Entscheidungsstichwort (Thema)
Organschaftliche Eingliederung eines Technologiezentrums in eine Stadtwerke-GmbH
Leitsatz (NV)
- Die Tatsache, dass durch die Tätigkeit einer Technologiezentrum-GmbH der Kundenkreis einer Stadtwerke-GmbH erweitert und dadurch der Energie- und Wasserabsatz der Stadtwerke gesichert und erhöht wird, reicht für eine wirtschaftliche Eingliederung der Technologiezentrum-GmbH in das Unternehmen der Stadtwerke-GmbH nicht aus.
- Aufwendungen der Muttergesellschaft aufgrund einer Verlustübernahmeverpflichtung in einem steuerrechtlich nicht anzuerkennenden Organschaftsvertrag sind Aufwendungen für die Beteiligung an der Tochtergesellschaft, die zu aktivieren sind.
Normenkette
KStG § 14 S. 1 Nr. 2, § 17
Verfahrensgang
Niedersächsisches FG (EFG 2000, 650) |
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ―eine GmbH, deren alleinige Gesellschafterin die Stadt X ist― betrieb u.a. im Jahr 1992 (Streitjahr) in X ein Energie- und Wasserversorgungsunternehmen und ein Hallenbad. Am 20. Dezember 1991 schloss sie mit der T-GmbH, an deren Stammkapital sie zu über 99,9 v.H. beteiligt war, einen Organschaftsvertrag mit Ergebnisabführung. Durch den Vertrag verpflichtete sich die T als Organgesellschaft, ab Beginn des Streitjahrs den Weisungen der Klägerin ―der Organträgerin― in jeder Hinsicht zu folgen und ihren Gewinn an die Klägerin abzuführen. Die Klägerin ihrerseits verpflichtete sich, jeden während der Vertragsdauer entstehenden Jahresfehlbetrag der T auszugleichen.
Die T erlitt im Streitjahr einen Verlust von 17 998 DM, den die Klägerin entsprechend dem Organschaftsvertrag ausglich und gemäß § 14 Satz 1 i.V.m. § 17 des Körperschaftsteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (KStG a.F.) sich zurechnete. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) vertrat die Auffassung, der Verlust dürfe der Klägerin nicht zugerechnet werden, da die T nicht wirtschaftlich und organisatorisch i.S. des § 14 Satz 1 Nr. 2 KStG a.F. in das Unternehmen der Klägerin eingegliedert gewesen sei und die Organschaft zudem nach Abschn. 5 Abs. 11a der Körperschaftsteuer-Richtlinien in der im Streitjahr geltenden Fassung (KStR a.F.) steuerrechtlich nicht anerkannt werden könne. Er erließ einen Körperschaftsteuerbescheid und einen Bescheid über die Feststellungen der Teilbeträge des verwendbaren Eigenkapitals zum Schluss des Streitjahres, denen diese Rechtsauffassung zugrunde liegt. Der Einspruch der Klägerin war erfolglos. Im anschließenden Klageverfahren änderte das FA die angefochtenen Bescheide, ohne dadurch dem Klagebegehren zu entsprechen. Die Änderungsbescheide vom 8. Juli 1998 wurden Gegenstand des Klageverfahrens.
Auch die Klage war erfolglos. Das Finanzgericht (FG) bejahte zwar die finanzielle und auch eine ―vom FA als zweifelhaft angesehene― organisatorische Eingliederung der T in das Unternehmen der Klägerin. Nach Auffassung des FG fehlte es aber an einer wirtschaftlichen Eingliederung. Das FG-Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2000, 650 veröffentlicht.
Mit der Revision rügt die Klägerin, das FG-Urteil beruhe auf einer unrichtigen Anwendung des § 14 Satz 1 Nr. 2 KStG a.F. Sie beantragt sinngemäß, das Urteil aufzuheben und die angefochtenen Bescheide vom 8. Juli 1998 dahin gehend zu ändern, dass ihr als Organträgerin der Verlust der T zugerechnet wird und somit die verdeckte Gewinnausschüttung entfällt.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision war als unbegründet zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―). Der Verlust, den die T im Streitjahr erlitt, ist der Klägerin nicht gemäß § 14 Satz 1 i.V.m. § 17 KStG a.F. zuzurechnen. Zwischen der Klägerin und der T bestand im Streitjahr keine köperschaftsteuerrechtliche Organschaft.
1. Eine Einkommenszurechnung aufgrund einer körperschaftsteuerrechtlichen Organschaft setzt gemäß § 14 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 KStG a.F. für das Streitjahr u.a. voraus, dass die Organgesellschaft nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse wirtschaftlich in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert war.
Unter einer wirtschaftlichen Eingliederung i.S. des § 14 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 KStG a.F. ist nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats eine wirtschaftliche Zweckabhängigkeit eines beherrschten Unternehmens von dem beherrschenden Unternehmen zu verstehen (Senatsurteile vom 13. September 1989 I R 110/88, BFHE 158, 346, BStBl II 1990, 24; vom 22. April 1998 I R 132/97, BFHE 186, 203, BStBl II 1998, 687; ebenso z.B. Abschn. R 50 Abs. 1 Satz 2 KStR 1995). Um eine derartige Eingliederung bejahen zu können, muss das herrschende Unternehmen eigene (gewerbliche) Zwecke verfolgen, denen sich das beherrschte Unternehmen im Sinne einer Zweckabhängigkeit unterordnen kann. Das beherrschte Unternehmen seinerseits muss den gewerblichen Zwecken des herrschenden Unternehmens dienen, d.h. im Sinne einer eigenen wirtschaftlichen Unselbständigkeit die gewerblichen Zwecke des herrschenden Unternehmens fördern oder ergänzen und dabei nach Art einer unselbständigen Geschäftsabteilung des herrschenden Unternehmens auftreten (Senatsurteile vom 21. Januar 1976 I R 21/74, BFHE 118, 169, BStBl II 1976, 389; in BFHE 158, 346, BStBl II 1990, 24). Beide Unternehmen müssen somit nach einer einheitlichen Gesamtkonzeption geführt werden; sie müssen allerdings nicht dem gleichen Geschäftszweig angehören (Senatsurteil in BFHE 118, 169, BStBl II 1976, 389).
