Entscheidungsstichwort (Thema)

Übergang der Verwertungsbefugnis bei Treuhandverhältnissen; Höhe der Gegenleistung; Bezeichnung einer GbR im Steuerbescheid

 

Leitsatz (NV)

1. Gemäß §1 Abs. 2 GrEStG Berlin (= §1 Abs. 2 GrEStG 1983) unterliegen (auch) Rechtsvorgänge der Grunderwerbsteuer, die es ohne Begründung eines Anspruchs auf Übereignung einem anderen rechtlich oder wirtschaftlich ermöglichen, ein Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten. Diese Voraussetzungen liegen vor, wenn bei einem Treuhandverhältnis dem Treuhänder im Verhältnis zum Treugeber die Rechtsmacht, über das Grundstück zu verfügen, fehlt (vgl. BFH-Urteil vom 17. September 1986 II R 105/86, BFH/NV 1987, 808, 809).

2. Für die Frage nach dem Gegenstand des Erwerbs der Verwertungsbefugnis und damit nach der Gegenleistung ist der -- der Vereinbarung zugrundeliegende -- zukünftige (z. B. bebaute) Zustand des Grundstücks maßgebend. Zur Gegenleistung gehören in diesen Fällen die zur Ausführung des Auftrags erforderlichen Aufwendungen des Treuhänders (Auftragnehmers), die diesem gemäß §670 BGB vom Auftraggeber (Treugeber) zu erstatten sind, sowie auch das vom Auftraggeber an den Auftragnehmer zu zahlende Entgelt (vgl. Senatsurteil in BFH/NV 1993, 688, 690).

3. Die Inanspruchnahme einer GbR als Steuerschuldnerin erfordert im Regelfall, insbesondere dann, wenn eine Verwechselungsgefahr besteht, die namentliche Bezeichnung ihrer Gesellschafter (Senatsurteil vom 17. März 1970 II 65/63, BFHE 99, 96, BStBl II 1970, 598). Eine Ausnahme besteht jedoch für die Fälle, in denen sich die Gesellschaft für ihre Teilnahme am Rechtsverkehr einen ihrer Identifizierung dienenden Namen zugelegt hat, unter dem sie sich am Rechtsverkehr tatsächlich beteiligt (Senatsurteil vom 11. Februar 1987 II R 103/84, BFHE 149, 12, BStBl II 1987, 325). In diesen Fällen reicht die Angabe dieses Namens zur Identifizierung als Steuerschuldner aus.

 

Normenkette

GrEStG Berlin § 1 Abs. 2 (= GrEStG 1983 § 1 Abs. 2); GrEStG Berlin § 20 Abs. 1 (= § 8 Abs. 1 GrEStG 1983); AO 1977 § 124 Abs. 1 S. 2, § 157 Abs. 1 S. 2; BGB § 313 S. 1, § 670

 

Verfahrensgang

FG Berlin

 

Tatbestand

I. A und B erklärten auf sog. "Zeichnungsscheinen" am 2. April 1979, sich an der Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin), einem Immobilienfonds in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), mit Einlagen in bestimmter Höhe beteiligen und den ihnen im Text übergebenen Gesellschaftsvertrag der Antragstellerin anerkennen zu wollen. Die Zeichnungserklärungen sollten zu ihrer Wirksamkeit der Annahme durch die X-GmbH bedürfen. Diese war nach dem Inhalt des Gesellschaftsvertrags der Antragstellerin u. a. ermächtigt, die zur Bildung der Antragstellerin notwendigen Erklärungen mit Rechtswirkung für alle beitretenden Gesellschafter abzugeben und entgegenzunehmen (§2 Abs. 1). Am 2. April 1979 nahm die X-GmbH die Zeichnungserklärungen von A und B an. Damit sollte der Beitritt von A und B rechtswirksam werden (§2 Abs. 2).

