Prof. Dr. Stefan Müller, Laura Peters
Rz. 5
Der Begriff "Buchführungspflicht" wird überwiegend als weiter Oberbegriff verwandt, der sowohl die Buchführungs-, Aufzeichnungs- als auch die Aufbewahrungspflichten umfasst.
Rz. 6
Die Buchführungspflicht nach HGB ergibt sich aus § 238 Abs. 1 Satz 1 HGB. Danach ist jeder Kaufmann verpflichtet, Bücher zu führen und in diesen seine Handelsgeschäfte und die Lage seines Vermögens nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ersichtlich zu machen. Buchführungspflichtig sind damit zunächst alle Kaufleute, d. h. diejenigen, die ein Handelsgewerbe betreiben (§ 1 Abs. 1 HGB), mit Ausnahme derjenigen Gewerbetreibenden, deren Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert (§ 1 Abs. 2 HGB). Für Kleingewerbetreibende entsteht die Kaufmannseigenschaft und damit die Buchführungspflicht erst mit der freiwilligen Eintragung in das Handelsregister.
Mit § 241a HGB wurde durch das BilMoG 2010 eine Befreiung von der Pflicht zur Buchführung, und Erstellung eines Inventars sowie der Aufstellung eines Jahresabschlusses, für Einzelkaufleute eingeführt, die an den Abschlussstichtagen von 2 aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren nicht mehr als 800.000 EUR Umsatzerlöse und 80.000 EUR Jahresüberschuss aufweisen.
Buchführungspflichtig sind zudem alle Handelsgesellschaften (§ 6 HGB). Für spezielle Gesellschaftsformen ergibt sich die Pflicht zur Buchführung aus gesellschaftsrechtlichen Vorschriften (§§ 41 ff. GmbHG, §§ 91, 150, 152 AktG, § 33 GenG), die aber inhaltlich auf das HGB verweisen.
Welche Handelsbücher im Einzelnen zu führen sind, regelt das HGB nicht. Es verweist jedoch auf die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB). Danach muss die Buchführung so beschaffen sein, dass sie einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die Lage des Unternehmens vermitteln kann (§ 238 Abs. 1 Satz 2 HGB).
Für die EDV-Buchführung gelten dieselben Grundsätze wie für die manuelle Buchführung. Ergänzt werden sie durch die spezifischen Grundsätze ordnungsgemäßer DV-gestützter Buchführungssysteme (GoBS).
Die steuerrechtliche Buchführungspflicht besteht in zweierlei Form: Zum einen ergibt sich die sog. abgeleitete (derivative) Buchführungspflicht aus § 140 AO. Danach hat derjenige, der nach anderen Gesetzen als den Steuergesetzen Bücher und Aufzeichnungen zu führen hat, die für die Besteuerung von Bedeutung sind, die Verpflichtungen, die ihm nach den anderen Gesetzen obliegen, auch für die Besteuerung zu erfüllen. Aus der handelsrechtlichen Buchführungspflicht folgt somit immer zugleich auch eine Buchführungspflicht in steuerrechtlicher Hinsicht. Zum anderen sieht § 141 AO aber auch eine originäre steuerrechtliche Buchführungspflicht vor. Danach sind gewerbliche Unternehmer sowie Land- und Forstwirte ab einer bestimmten Umsatz- oder Gewinnhöhe buchführungspflichtig.
Rz. 7
Neben dieser Buchführungspflicht müssen seitens bestimmter Unternehmer ggf. weitere Aufzeichnungspflichten beachtet werden.
Das Steuerrecht enthält auch "eigene" kodifizierte Grundsätze zur Führung von Büchern und Aufzeichnungen, die sich weitgehend mit den handelsrechtlichen GoB decken (§§ 145-146 AO) und diese noch ergänzen, wie z. B. spezifische Aufzeichnungspflichten aus EStG, UStG sowie zoll- und verbrauchsteuerlichen Bestimmungen.
Mit dem Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen (GSchuMadiG), dem sog. "Kassengesetz", hat der Gesetzgeber die bislang bereits nach GoB und Rechtsprechung verlangte Einzelaufzeichnungspflicht nunmehr gesetzlich normiert (§ 146 Abs. 1 Satz 1 AO). Danach sind aufzeichnungspflichtige Geschäftsvorfälle laufend zu erfassen, einzeln festzuhalten sowie aufzuzeichnen und aufzubewahren. Ausgenommen sind hiervon allerdings alle Warenverkäufe gegenüber einer Vielzahl von nicht bekannten Personen gegen Barzahlung (§ 146 Abs. 1 Satz 2 AO), es sei denn, der Steuerpflichtige verwendet dabei ein elektronisches Aufzeichnungssystem i. S. d. § 146a AO (§ 146 Abs. 1 Satz 3 AO). Es bleiben somit lediglich noch die Nutzer sog. offener Ladenkassen von der Einzelaufzeichnungspflicht befreit.
Wer aufzeichnungspflichtige Geschäftsvorfälle oder andere Vorgänge mit Hilfe eines elektronischen Aufzeichnungssystems erfasst, hat nach dem neu eingeführten § 146a AO ein elektronisches Aufzeichnungssystem zu verwenden, das jeden aufzeichnungspflichtigen Geschäftsvorfall und anderen Vorfall einzeln, vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet aufzeichnet.
Die konkreten Anforderungen an die elektronischen Aufzeichnungs- und Sicherungssysteme im Geschäftsverkehr werden durch die Kassensicherungsverordnung (KassenSichV) geregelt. Als elektronische Aufzeichnungssysteme i. S. d. § 146a Abs. 1 S. 1 AO gelten nach § 1 Abs. 1 KassenSichV alle elektronischen oder computergestützten Kassensysteme oder Registrierkassen.
Nicht als elektronische Aufzeichnungssysteme gelten nach § 1 Abs. 1 S. 2 KassenSichV:
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