2. Dazu hat das FG in tatsächlicher Hinsicht und für den erkennenden Senat bindend (§ 118 Abs. 2 FGO) festgestellt:
Die von der Klägerin beherrschte T hatte nach ihrem Gesellschaftsvertrag die Aufgabe, zur Stärkung der Wirtschaftsstruktur des Landkreises in X ein Technologiezentrum aufzubauen und zu betreiben, in dem jüngeren, technologieorientierten Unternehmen Betriebsräume zu kostendeckenden Bedingungen vermietet und diesen Unternehmen zentrale Dienste angeboten werden. Durch die so geförderte Ansiedlung von Unternehmen mit Wachstumsperspektiven im Versorgungsgebiet der Klägerin wollte die Klägerin ihren Energie- und Wasserabsatz langfristig sichern und erhöhen und das von ihr betriebene Blockheizkraftwerk besser auslasten. Tatsächlich führte die Neuansiedlung von Unternehmen im Technologiezentrum auch zu einer Ausweitung des Kundenkreises der Klägerin. Außerdem entwickelte die Klägerin zusammen mit den in dem Technologiezentrum angesiedelten Unternehmen neue Projekte, die der Umgestaltung der Klägerin zu einem Energie-Dienstleistungsunternehmen und der Optimierung ihrer Kostenstruktur dienten.
Nach Auffassung des FG reichte dies für eine wirtschaftliche Eingliederung der T in das Unternehmen der Klägerin nicht aus, da der wirtschaftliche Nutzen der Tätigkeit der T für die Klägerin sich in der Vergrößerung ihres Abnehmerkreises und somit in einem bloßen Reflex der Neuansiedlung von Unternehmen im Technologiezentrum erschöpft habe.
3. Der erkennende Senat teilt diese Auffassung des FG.
a) Die Tatsache, dass durch die Tätigkeit der T der Kundenkreis der Klägerin erweitert und dadurch ihr Energie- und Wasserabsatz gesichert und erhöht und die Auslastung ihres Blockheizkraftwerks gesteigert wurden, reicht für die wirtschaftliche Eingliederung der T in das Unternehmen der Klägerin nicht aus. Die T förderte durch ihre Tätigkeit zwar die gewerblichen Zwecke der Klägerin. Sie trat dabei aber nicht nach Art einer unselbständigen Geschäftsabteilung der Klägerin, sondern allenfalls als eine lediglich finanziell und organisatorisch von der Klägerin abhängige Gesellschaft auf. Ihre Tätigkeit unterschied sich in der wirtschaftlichen Auswirkung auf das Unternehmen der Klägerin nicht von den Tätigkeiten anderer Unternehmen, die ebenfalls Leistungen der Klägerin in Anspruch nahmen. Dass die T für die Klägerin eine besondere Vertriebsfunktion wahrnahm, indem sie z.B. den Energie- und Wasserbedarf der in dem Technologiezentrum angesiedelten Betriebe bündelte, hat die Klägerin nicht vorgetragen.
b) Dass die Klägerin zusammen mit den im Technologiezentrum angesiedelten Unternehmen neue Projekte entwickelte, die der Umgestaltung der Klägerin zu einem Energie-Dienstleistungsunternehmen und der Optimierung ihrer Kostenstruktur dienten, reicht für eine wirtschaftliche Eingliederung der T in das Unternehmen der Klägerin ebenfalls nicht aus. Zwar kann davon ausgegangen werden, dass die Zusammenarbeit der Klägerin mit den im Technologiezentrum angesiedelten Unternehmen die gewerblichen Zwecke der Klägerin förderte und ergänzte. Dies war aber Ergebnis der Tätigkeit der Klägerin und der im Technologiezentrum angesiedelten Unternehmen, nicht das Ergebnis der Tätigkeit der T. Zudem fehlt es auch insoweit an einem Auftreten der T als eine unselbständige Betriebsabteilung der Klägerin.
4. Die Aufwendungen, die der Klägerin aufgrund der Verlustübernahmeverpflichtung gemäß dem Organschaftsvertrag entstanden sind, mindern auch nicht nach anderen Vorschriften des Steuerrechts das Einkommen der Klägerin. Es handelt sich um Aufwendungen für die Beteiligung an der T, die zu aktivieren sind (s. Senatsurteil vom 16. Mai 1990 I R 96/88, BFHE 160, 554, BStBl II 1990, 797). Dass im Streitjahr eine Teilwertabschreibung auf diese Beteiligung in Betracht kommt, hat die Klägerin nicht vorgetragen und ist auch nicht erkennbar.
Fundstellen
Haufe-Index 592962 |
BFH/NV 2001, 1047 |