Nach dem Gesellschaftsvertrag, dessen Änderung nur mit Zustimmung von der Gesellschafter sowie der X-GmbH möglich war (§3), sollte Gesellschaftszweck der Antragstellerin der Erwerb von Grundbesitz bzw. der Erwerb der wirtschaftlichen Stellung eines Eigentümers von Grundbesitz, dessen Bebauung und seine anschließende Vermietung sein (§4 Abs. 1). Hierzu bestellte die Antragstellerin die X-GmbH zu ihrer Treuhänderin und beauftragte sie mit der Geschäftsführung (§1 Abs. 2). Im Rahmen dieses Rechtsverhältnisses sollte die X-GmbH im eigenen Namen, jedoch für die Rechnung der Antragstellerin das Erbbaurecht an einem Grundstück in C, D-Straße, erwerben, dieses der Antragstellerin zu dem von ihr genannten Entgelt zuordnen, den Grundbesitz treuhänderisch für die Antragstellerin halten, "in der entsprechenden Weise" bebauen, die dafür notwendigen Fremdmittel einschließlich der Aufwendungsdarlehen unter dinglicher Sicherung an dem Grundbesitz beschaffen und zweckgerecht verwenden (§10 Abs. 1). Zur Sicherung der Ansprüche der Antragstellerin sollte die X-GmbH nach Abschluß des Bauvorhabens und nach Eintragung sämtlicher für die Finanzierung des Bauvorhabens erforderlicher Belastungen das Erbbaurecht durch notariellen Vertrag auf die Antragstellerin übertragen (§7).

Am 2. April 1979 faßte die X-GmbH den privatschriftlichen "Beschluß", das "im bürgerlich-rechtlichen Eigentum der Gesellschaft (X-GmbH) stehende Grundstück (Erbbaurecht) in C dem mit Gesellschaftsvertrag vom heutigen Tag gegründeten geschlossenen Fonds" (Antragstellerin) wirtschaftlich zuzuordnen.

Der der Antragstellerin entstandene Gesamtaufwand betrug nach ihren Angaben in der Feststellungserklärung für 1980 2 936 888 DM. Das Erbbaurecht war von der X-GmbH am 8. März 1979 erworben worden. Der grundbuchliche Vollzug dieses Erwerbsvorgangs erfolgte jedoch erst nach dem 2. April 1979. Das Erbbaurecht wurde bis zum 31. Dezember 2053 bestellt und ein jährlicher Erbbauzins von 8 426 DM vereinbart.

Der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) nahm an, die Antragstellerin habe durch den Zuweisungsbeschluß der X-GmbH vom 2. April 1979 die Verwertungsbefugnis an dem Erbbaurecht erhalten. Gegenstand der von der Antragstellerin erworbenen Verwertungsbefugnis sei das Erbbaugrundstück einschließlich des neuerrichteten Gebäudes. Das FA setzte deshalb unter Zugrundelegung des von der Antragstellerin mitgeteilten Gesamtaufwandes durch Bescheid vom 25. Juni 1984 Grunderwerbsteuer in Höhe von 205 582,10 DM fest. Der Bescheid, der jeweils A und B bekanntgegeben wurde, war adressiert an die "GbR Fondsgesellschaft D-Straße".

Der hiergegen gerichtete Einspruch der Antragstellerin blieb erfolglos. Das FA setzte mit Einspruchsentscheidung vom 6. Februar 1996 die Steuer -- nach vorherigem Hinweis gemäß §367 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) -- auf 215 240,40 DM herauf. Dabei ging es von einer Gegenleistung von 3 074 864 DM aus. Diese setzte sich zusammen aus dem vom FA ermittelten Gesamtaufwand für die Bebauung des Grundstücks sowie den von der Antragstellerin an die X-GmbH zu erstattenden Erbbauzinsen, deren Kapitalwert das FA mit 151 668 DM ermittelte.Ü

ber die hiergegen gerichtete Klage der Antragstellerin hat das Finanzgericht (FG) noch nicht entschieden.

