Entscheidungsstichwort (Thema)
Erhebung einer rückzahlbaren Sonderabgabe zur Förderung des Wohnungsbaus. Nichtigkeit des Investitionshilfegesetzes
Leitsatz (amtlich)
1. Die Erhebung einer Sonderabgabe aufgrund der Gesetzgebungskompetenz für das Recht der Wirtschaft (Art. 74 Nr. 11 GG) setzt voraus, daß in dem Gesetz nicht nur die Belastung mit der Abgabe und die Verwendung ihres Aufkommens, sondern auch die gestaltende Einflußnahme auf die Wirtschaft zum Ausdruck kommt. Entsprechendes gilt bei der Inanspruchnahme der Kompetenz für das Wohnungswesen (Art. 74 Nr. 18 GG).
2. Die in der Entscheidung BVerfGE 55, 274 (Leitsätze 3 a bis c) dargelegten Erfordernisse für die Zulässigkeit einer Sonderabgabe gelten für alle Sonderabgaben, mit denen ein Finanzierungszweck – sei es als Haupt- oder als Nebenzweck – verfolgt wird.
3. Art. 115 Abs. 1 Satz 1 GG begründet keine Kompetenzen des Bundes im Verhältnis zu den Ländern oder besondere Befugnisse des Staates im Verhältnis zum Einzelnen; er betrifft nur das Verhältnis zwischen Exekutive und Legislative.
4. Der Steuerbegriff der Artikel 105 ff. GG umfaßt nur Abgaben, die dem Staat endgültig zufließen. Abgaben, deren Rückzahlung von vornherein vorgesehen ist (sog. Zwangsanleihen), sind keine Steuern im Sinne der Verfassung.
Normenkette
GG Art. 2 Abs. 1, Art. 74 Nr. 11, Art. 105, 115 Abs. 1 S. 1; InvHG §§ 1-4, 6-9; GG Art. 74 Nr. 18; HBegleitG Art. 10
Verfahrensgang
FG Köln (Urteil vom 02.11.1983; Aktenzeichen I K 340/83) |
FG Baden-Württemberg (Urteil vom 20.10.1983; Aktenzeichen III K 129/83) |
Tenor
1. Das Investitionshilfegesetz (Artikel 10 des Gesetzes zur Wiederbelebung der Wirtschaft und Beschäftigung und zur Entlastung des Bundeshaushalts [Haushaltsbegleitgesetz 1983] vom 20. Dezember 1982 [BGBl I S. 1857, BStBl I S. 972], geändert durch Artikel 36 des Gesetzes über Maßnahmen zur Entlastung der öffentlichen Haushalte und zur Stabilisierung der Finanzentwicklung in der Rentenversicherung sowie über die Verlängerung der Investitionshilfeabgabe [Haushaltsbegleitgesetz 1984] vom 22. Dezember 1983 [BGBl I S. 1532, BStBl I S. 547]) ist mit den Vorschriften über die Gesetzgebungskompetenz des Bundes (Artikel 105 Absatz 2, 70 ff. des Grundgesetzes) unvereinbar und nichtig.
2. Das Investitionshilfegesetz verletzt die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 105 Absatz 2, 70 ff. des Grundgesetzes.
3. Die Bundesrepublik Deutschland hat den Beschwerdeführern die notwendigen Auslagen zu erstatten.
Tatbestand
A.
Gegenstand der zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Verfahren ist die Frage, ob die Vorschriften des Investitionshilfegesetzes über die Erhebung einer rückzahlbaren Abgabe zur Förderung des Wohnungsbaus mit dem Grundgesetz vereinbar sind.
I.
