewerbebetriebs, wenn das Gewerbe im Vordergrund steht und die land- und forstwirtschaftliche Betätigung nur die untergeordnete Bedeutung einer Hilfstätigkeit hat (vgl. zuletzt BFH-Urteil vom 12.Januar 1989 V R 129/84, BFHE 156, 281, BStBl II 1989, 432; Schmidt, Einkommensteuergesetz, 10.Aufl. 1991, § 15 Anm.24 mit zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen).
2. Im Streitfall folgt aus diesen Grundsätzen, daß der Kläger mit der Anschaffung eines Forstspezialschleppers im Jahre 1978 und dessen Einsatz zum Holzrücken in den Streitjahren einen eigenständigen Gewerbebetrieb unterhalten hat. Der Kläger übte beide Tätigkeiten unabhängig voneinander aus. Er konnte jede dieser Tätigkeiten einstellen, ohne daß dies den jeweils anderen Betrieb in irgendeiner Weise beeinträchtigt hätte.
Nach Auffassung des erkennenden Senats liegt ohne weiteres von Anfang an ein Gewerbebetrieb vor, wenn ein Landwirt Wirtschaftsgüter außerbetrieblich verwendet, die er eigens zu diesem Zweck angeschafft hat (Leingärtner/Zaisch, Die Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirtschaft, 2.Aufl. 1991, S.118 Rdnr.307). Diese Wirtschaftsgüter sind dann notwendiges Betriebsvermögen seines Gewerbebetriebs. Unter diesen Umständen stellt sich im Streitfall auch nicht die Frage einer Anwendung der Vereinfachungsregelung des Abschn.134 Abs.6 EStR 1981 (jetzt Abschn.135 Abs.6 EStR), die ersichtlich nur den Fall der außerbetrieblichen Verwendung von Wirtschaftsgütern des land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögens betrifft. Auch die Entscheidung der weiteren Frage, ob die Vereinfachungsregelung in Abschn.134 Abs.6 Satz 2 EStR 1981 der vom FG vorgeschlagenen Ergänzung bedarf, so daß erst ein Überschreiten der Eindrittel-Umsatzgrenze über einen Zeitraum von drei Jahren zur Annahme eines von der Land- und Forstwirtschaft gesonderten Dienstleistungs-Gewerbebetriebs führt, kann folglich dahinstehen.
Für den Streitfall ist es schließlich ohne Belang, ob mit der Anschaffung des Forstspezialschleppers ein neuer Gewerbebetrieb unter Einstellung des bis dahin betriebenen land- und forstwirtschaftlichen Nebenbetriebs eröffnet worden ist, oder ob der Gewerbebetrieb "Holzrücken" --wie das FA meint-- durch Strukturwandel aus der zuvor ausgeübten Nebentätigkeit hervorgegangen ist. Jedenfalls ist mit der Anschaffung dieses Wirtschaftsguts jede Verbindung mit dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb des Klägers verlorengegangen, die es zuvor gerechtfertigt hatte, den vorübergehenden Einsatz eines Ackerschleppers zum Holzrücken noch als Folge einer land- und forstwirtschaftlichen Betätigung zu sehen. An diesem Ergebnis vermag auch der Einwand des Klägers nichts zu ändern, der Forstschlepper sei wegen seiner größeren Zugkraft gelegentlich auch in der Landwirtschaft eingesetzt worden. Dabei handelt es sich um eine eher zufällige und vorübergehende Beziehung zum land- und forstwirtschaftlichen Betrieb, die jederzeit lösbar ist und daher der Annahme zweier selbständiger Betriebe, einer Landwirtschaft und eines Gewerbebetriebs, nicht entgegensteht.
3. Da das FG von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist, war die Vorentscheidung aufzuheben, soweit sie die Einkommensteuer 1982 und 1983 betrifft. Die Sache ist spruchreif, die Klage war daher insoweit abzuweisen (§ 126 Abs.3 Nr.1 FGO).
II. Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das FG hat im Ergebnis zu Recht angenommen, daß die Umsätze aus der Tätigkeit als Holzrücker nicht der Besteuerung nach § 24 UStG unterliegen, sondern daß insoweit die allgemeinen Vorschriften des UStG zur Anwendung kommen.
Eine Besteuerung nach Durchschnittssätzen gemäß § 24 UStG 1980 ist nur für die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ausgeführten Umsätze vorgesehen (§ 24 Abs.1 Satz 1 UStG). Die Frage, ob ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb i.S. des § 24 UStG vorliegt, ist in ständiger Rechtsprechung des BFH nach den Grundsätzen zu entscheiden, die auch für die ertragssteuerliche Abgrenzung der Land- und Forstwirtschaft vom Gewerbebetrieb maßgebend sind (vgl. zuletzt BFH in BFHE 156, 281, BStBl II 1989, 432 m.w.N.). Danach aber erfüllt die Tätigkeit des Holzrückens im Streitfall die Merkmale eines Gewerbebetriebs (s.o. I. 2.), dessen Umsätze nach den allgemeinen Vorschriften des UStG zu besteuern sind.
Fundstellen
Haufe-Index 64244 |
BFH/NV 1992, 61 |
BStBl II 1994, 638 |
BFHE 167, 355 |
BFHE 1992, 355 |
BB 1992, 1417 (L) |
DStR 1992, 1425 (KT) |
HFR 1992, 466 (LT) |
StE 1992, 394 (K) |