Die Antragstellerin hat beim FG beantragt, die Vollziehung des Grunderwerbsteuerbescheides vom 25. Juni 1984 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6. Februar 1996 auszusetzen, und geltend gemacht, ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Grunderwerbsteuerbescheides bestünden im Hinblick auf die unzureichende Bezeichnung der Antragstellerin im Bescheid. Erforderlich sei die namentliche Bezeichnung der an der Antragstellerin beteiligten Personen gewesen. Auch lägen die Voraussetzungen des §1 Abs. 2 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) Berlin (= §1 Abs. 2 GrEStG 1983) nicht vor. Die Antragstellerin habe weder die Möglichkeit gehabt, das Grundstück auf eigene Rechnung zu veräußern, noch habe sie das Grundstück tatsächlich genutzt oder einen Anspruch auf Beteiligung an einem Veräußerungserlös erlangt.

Das FG hat dem Antrag teilweise entsprochen und die Vollziehung des Grunderwerbsteuerbescheides vom 25. Juni 1984 ab 18. April 1995 in Höhe von 958,50 DM und ab 13. Juni 1996 in Höhe von weiteren 9 658,30 DM bis zum Erlaß eines Urteils im Hauptsacheverfahren bzw. bis zu einer anderen Beendigung des Hauptsacheverfahrens ausgesetzt.

Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides -- so das FG -- bestünden nur hinsichtlich des Ansatzes der Erbbauzinsen. Diese stellten nach der hier maßgeblichen Rechtslage vor dem Inkrafttreten des GrEStG 1983 eine dauernde Last dar (vgl. §21 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 GrEStG Berlin), die den Ansatz der Erbbauzinsverpflichtung als Gegenleistung ausschließe. Was für die Erbbauzinsverpflichtung selbst gelte, müsse zumindest entsprechend auch für die Verpflichtung der Antragstellerin gelten, die Erbbauzinsverpflichtung im Innenverhältnis zur X-GmbH zu tragen.

Keine Bedenken bestünden hinsichtlich der erforderlichen Bestimmtheit der Bezeichnung der Antragstellerin im Bescheid. Der namentlichen Bezeichnung aller Gesellschafter habe es im Streitfall nicht bedurft, weil sich die Antragstellerin einen Namen gegeben habe, unter dem sie im Rechtsverkehr aufgetreten sei. Dies ergebe sich bereits aus dem Zuordnungsbeschluß vom 2. April 1979, in dem die Antragstellerin als "Fonds D- Straße in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts" bezeichnet werde.

Es bestünden auch keine ernstlichen Zweifel, daß die Antragstellerin durch die Erklärungen der A und des B in den Zeichnungsscheinen und die Annahme derselben durch die X- GmbH entstanden sei und durch den Zuordnungsbeschluß vom selben Tage die Verwertungsbefugnis an dem Erbbaurecht erlangt habe. Insoweit verwies das FG auf das Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 25. November 1992 II R 122/89 (BFH/NV 1993, 688). Entgegen der Auffassung der Antragstellerin habe es auch keiner notariellen Beurkundung der Verträge bedurft.

Auch lägen die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung nach §6 Abs. 1 Nr. 9 GrEStG Berlin nicht vor. Die Antragstellerin habe innerhalb der Verwendungsfrist einen Antrag auf vorläufige Befreiung nicht gestellt.

Gegenstand des Erwerbsvorgangs sei die Verwertungsbefugnis am bebauten Erbbaugrundstück. Das FA habe rechtsfehlerfrei den Aufwendungsersatzanspruch der X-GmbH gegen die Antragstellerin als Gegenleistung angesetzt.