Die im Herbst 1982 neugebildete Bundesregierung beabsichtigte, der sich verschlechternden wirtschaftlichen Entwicklung durch zusätzliche finanzielle Förderung des Wohnungsbaus zu begegnen. Eine Erhöhung von Steuern wollte sie indes vermeiden und beschloß deshalb, die Besserverdienenden zu diesem Zweck mit einer unverzinslichen, rückzahlbaren Abgabe zu belasten. Nach Einbringung des Gesetzentwurfs (BT-Drucks. 9/2074) wurden zur Frage der Verfassungsmäßigkeit der geplanten Investitionshilfeabgabe die Professoren Dr. Karl-Heinrich Friauf, Dr. Josef Isensee, Dr. Gunter Kisker, Dr. Hans-Peter Schneider und Dr. Klaus Vogel von dem Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages öffentlich angehört (siehe Sten. Prot. über die 45. Sitzung des Rechtsausschusses am 3. Dezember 1982, S. 551–620). Gemäß der ursprünglichen Fassung des Investitionshilfegesetzes (Art. 10 des Gesetzes zur Wiederbelebung der Wirtschaft und Beschäftigung und zur Entlastung des Bundeshaushalts [Haushaltsbegleitgesetz 1983] vom 20. Dezember 1982 [BGBl I S. 1857, BStBl I S. 972]) sollte diese Abgabe für die Jahre 1983 und 1984 erhoben und in den Jahren 1987 bis 1989 zurückgezahlt werden. Durch Art. 36 des Gesetzes über Maßnahmen zur Entlastung der öffentlichen Haushalte und zur Stabilisierung der Finanzentwicklung in der Rentenversicherung sowie über die Verlängerung der Investitionshilfeabgabe (Haushaltsbegleitgesetz 1984) vom 22. Dezember 1983 (BGBl I S. 1532, BStBl I S. 547) wurden verschiedene Vorschriften des Investitionshilfegesetzes rückwirkend zum 1. Januar 1983 geändert, insbesondere wurde die Erhebung der Investitionshilfeabgabe auf das Jahr 1985 ausgedehnt und ihre Rückzahlung in die Jahre 1990 bis 1993 hinausgeschoben. § 1 des Investitionshilfegesetzes in der geänderten Fassung – InvHG – lautet:
Zur Förderung des Wohnungsbaus wird vom Bund für die Kalenderjahre 1983, 1984 und 1985 nach den Vorschriften dieses Gesetzes eine unverzinsliche, rückzahlbare Abgabe erhoben.
Die Ausgestaltung der Förderung des Wohnungsbaus ist im Investitionshilfegesetz selbst nicht näher geregelt. Die Grundlage für Sonderprogramme zur Bausparzwischenfinanzierung sowie zur Belebung des sozialen Wohnungsbaus und der Baunachfrage in Ballungsgebieten schufen Verwaltungsvereinbarungen zwischen Bund und Ländern gemäß Art. 104 a Abs. 4 Satz 2 GG (vgl. BBauBl 1983, S. 111 und S. 632).
Die Pflicht zur Entrichtung der Investitionshilfeabgabe knüpft an die Einkommensteuer- und Körperschaftsteuerpflicht an; sie bemißt sich nach der für die Jahre 1983, 1984 und 1985 jeweils festzusetzenden Einkommen- oder Körperschaftsteuer (§ 2 und § 3 Abs. 1 InvHG). Sie ist von einkommensteuerpflichtigen Personen aber nur zu entrichten, wenn die Bemessungsgrundlage 30.000 bzw. 15.000 DM übersteigt (§ 3 Abs. 3 und Abs. 4 InvHG).
Der Abgabesatz beträgt 5 % der Bemessungsgrundlage (§ 4 Abs. 1 mit Modifizierungen in § 4 Abs. 2 und 3 InvHG). Gemäß § 4 Abs. 4 InvHG ermäßigt sich der Abgabesatz bei Beziehern von sogenannten Gewinneinkünften im Sinne des § 2 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG):
(4) Die Abgabe ermäßigt sich bei Abgabepflichtigen mit Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 des Einkommensteuergesetzes um 20 vom Hundert der Summe der Anschaffungs- oder Herstellungskosten begünstigter Investitionen des Abgabepflichtigen. Begünstigte Investitionen sind vorbehaltlich des Satzes 3
- die Anschaffung und die Herstellung von neuen abnutzbaren beweglichen und unbeweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die in einem Betrieb oder in einer Betriebsstätte im Inland in dem Wirtschaftsjahr angeschafft oder hergestellt worden sind, das in dem Voranmeldungsjahr vorangegangenen Kalenderjahr endet,
- nachträgliche Herstellungsarbeiten, die an abnutzbaren beweglichen und unbeweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens in einem Betrieb oder in einer Betriebsstätte im Inland in dem Wirtschaftsjahr beendet worden sind, das in dem Voranmeldungsjahr vorangegangenen Kalenderjahr endet.
