Rz. 53
Die von der EU angestrebte Zentralisierung des Registerwesens (European Single Access Point, ESAP) einerseits und die Notwendigkeit zur zunehmenden elektronischen Offenlegung nach den XBRL gem. vorgegebenen Taxonomien andererseits, dürften die Möglichkeiten der Ausweiswahlrechte und Gestaltungen des Abschlusses und Lageberichts mittel- bis langfristig deutlich einschränken.
Die ESAP-Vorschriften umfassen eine EU-Verordnung (Verordnung (EU) 2023/2859) zur Einrichtung des ESAP sowie eine Änderungsverordnung (Verordnung (EU) 2023/2869) und eine Änderungsrichtlinie (Richtlinie (EU) 2023/2864) zur Änderung jener zahlreichen EU-Rechtsakte, in denen die meldepflichtigen Informationen verortet sind. Während in den Planungen noch von einer Schaffung der technischen Voraussetzungen zum Jahresende 2024 ausgegangen wurde, sollen diese nun erst ab dem 10.7.2027 verfügbar sein. ESAP als zentraler Zugangspunkt für Unternehmensdaten wird durch die ESMA (European Securities and Markets Authority) betrieben werden. Die über ESAP zugänglich zu machenden Informationen sollen schrittweise über einen Zeitraum von 4 Jahren aufgenommen werden. Dabei sollen Nachhaltigkeitsinformationen frühzeitig zugänglich gemacht werden, um die Ziele des Europäischen Grünen Deals zu unterstützen. ESAP soll zur zentralen Anlaufstelle für öffentliche Finanz- und Nachhaltigkeitsinformationen zu EU-Unternehmen und EU-Anlageprodukten werden. Es wird auch die Möglichkeit in der Verordnung eingeräumt, dass die Staaten die bisherigen Betreiber verpflichten, historische Daten in das ESAP einzupflegen. Ebenso soll eine Nutzungsoption vorgesehen werden, die es Unternehmen erlaubt, freiwillige Informationen einzustellen, dies allerdings erst ab dem 10.1.2030. Dies gilt insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) oder auch von nicht offenlegungspflichtigen Personenhandelsgesellschaften.
Zu dem Zeitplan und den schon verabschiedeten oder vorgeschlagenen Taxonomien siehe XBRL (eXtensible Business Reporting Language), Rz. 22 ff..
Diese Entwicklung führt zu einem Spagat: Einerseits wird die überzeugende individuelle Darstellung des Unternehmens/Konzerns gerade im Krisenfall immer wichtiger ("Story Telling"), andererseits steigen die Anforderungen an die Vergleichbarkeit und automatische Auslesbarkeit. Damit geraten auch bislang wichtige visuelle Gestaltungselemente eher in den Hintergrund. Die Masse der nötigen und angebotenen Informationen in der Rechnungslegung führt vielfach zu einem "Information Overload", der wiederum durch die Digitalisierung eingegrenzt werden kann, aber den Unternehmen selber immer weniger Einfluss auf die Nutzung der Daten lässt.
Rz. 54
Schlussendlich ist erneut darauf hinzuweisen, dass rechnungslegungspolitische Maßnahmen dem Unternehmen oft lediglich etwas Zeit verschaffen können durch den Informationsvorteil, die Krise schon erkannt zu haben, die nach außen aber "übertüncht" wird. Daher besteht immer auch die unmittelbare Notwendigkeit, die Krisenursachen zu suchen und entschlossen mit deren Beseitigung zu beginnen bzw. ggf. auch eine Exitstrategie zu erwägen, wenn keine Zukunft mehr für das Geschäftsmodell gesehen wird.