Hiergegen richtet sich die -- vom FG zugelassene -- Beschwerde der Antragstellerin, mit der sie ihr Ziel der vollumfänglichen Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Grunderwerbsteuerbescheides weiterverfolgt. Das FG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

Die Antragstellerin macht geltend, sie habe keine Verwertungsbefugnis an dem Erbbaurecht erhalten. Dies ergebe sich daraus, daß die Veräußerung des Erbbaurechts durch die X-GmbH der Zustimmung der Grundstückseigentümerin bedurft habe, so daß die X- GmbH nicht ohne weiteres über das Erbbaurecht habe verfügen können. Auch sei der Gesellschaftsvertrag der Antragstellerin mit dem Treuhandauftrag für die X-GmbH wegen fehlender notarieller Beurkundung nichtig. Der Beurkundung habe dieser nämlich bedurft, weil sich die X-GmbH hierin zur zukünftigen Übertragung des Erbbaurechts auf die Antragstellerin verpflichtet habe. Soweit aus einem Treuhand- oder Auftragsverhältnis die Herausgabe eines Grundstücks verlangt werden könne, bedürfe der Vertrag der notariellen Beurkundung. Auch werde es nie zu einem Aufwendungsersatzanspruch der X- GmbH gegen die Antragstellerin kommen. Denn das Erbbaurecht sei zwischenzeitlich veräußert worden.

Schließlich genüge der Grunderwerbsteuerbescheid nicht den Bestimmtheitsanforderungen. Entgegen der Auffassung des FG habe sich die Antragstellerin keine Bezeichnung zu ihrer Identifizierung im Rechtsverkehr zugelegt noch eine solche verwendet. Die Antragstellerin sei nie nach außen in Erscheinung getreten. Im Bescheid hätten somit die Gesellschafter der Antragstellerin namentlich aufgeführt werden müssen.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß, die Vollziehung des Grunderwerbsteuerbescheides vom 25. Juni 1984 i.d.F. der Einspruchsentscheidung vom 6. Februar 1986 auszusetzen.

Das FA beantragt, die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Beschwerde ist unbegründet.

Soweit das FG ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Grunderwerbsteuerfestsetzung i. S. von §69 Abs. 2 und 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) verneint und dem Aussetzungsbegehren der Antragstellerin nur teilweise entsprochen hat, ist dies nicht zu beanstanden.

1. Gemäß §1 Abs. 2 GrEStG Berlin (= §1 Abs. 2 GrEStG 1983) unterliegen (auch) Rechtsvorgänge der Grunderwerbsteuer, die es ohne Begründung eines Anspruchs auf Übereignung einem anderen rechtlich oder wirtschaftlich ermöglichen, ein Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten. Im Streitfall bestehen keine ernstlichen Zweifel, daß die Antragstellerin auf Grund des Auftrags- und Treuhandverhältnisses zur X-GmbH sowie der Zuordnungserklärung die Verwertungsbefugnis an dem Erbbaurecht erworben hat.

Das Rechtsverhältnis zwischen der Antragstellerin und der X-GmbH ist am 2. April 1979 durch den Zuordnungsbeschluß der X-GmbH, durch die Erklärungen der beitretenden Gesellschafter A und B, in den "Zeichnungsscheinen" sowie die Annahme derselben durch die X-GmbH begründet worden. Dabei war die X-GmbH am Zustandekommen sämtlicher Vereinbarungen einerseits als für sich selbst handelnd, andererseits aber auch für die Gesellschafter bzw. auf Grund der Übertragung der Befugnis zur Geschäftsführung als für die Antragstellerin handelnd (§§181, 714 des Bürgerlichen Gesetzbuches -- BGB --) beteiligt. Grundlage der Rechtsbeziehungen war das vorformulierte und den Gesellschaftern der Antragstellerin zur Annahme vorgelegte Vertragswerk (Allgemeine und Besondere Vertragsbedingungen), welches u. a. den Gesellschaftsvertrag der Antragstellerin sowie die Vereinbarung über die Beauftragung der X-GmbH als Geschäftsführerin der Antragstellerin enthielt.