…
Bei lohnsteuerpflichtigen Arbeitnehmern wird die Abgabe seit Januar 1983 jeweils zusammen mit der Steuer vom Arbeitslohn abgezogen (§ 6 Abs. 3 InvHG), bei den anderen Abgabepflichtigen zum 10. März des folgenden Jahres im Wege des Voranmeldungsverfahrens erhoben (§ 6 Abs. 1 InvHG). Die Abgabe wird bei allen Abgabepflichtigen zusammen mit der Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer veranlagt (§ 7 Abs. 1 InvHG, im Gegensatz zur ursprünglichen Fassung, die die Einbeziehung der Abgabe in das Veranlagungsverfahren nur bei Abgabepflichtigen mit Einkünften im Sinne des § 19 EStG vorsah).
Für die Rückzahlung der Abgabe bestimmt § 8 Abs. 1 InvHG:
(1) Die Abgabe wird in den Jahren 1990 bis 1993 zurückgezahlt. Die Rückzahlung beginnt im Jahr 1990. Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates den Zeitpunkt und die Durchführung der Rückzahlung zu bestimmen.
(2) Der Anspruch auf Rückzahlung der Abgabe ist nicht übertragbar.
(3)…
Die ursprüngliche Fassung des Absatzes 1 dieser Vorschrift lautete:
(1) Die Abgabe wird in den Jahren 1987 bis 1989, jedoch nicht früher als drei Jahre nach dem Jahr der Zahlung zurückgezahlt. Der Zeitpunkt und die Durchführung der Rückzahlung werden durch eine Rechtsverordnung bestimmt, die von der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates zu erlassen ist.
Gemäß § 9 Abs. 1 InvHG sind die für die Einkommen- und Körperschaftsteuer geltenden Vorschriften einschließlich der Vorschriften der Abgabenordnung entsprechend anzuwenden. §§ 10 bis 13 InvHG enthalten Straf- und Bußgeldbestimmungen sowie andere für die vorliegenden Verfahren nicht bedeutsame Regelungen.
II.
Die Beschlüsse der vorlegenden Gerichte (Finanzgericht Baden-Württemberg, EFG 1984, S. 39 und Finanzgericht Köln, EFG 1984, S. 35) und die Verfassungsbeschwerden richten sich sämtlich unmittelbar gegen die Vorschriften des Investitionshilfegesetzes.
1. Die Kläger der den Vorlagen zugrundeliegenden Ausgangsverfahren und die Beschwerdeführer erfüllen die im Investitionshilfegesetz festgelegten Voraussetzungen für den Abzug der Abgabe vom Arbeitslohn oder (als Arbeitgeber) für die Abführung der Abgabe.
Die Klägerin des Ausgangsverfahrens der Vorlage 2 BvL 19/83 … wendet sich gegen einen Haftungsbescheid, mit dem das Finanzamt sie auf Abführung der Investitionshilfeabgabe für Januar 1983 für einen Angestellten in Anspruch genommen hat. Der Kläger des Ausgangsverfahrens der Vorlage 2 BvL 20/83, ein Bundesbeamter, hat Klage erhoben gegen das Finanzamt B mit dem Begehren, von der Pflicht zur Entrichtung der Investitionshilfeabgabe freigestellt zu werden. Der Beschwerdeführer im Verfahren 2 BvR 363/83 ist Justitiar einer Aktiengesellschaft und auch Rechtsanwalt, derjenige im Verfahren 2 BvR 491/83 ist Redakteur.
2. Die vorlegenden Gerichte und die Beschwerdeführer sind alle – mit zum Teil unterschiedlicher Begründung – der Auffassung, die Vorschriften des Investitionshilfegesetzes seien zum einen wegen Fehlens der Gesetzgebungskompetenz des Bundes und zum anderen wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG verfassungswidrig.
a) Die vorlegenden Gerichte und die Beschwerdeführer meinen, daß die Gesetzgebungskompetenz nicht aus Art. 74 Nr. 11 oder Nr. 18 GG hergeleitet werden könne. Die Investitionshilfeabgabe erfülle nicht die Anforderungen, die bei Sonderabgaben, welche der Einnahmeerzielung dienen, nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Berufsausbildungsabgabe (BVerfGE 55, 274 [297 ff.]) vorliegen müßten. Es fehle die spezifische Beziehung zwischen dem Kreis der Abgabepflichtigen und dem mit der Abgabe verfolgten Zweck. Weder sei eine besondere Sachverantwortung der belasteten Gruppe für die mit der Abgabe zu finanzierenden Aufgaben noch ein besonderes Interesse dieser Gruppe an dem vorgesehenen Verwendungszweck noch ein besonderer Nutzen für diese Gruppe erkennbar.
