Entscheidungsstichwort (Thema)
Inhalt einer Urteilsbegründung. Rückwirkung einer Gesetzesaufhebung. Bewertung und Erfassung von Erbbauzinsen bei der Vermögensteuer
Leitsatz (redaktionell)
1. Das Gericht ist von Verfassungs wegen nicht verpflichtet, in seinem Urteil auf alle Rechtsausführungen der Beschwerdeführer einzugehen.
2. Die rückwirkende, ersatzlose Aufhebung des Absatzes 2 des § 16 BewG 1965 zum 1. Januar 1974 ist mit dem Grundgesetz vereinbar. Ein Verstoß gegen die Eigentumsgarantie liegt nicht vor.
3. Der Gesetzgeber ist nicht gehindert, auf dem Gebiet der Vermögensteuer an den eigentumsähnlichen Charakter des Erbbaurechts anzuknüpfen und infolgedessen das Recht auf den Erbbauzins anders zu behandeln als etwa die Ansprüche aus einem Miet- oder Pachtverhältnis. Ebensowenig verstößt es gegen Art. 3 Abs. 1 GG, daß das Recht auf den Erbbauzins der Vermögensteuer unterliegt, während Rentenansprüche und andere in § 111 BewG genannte Ansprüche nicht zum steuerbaren Vermögen gehören.
Normenkette
GG Art. 103 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 14, 20 Abs. 3; BewG 1965 § 16 Abs. 2, § 92 Abs. 5, § 111; BewG 1974 § 16
Verfahrensgang
Gründe
Die Verfassungsbeschwerde ist unbegründet. Die angegriffenen Entscheidungen verletzen den Beschwerdeführer nicht in seinen Grundrechten.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gehören die Auslegung des einfachen Rechts sowie seine Anwendung auf den Einzelfall nicht zum Bereich verfassungsgerichtlicher Überprüfung. Die Beantwortung einfach-rechtlicher Fragen obliegt den zuständigen Fachgerichten. Das Bundesverfassungsgericht kann nur dann eingreifen, wenn die Auswirkungen eines Grundrechts verkannt worden sind. Die Prüfung des Bundesverfassungsgerichts erstreckt sich vor allem darauf, ob die Entscheidungen der Fachgerichte bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich sind und sich dabei der Schluß aufdrängt, daß sie auf sachfremden Erwägungen beruhen.
Der Bundesfinanzhof hat entschieden, daß der Ansatz des Kapitalwerts der Erbbauzinsen beim sonstigen Vermögen in § 92 Abs. 5 BewG gesetzlich vorgeschrieben ist und daß Erbbauzinsen nicht als Nutzungen im Sinne des § 16 BewG anzusehen sind. Unter Berücksichtigung der begrenzten Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht ist diese Anwendung und Auslegung einfachen Rechts verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Erwägungen des Bundesfinanzhofs sind nachvollziehbar und frei von Willkür. Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG ist nicht zu erkennen. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, daß der Bundesfinanzhof die Einwendungen der Beschwerdeführer gegen die gesonderte Bewertung des Rechts auf den Erbbauzins nicht zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hätte. Der Bundesfinanzhof war von Verfassungs wegen nicht verpflichtet, in seinem Urteil auf alle Rechtsausführungen der Beschwerdeführer einzugehen.
Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs begegnet auch insoweit keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, als sie von der Gültigkeit der ihr zugrunde liegenden gesetzlichen Regelung ausgeht. Der Bundesfinanzhof hat zu Recht angenommen, daß die ersatzlose Aufhebung des Absatzes 2 des § 16 BewG 1965 zum 1. Januar 1974 mit dem Grundgesetz vereinbar war. Dabei hat das Gericht zutreffend die Grundsätze angewandt, die das Bundesverfassungsgericht zur Frage der Zulässigkeit rückwirkender Gesetze entwickelt hat. Der Bundesfinanzhof hat auch zu Recht einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG sowie gegen die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes verneint.
Die Ausführungen der Beschwerdeführer geben zu einer anderen Beurteilung keinen Anlaß. Der Gesetzgeber ist nicht gehindert, auf dem Gebiet der Vermögensteuer an den eigentumsähnlichen Charakter des Erbbaurechts anzuknüpfen und infolgedessen das Recht auf den Erbbauzins anders zu behandeln als etwa die Ansprüche aus einem Miet- oder Pachtverhältnis. Ebensowenig verstößt es gegen Art. 3 Abs. 1 GG, daß das Recht auf den Erbbauzins der Vermögensteuer unterliegt, während Rentenansprüche und andere in § 111 BewG genannte Ansprüche nicht zum steuerbaren Vermögen gehören. Eine unterschiedliche Regelung ist schon deshalb sachgerecht, weil die in § 111 BewG genannten Wirtschaftsgüter ausschließlich auf die Person des Berechtigten ausgerichtet und unveräußerlich sind.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
Fundstellen