Die Vereinbarungen vom 2. April 1979 bewirkten -- entgegen der Auffassung der Antragstellerin -- zunächst das Entstehen der Antragstellerin als GbR auf der Grundlage des von A und B akzeptierten Gesellschaftsvertrages und regelten ferner das Rechtsverhältnis zwischen der Antragstellerin und der X-GmbH. Durch die Vereinbarungen zwischen der Antragstellerin und der X-GmbH wurde die der X-GmbH nach außen zustehende Rechtsposition in bezug auf das Erbbaurecht an dem Grundstück in C intern gegenüber der Antragstellerin eingeschränkt. Diese Einschränkung betraf sowohl den Anspruch der X-GmbH auf Verschaffung des Erbbaurechts, wie auch -- nach Eintragung als Erbbauberechtigte im Grundbuch -- das Erbbaurecht selbst (vgl. die Senatsentscheidung in BFH/NV 1993, 688, 690, die einen Fall mit fast identischem Vertragswerk betraf). In diesem Zusammenhang ist es ohne Bedeutung, daß die Antragstellerin erst nach Fertigstellung der Bebauung berechtigt war, das Treuhandverhältnis zu kündigen und von der X-GmbH eine Verfügung über das Grundstück zu verlangen, die ihren, der Antragstellerin, Wünschen entsprach. Denn für die Verwertungsbefugnis genügt es, daß dem Treuhänder im Verhältnis zum Treugeber selbst die Rechtsmacht, über das Grundstück zu verfügen, fehlt (vgl. BFH-Urteil vom 17. September 1986 II R 105/85, BFH/NV 1987, 808, 809). Daran ändert auch nichts der Umstand, daß die Grundstückseigentümerin einer Veräußerung des Erbbaurechts an Dritte zustimmen mußte. Hierdurch wurde nämlich die Möglichkeit der Verfügung über das Erbbaurecht auf eigene Rechnung nicht generell eingeschränkt. Derartige Beschränkungen der Rechtsposition der X-GmbH in bezug auf das Erbbaurecht ergeben sich ausschließlich aus den Vereinbarungen mit der Antragstellerin. Denn die X-GmbH konnte über das Erbbaurecht -- Vertragstreue vorausgesetzt -- im Ergebnis nur mit Zustimmung der Antragstellerin verfügen und war an jeder Verwertung auf eigene Rechnung gehindert. Die tatsächliche Rechtsmacht, das Erbbaurecht der Substanz und dem Werte nach zu verwerten, lag nicht bei der X-GmbH, sondern allein bei der Antragstellerin.

Ernstliche Zweifel bestehen auch nicht deshalb, weil -- wie die Antragstellerin meint -- der Gesellschaftsvertrag mit Treuhandauftrag an die X-GmbH wegen fehlender Beurkundung nichtig sein könnte. Soweit sich die X-GmbH in dem Vertrag der Antragstellerin gegenüber verpflichtet hat, das Erbbaurecht zu erwerben, hätte eine solche Erwerbspflicht zwar dem Formzwang des §313 Satz 1 BGB unterlegen, jedoch ist der Formmangel insoweit durch den Erwerb des Erbbaurechts seitens der X-GmbH geheilt worden (vgl. §313 Satz 2 BGB; Urteil des Bundesgerichtshofs -- BGH -- vom 2. Mai 1996 III ZR 50/95, Neue Juristische Wochenschrift -- NJW -- 1996, 1960). Eine beurkundungspflichtige Erwerbspflicht der Antragstellerin der X-GmbH gegenüber bestand nach den Vereinbarungen nicht. Im übrigen unterlag die Vereinbarung über die Begründung eines Treuhand- bzw. Auftragsverhältnisses zwischen der X-GmbH und der Antragstellerin auch keiner Beurkundungspflicht im Hinblick auf den sich hieraus ergebenden Anspruch der Antragstellerin auf Eigentumsverschaffung. Denn dieser Anspruch ist kein vertraglich begründeter, sondern ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz (vgl. ständige Rechtsprechung des BGH zuletzt in NJW 1996, 1960, m. w. N.).