Die Gesetzgebungskompetenz ergibt sich nach Auffassung der vorlegenden Gerichte und des Beschwerdeführers im Verfahren 2 BvR 363/83 auch nicht aus Art. 105, 106 GG. Die Investitionshilfeabgabe erfülle nicht die Merkmale einer Steuer. Aufgrund der Rückzahlungsregelung des § 8 Abs. 1 InvHG fehle es an dem Erfordernis, daß sie dem Gemeinwesen endgültig zufalle; allein wegen des dem Bürger entstehenden Zinsverlustes sei ihre Qualifizierung als Steuer nicht möglich, denn dies ändere nichts am Darlehenscharakter.
Die Gesetzgebungskompetenz könne auch nicht daraus hergeleitet werden, daß die Erhebung einer rückzahlbaren Abgabe das mildere Mittel gegenüber der Erhebung einer Steuer darstelle und die Erhebung der Investitionshilfeabgabe in Form einer Ergänzungsabgabe gemäß Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG verfassungsrechtlich zulässig wäre. Denn die Kompetenzvorschriften seien einer solchen ergänzenden Interpretation nicht zugänglich.
Der Beschwerdeführer im Verfahren 2 BvR 491/83 meint demgegenüber, die Erhebung der Investitionshilfeabgabe sei doch als Erhebung einer Steuer im Sinne der Art. 105, 106 GG zu qualifizieren. Die spätere Rückzahlung stehe der Annahme einer Steuer nicht entgegen, im übrigen sei die Abgabe zumindest wegen ihrer Unverzinslichkeit und des dem Bürger entstehenden Zinsverlustes als Steuer zu qualifizieren. Trotzdem sei die Abgabe aber nicht von der Gesetzgebungskompetenz der Art. 105, 106 GG gedeckt; denn die Festlegung der späteren Rückzahlung sei mit der Verfassung nicht vereinbar. Für die Normierung einer Rückzahlungsverpflichtung gebe es keine Ermächtigungsgrundlage; die Festlegung späterer Rückzahlung greife in unzulässiger Weise in die Kompetenzen des späteren Steuergesetzgebers ein und widerspreche haushaltsrechtlichen Grundsätzen der Finanzverfassung, insbesondere den aus Art. 110 GG herzuleitenden Erfordernissen der Ordnungsfunktion und Klarheit des Haushaltsplanes.
Art. 115 Abs. 1 Satz 1 GG komme als Kompetenzgrundlage ebenfalls nicht in Betracht. Kredite im Sinne dieser Vorschrift seien nur Finanzkredite, die auf dem Kapitalmarkt erhoben würden. Die in Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG geregelte Begrenzung der Kreditaufnahme durch den Umfang der Investitionsausgaben habe ihren besonderen Sinn bei der Einnahmebeschaffung am Kapitalmarkt, bei der der Staat sich den marktwirtschaftlichen Kreditbedingungen unterwerfen müsse. Der Schutzzweck der Vorschrift passe hingegen nicht auf die zwangsweise Auferlegung von Abgaben, denn hier könne der Staat die Bedingungen selbst bestimmen, weshalb Vorkehrungen zu seinem Schutz nicht notwendig seien.