2. Auch hinsichtlich der Höhe der festgesetzten Grunderwerbsteuer bestehen -- abgesehen von der Einbeziehung des Erbbauzinsanspruches in die Bemessungsgrundlage -- keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Steuerfestsetzung.

Die Grunderwerbsteuer berechnet sich nach dem Wert der Gegenleistung (§20 Abs. 1 GrEStG Berlin = §8 Abs. 1 GrEStG 1983). Beim Erwerb der Verwertungsbefugnis an einem Grundstück ist entscheidend, was der Erwerber aufzuwenden hat, um die Verwertungsbefugnis an dem Grundstück in dem von den Vertragsbeteiligten bestimmten, möglicherweise zukünftigen Zustand zu erlangen.

Im Streitfall zielte das Vertragsverhältnis zwischen der Antragstellerin und der X- GmbH darauf ab, der Antragstellerin die Verwertungsbefugnis am bebauten Grundstück (Erbbaurecht) zu verschaffen. Dies ergibt sich aus dem Inhalt des Treuhandauftrages an die X-GmbH. Danach wurde die X-GmbH von der Antragstellerin "ausschließlich und unwiderruflich" beauftragt, im eigenen Namen, jedoch für Rechnung der Antragstellerin "zu dem von ihr genannten Entgelt" das Erbbaurecht zuzuordnen und in entsprechender Weise zu bebauen. Die Antragstellerin hatte dabei während der Bauphase keine rechtliche Möglichkeit, von sich aus den Inhalt des Treuhandauftrages an die X-GmbH zu ändern oder das Treuhandverhältnis zu beenden. Für die Frage nach dem Gegenstand des Erwerbs der Verwertungsbefugnis und damit nach der Gegenleistung ist deshalb im Streitfall der zukünftige (bebaute) Zustand des Grundstücks (Erbbaurecht) maßgebend (vgl. Senatsurteil in BFH/NV 1993, 688, 690). Zur Gegenleistung gehören somit die zur Ausführung des Auftrags erforderlichen Aufwendungen des Treuhänders (Auftragnehmers), die diesem gemäß §670 BGB vom Auftraggeber (Treugeber) zu erstatten sind, sowie auch das vom Auftraggeber an den Auftragnehmer zu zahlende Entgelt (vgl. Senatsurteil in BFH/NV 1993, 688, 690).

Es ist deshalb nicht zu beanstanden, daß das FA bei der Ermittlung der Gegenleistung von dem der Antragstellerin nach ihren eigenen Angaben entstandenen Gesamtaufwand in Höhe von 2 936 888 DM ausgegangen ist.

Der Vortrag der Antragstellerin, ein Aufwendungsersatzanspruch der X-GmbH aus dem Auftrags- und Treuhandverhältnis sei nie entstanden, weil die X-GmbH das Erbbaurecht an Dritte verkauft habe, ist rechtlich nicht nachvollziehbar. Denn die Veräußerung des Erbbaurechts an einen Dritten hat als solche keinen Einfluß auf das rechtliche Schicksal der sich aus den Vereinbarungen vom 2. April 1979 ergebenden gegenseitigen Ansprüche. Sie ändert insbesondere auch nichts an der Verwirklichung des Steuertatbestandes nach §1 Abs. 2 GrEStG Berlin. Anhaltspunkte dafür, daß die X-GmbH die Verwertungsbefugnis i. S. von §16 Abs. 2 GrEStG 1983 zurückerworben hat und die gegenseitigen Ansprüche aus den Vereinbarungen vom 2. April 1979 beseitigt wurden, sind nicht ersichtlich.

3. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin bestehen auch hinsichtlich der Wirksamkeit des angefochtenen Grunderwerbsteuerbescheides keine ernstlichen Zweifel. Der Bescheid vom 25. Juni 1984 ist nicht wegen fehlender inhaltlicher Bestimmtheit i. S. von §119 Abs. 1 AO 1977 nichtig.

Zur inhaltlichen Bestimmtheit eines Verwaltungsaktes gehört die Benennung des Inhaltsadressaten. Bei Steuerbescheiden bedarf es dementsprechend nach §157 Abs. 1 Satz 2 AO 1977 der Angabe des Steuerschuldners. Dieser muß sich -- notfalls durch Auslegung des Steuerbescheides -- sicher identifizieren lassen (BFH-Urteil vom 29. November 1972 II R 42/67, BFHE 108, 257, BStBl II 1973, 372). Abzustellen ist auf den objektiven Erklärungsinhalt aus der Sicht des Adressaten. Da der Verwaltungsakt nur mit dem bekanntgegebenen Inhalt wirksam werden kann (§124 Abs. 1 Satz 2 AO 1977), muß die Auslegung einen Anhalt in der bekanntgegebenen Regelung haben (vgl. BFH-Urteile vom 4. Oktober 1988 VIII R 161/84, BFH/NV 1989, 758, und vom 9. Dezember 1992 II R 43/88, BFH/NV 1993, 702, 704).

Im Streitfall läßt sich in dem angefochtenen Grunderwerbsteuerbescheid die Antragstellerin eindeutig als Schuldnerin identifizieren. Es ist grundsätzlich möglich, eine GbR als Steuerschuldnerin in Anspruch zu nehmen (vgl. Senatsurteil vom 22. Oktober 1986 II R 118/84, BFHE 148, 331, BStBl II 1987, 183). Dies erfordert im Regelfall, insbesondere dann, wenn eine Verwechslungsgefahr besteht, die namentliche Bezeichnung ihrer Gesellschafter (Senatsurteil vom 17. März 1970 II 65/63, BFHE 99, 96, BStBl II 1970, 598). Eine Ausnahme besteht jedoch für die Fälle, in denen sich die Gesellschaft für ihre Teilnahme am Rechtsverkehr einen ihrer Identifizierung dienenden Namen zugelegt hat, unter dem sie sich am Rechtsverkehr tatsächlich beteiligt (Senatsurteil vom 11. Februar 1987 II R 103/84, BFHE 149, 12, BStBl II 1987, 325). In diesen Fällen reicht die Angabe dieses Namens zur Identifizierung als Steuerschuldner aus.

So liegen die Dinge im Streitfall. Die Antragstellerin hat sich -- wovon das FG zutreffend ausgegangen ist -- für ihre Teilnahme am Rechtsverkehr einen ihrer Identifizierung dienenden Namen zugelegt und sich unter diesem am Rechtsverkehr tatsächlich beteiligt. Dies ergibt sich aus den Vereinbarungen vom 2. April 1979. A und B haben in den sog. Zeichnungsscheinen ihre Beteiligung an der "D-Straße GbR" erklärt, die in dieser Erklärung sowie in dem in Bezug genommenen Gesellschaftsvertrag auch als "Fondsgesellschaft" bezeichnet wird. In den das Rechtsverhältnis zur X-GmbH betreffenden Passagen des Gesellschaftsvertrages wurde die Antragstellerin stets als "Fondsgesellschaft" oder als "Fonds D- Straße" angesprochen und in dem Zuordnungsbeschluß der X-GmbH als "Fonds D- Straße in der Rechtsform der GbR" bezeichnet. Unter diesen Umständen unterliegt es keinem Zweifel, daß die Antragstellerin in dem Bescheid als "GbR Fondsgesellschaft D-Straße" hinreichend deutlich bezeichnet ist. Für A und B, denen der Bescheid als Gesellschafter der Antragstellerin jeweils bekanntgegeben wurde, konnte überhaupt kein Zweifel bestehen, daß die Antragstellerin in dem Bescheid als Steuerschuldnerin angesprochen wurde, zumal in dem Bescheid ausdrücklich auch auf den Zuordnungsbeschluß vom 2. April 1979 Bezug genommen wurde.

 

Fundstellen

Haufe-Index 302882

BFH/NV 1998, 1523

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