b) Die vorlegenden Gerichte und die Beschwerdeführer halten verschiedene Vorschriften des Investitionshilfegesetzes auch für unvereinbar mit Art. 3 Abs. 1 GG:
Die Regelung des § 4 Abs. 4 InvHG, wonach die Bezieher betrieblicher Einkünfte sich durch eigene Investitionen von der Abgabepflicht befreien könnten, stehe mit dem Gesetzesziel der Förderung beschäftigungspolitisch erwünschter Investitionen nicht in Einklang. Einen Anreiz zu Investitionen bewirke das Investitionsprivileg nicht, denn der für die Freistellung von der Abgabe erforderliche Betrag an Eigeninvestitionen werde regelmäßig schon durch die laufenden (ohnehin erfolgenden) betrieblichen Investitionen erreicht. Die Vergünstigung könne auch nicht mit dem Zweck gerechtfertigt werden, bereits geplante und für die Belebung der Wirtschaft und Beschäftigung förderliche Investitionen nicht durch zusätzliche Abgabenbelastungen zu stören; denn die Befürchtung, die Abgabe werde betriebliche Investitionen hemmen, sei eine bloße Annahme, die sich empirisch nicht belegen lasse und deshalb zur Durchbrechung des Grundsatzes steuerlicher Belastungsgleichheit nicht ausreiche.
Überdies sei es nicht gerechtfertigt, daß die Möglichkeit, sich durch Eigeninvestitionen von der Abgabepflicht zu befreien, nur den Beziehern von Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 EStG zugute komme. Ohne den Lenkungszweck zu beeinträchtigen, hätte der Gesetzgeber auch die übrigen Abgabepflichtigen in die Vergünstigung einbeziehen können; die Möglichkeit der Ermäßigung hätte er ihnen jedenfalls für Investitionen im Sinne der Zweckbestimmung des § 1 InvHG (z.B. als privater Bauherr) geben müssen, statt sie durch die Auferlegung der Abgabelast zu hemmen.
Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liege weiterhin darin, daß die Investitionshilfeabgabe bei lohnsteuerpflichtigen Arbeitnehmern nach den Steuerbeträgen des laufenden Jahres bemessen werde (§ 3 Abs. 2 InvHG a. F.), während sie bei Abgabepflichtigen ohne Einkünfte im Sinne des § 19 EStG nur nach den Steuervorauszahlungen bemessen (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 a. F.) und dadurch regelmäßig an Steuerbeträgen früherer Jahre orientiert werde (vgl. § 37 Abs. 3 EStG); eine Korrektur finde zumal gemäß § 7 Abs. 1 InvHG a. F. nicht im Rahmen der Veranlagung statt (diese Regelung hat freilich das Änderungsgesetz vom 22. Dezember 1983 beseitigt).
Der Gleichbehandlungsgrundsatz sei ferner dadurch verletzt, daß die Abgabe bei lohnsteuerpflichtigen Arbeitnehmern schon zusammen mit der Steuer vom Arbeitslohn abgezogen werde (§ 6 Abs. 3 InvHG), während sie bei anderen Abgabepflichtigen erst zum 10. März des folgenden Jahres im Wege des Voranmeldungsverfahrens erhoben werde (§ 6 Abs. 1 InvHG). Daß die Bundesregierung die Abgabe früher an die lohnsteuerpflichtigen Arbeitnehmer zurückzahlen wolle, sei unbeachtlich; dies sei im Gesetz nicht zum Ausdruck gekommen.
c) Die Rückzahlungsregelung des § 8 Abs. 1 InvHG beinhalte noch weitere Verfassungsverstöße: Der für die Rückzahlung festgelegte Zeitraum von vier Jahren genüge nicht dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot; der Gesetzgeber hätte den Rückzahlungszeitpunkt und das Verfahren näher festlegen müssen. Der Beschwerdeführer im Verfahren 2 BvR 363/83 macht darüber hinaus geltend, daß insoweit, als durch das. Haushaltsbegleitgesetz 1984 die Rückzahlung der bereits im Jahre 1983 entrichteten Abgabebeträge verschoben werde, auch ein Eingriff in den bereits entstandenen und durch Art. 14 GG geschützten Rückzahlungsanspruch vorliege sowie außerdem eine rechtsstaatlich unzulässige echte Rückwirkung, weil der Steuertatbestand mit der Abgabenentrichtung bereits abgeschlossen sei.
3. Soweit die von dem Beschwerdeführer im Verfahren 2 BvR 363/83 gerügten Verfassungsverstöße durch die Neufassung des Investitionshilfegesetzes im Dezember 1983 entfallen sind, hat er sein auf Nichtigerklärung gerichtetes Begehren dahin gehend geändert, daß das Bundesverfassungsgericht in entsprechender Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO die Verfassungswidrigkeit der ursprünglichen Vorschriften feststelle.
III.
1. Die Bundesregierung ist den Verfahren beigetreten. Für sie hat sich der Bundesminister der Finanzen geäußert, der sich seinerseits nach dem Verfahrensbeitritt der Bundesregierung durch Prof. Dr. Peter Selmer hat vertreten lassen. Nach ihrer Ansicht ist das Investitionshilfegesetz verfassungsmäßig:
a) Die Gesetzgebungskompetenz ergebe sich aus Art. 74 Nr. 11 und Nr. 18 GG, jedenfalls aber aus Art. 115 Abs. 1 Satz 1 GG.
Das „Recht der Wirtschaft” im Sinne des Art. 74 Nr. 11 GG sei gemäß der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts weit zu verstehen; es umfasse auch gesetzgeberische Maßnahmen zur Lenkung der Konjunktur, und zu diesem Zweck könnten auch Geldleistungspflichten auferlegt werden. Einen solchen Inhalt habe das Investitionshilfegesetz. Die Verwendung des Abgabeaufkommens sei in ihm in ausreichendem Maße geregelt; die Einzelheiten blieben den von der Bundesregierung aufgelegten Sonderprogrammen und den Verwaltungsvereinbarungen (vgl. BBauBl 1983, S. 111 und S. 632) vorbehalten. Die Kompetenz für die Regelungen des Investitionshilfegesetzes ergebe sich außerdem aus Art. 74 Nr. 18 GG, denn zum Wohnungswesen gehörten auch Maßnahmen zur Förderung des Wohnungsbaus, wie in der Entscheidung BVerfGE 21, 117 (128) ausgesprochen worden sei.
Im Rahmen der Kompetenzen gemäß Art. 74 Nr. 11 und Nr. 18 GG sei der Gesetzgeber auch befugt gewesen, die Investitionshilfeabgabe einzuführen, die wegen der Rückzahlungsregelung keine Steuer darstelle. Sie erfülle zwar nicht die in der Entscheidung BVerfGE 55, 274 (297 ff.) herausgestellten Kriterien für die Erhebung von Sonderabgaben, weil eine spezifische Beziehung zwischen dem Kreis der Abgabepflichtigen und dem mit der Abgabe verfolgten Zweck nicht bestehe; die Abgabe stelle keine Gruppenlast, sondern eine sogenannte Gemeinlast dar. Neben dem in der genannten Entscheidung behandelten Abgabentypus gebe es aber noch weitere Arten von Sonderabgaben, die nicht denselben Anforderungen genügen mußten, wie z.B. Gebühren, Beiträge (Sozialversicherungsbeiträge), Feuerwehrabgabe (BVerfGE 13, 167), Konjunkturzuschlag (BVerfGE 29, 402 )), Schwerbehindertenabgabe (BVerfGE 57, 139), ferner Verursacherabgaben und Verbandslasten. Ebenso wie diese Abgabentypen brauche auch die Investitionshilfeabgabe nicht die gesamten in jener Entscheidung (BVerfGE 55, 274) herausgestellten Anforderungen zu erfüllen; sie sei durch die Besonderheit legitimiert, daß sie das mildere Mittel gegenüber einer verfassungsrechtlich zulässigen Steuer darstelle; sie habe die Struktur einer verfassungsrechtlich zulässigen Ergänzungsabgabe gemäß Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG, sei aber im Vergleich zu ihr aufgrund der vorgesehenen Rückzahlung das mildere Mittel. Aufgrund dieser Struktur stehe sie in Einklang mit dem System der bundesstaatlichen Finanzverfassung und müsse demgemäß als zulässige Sonderabgabe im Rahmen des Art. 74 Nrn. 11 und/oder 18 GG angesehen werden.
Weil allerdings die Investitionshilfeabgabe im Vergleich mit den bisher aus Staatspraxis und Rechtsprechung bekannten Abgabentypen neuartig sei und gegen ihre Zuordnung zu den allgemeinen Sachkompetenzen des Art. 74 Nrn. 11 und 18 GG verschiedentlich Bedenken erhoben worden seien, sei vorsorglich darauf hinzuweisen, daß sich die Kompetenz zu ihrer Einführung auch aus Art. 115 Abs. 1 Satz 1 GG ergebe: Die Erhebung der zur Rückzahlung vorgesehenen Investitionshilfeabgabe stelle eine „Aufnahme von Krediten” im Sinne des Art. 115 Abs. 1 Satz 1 GG dar; ein Grund, derartige Zwangsanleihen als nicht von dieser Vorschrift erfaßt anzusehen, sei nicht erkennbar. Vielmehr seien sie nach dem Sinngehalt der Vorschrift einzubeziehen, denn auch für sie gelte deren Zweck, zu verhindern, daß der Bund sich durch unkontrollierte Eingehung lang- und kurzfristiger Schulden in unübersehbare Rückzahlungsverpflichtungen verstricke und so die Haushalte späterer Jahre nachhaltig belaste. Aus Art. 115 Abs. 1 Satz 1 GG ergebe sich auch die Kompetenz des Bundesgesetzgebers, die Zwangsanleihebelastung im Verhältnis zum Bürger gesetzlich zu normieren. Diese Verfassungsnorm regele zwar an sich nur das Verhältnis von Parlament und Exekutive; ihre Geltung auch für Zwangsanleihen sei aber nur sinnvoll, wenn für deren Einführung auch eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes vorhanden sei. Diese sei deshalb im Sinne einer Bundeszuständigkeit kraft Sachzusammenhangs als in Art. 115 Abs. 1 Satz 1 GG stillschweigend mitgeschrieben anzusehen. Auch diese Kompetenz lasse sich allerdings nur insoweit annehmen, als die Zwangsanleihe die Grenzen der bundesstaatlichen Finanzverfassung einhalte; diesen Anforderungen genüge die Investitionshilfeabgabe, wie bereits im Rahmen des Art. 74 GG dargelegt worden sei.
b) Die Vorschriften des Investitionshilfegesetzes seien auch mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.
Das Investitionsprivileg des § 4 Abs. 4 InvHG sei durch das Bestreben gerechtfertigt, bereits geplante und für die Belebung der Wirtschaft und Beschäftigung förderliche Investitionen nicht durch zusätzliche Abgabenbelastungen zu stören. Die Verfolgung dieses Zwecks halte sich ebenso wie die dabei implizierte Prognose, daß geplante Investitionen ohne die Regelung des § 4 Abs. 4 InvHG möglicherweise gestört werden könnten, im Rahmen der weiten Gestaltungsfreiheit, die dem Gesetzgeber im Bereich des Art. 3 Abs. 1 GG allgemein zuerkannt werde. Aufgrund dieser Gestaltungsfreiheit habe er das Investitionsprivileg auch allen betrieblichen Investitionen zuerkennen dürfen und nicht eine Überprüfung der Förderungswürdigkeit jeder Investition vorsehen müssen.
Der Gesetzgeber habe das Investitionsprivileg auf betriebliche Investitionen beschränken dürfen und nicht auf nichtbetriebliche ausdehnen müssen. Er habe davon ausgehen dürfen, daß betriebliche Investitionen für die Belebung der Wirtschaft und Beschäftigung wichtiger seien als nichtbetriebliche. Die Verrechnungsmöglichkeit für nichtbetriebliche Investitionen habe er generell ausschließen dürfen; verwaltungsaufwendige Einzelprüfungen ihrer sozial-, wohnungsbau- und konjunkturpolitischen Förderungswürdigkeit habe er nicht vorsehen müssen.
Ein Gleichheitsverstoß ergebe sich auch nicht aus den Unterschieden in der Bemessung der Abgabe bei Beziehern von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 InvHG) im Vergleich zu der Bemessung bei den Abgabepflichtigen ohne derartige Einkünfte (§ 3 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 InvHG). Diese Unterschiede seien angelehnt an das System der Einkommen- und Körperschaftsteuer, und etwaige Begünstigungen durch die Anknüpfung an die Steuervorauszahlungen würden seit der Neufassung der §§ 3 Abs. 1, 7 Abs. 1 InvHG im Rahmen der Veranlagung berichtigt.
Daß die Abgabe bei lohnsteuerpflichtigen Arbeitnehmern schon zusammen mit der Steuer vom Arbeitslohn abgezogen (§ 6 Abs. 3 InvHG), bei anderen Abgabepflichtigen hingegen erst zum 10. März des folgenden Jahres im Wege des Voranmeldungsverfahrens erhoben werde (§ 6 Abs. 1 InvHG), verstoße ebenfalls nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Der Gesetzgeber habe davon absehen dürfen, bei diesen Abgabepflichtigen die Erhebung der Abgabe in Anlehnung an das System der Einkommen- und Körperschaftsteuer bereits für die Steuervorauszahlungstermine vorzusehen; denn im Falle einer solchen Regelung hätte er, um entsprechend dem Zweck des § 4 Abs. 4 InvHG die geplanten Investitionen nicht durch zusätzliche Abgabenbelastungen zu stören, gleichzeitig auch deren Verrechnung schon im Rahmen des Vorauszahlungsverfahrens ermöglichen müssen. Von einer solchen Regelung und dem mit ihr verbundenen Verwaltungsaufwand abzusehen und statt dessen zur Wahrung der steuerlichen Belastungsgleichheit einen entsprechend früheren Rückzahlungszeitpunkt für lohnsteuerpflichtige Arbeitnehmer vorzusehen, sei von seiner Gestaltungsfreiheit gedeckt; die Ausgestaltung der Rückzahlungsregelung im einzelnen habe er dem Verordnungsgeber überlassen dürfen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 InvHG) und nicht bereits selbst im Gesetz regeln müssen.
Auch die Verschiebung des Rückzahlungszeitraums durch die Neufassung des § 8 Abs. 1 InvHG sei nicht zu beanstanden. Insoweit liege weder ein Verstoß gegen Art. 14 GG noch eine rechtsstaatlich unzulässige echte Rückwirkung vor. Allein durch den (im Jahre 1983 bereits erfolgten) Abzug der Abgabe vom Arbeitslohn sei noch kein eigentumskräftiger Rückzahlungsanspruch entstanden und ebensowenig ein abgeschlossener Steuertatbestand gegeben. Der Abzug vom Arbeitslohn habe nur vorläufigen Charakter; erst die Veranlagung gemäß § 7 Abs. 1 InvHG schließe den Steuertatbestand ab und lasse den Rückzahlungsanspruch entstehen. Die demnach allenfalls vorliegende unechte Rückwirkung sei durch die der Gesetzesänderung zugrundeliegenden öffentlichen Interessen gerechtfertigt.
2. Für die Hessische Landesregierung hat sich der Hessische Ministerpräsident geäußert, der sich in der mündlichen Verhandlung durch Prof. Dr. Gunter Kisker hat vertreten lassen. Nach ihrer Ansicht ist das Investitionshilfegesetz mit den Kompetenzvorschriften des Grundgesetzes unvereinbar:
Art. 74 Nr. 11 GG setze voraus, daß entweder die Abgabe selbst ein Instrument der Wirtschaftslenkung sei (wie beispielsweise der Konjunkturzuschlag oder die Schwerbehindertenabgabe mit ihrer Antriebsfunktion, vgl. BVerfGE 29, 402 ) und 57, 139) oder daß die Abgabenregelung als bloßer Annex im Sachzusammenhang mit einer Sachregelung stehe (wie beispielsweise mit einer Sachkompetenz verzahnte Gebühren- und Beitragsregelungen). Keine dieser Voraussetzungen erfülle die Regelung über die Investitionshilfeabgabe. Das Investitionshilfegesetz beinhalte gerade nicht primär eine Sachregelung für den wirtschaftlichen Bereich, sondern habe primär abgabenrechtlichen Inhalt, dem nur eine allgemeingehaltene Bestimmung über den Verwendungszweck der Abgabe (§ 1 InvHG) und eine wirtschaftslenkende Ermäßigungsvorschrift (§ 4 Abs. 4 InvHG) hinzugefügt sei. Dies reiche für ein Eingreifen der Regelung über die Sachkompetenz nicht aus. Würde man einer Zwecksteuer schon dann die Legitimation aus einer Sachkompetenz zuerkennen, wenn das Gesetz lediglich eine Zweckbindung zugunsten eines sachkompetenzorientierten Zweckes und einige entsprechende Befreiungstatbestände enthalte, könnten Bund und Länder in nur loser Anknüpfung an Sachkompetenzbereiche beispielsweise Kindergartenabgaben, Schulabgaben, Schwimmbadabgaben u. ä. einführen; der Abgabenerfindung wären kaum Grenzen gezogen, es sei denn, man würde dem Gleichartigkeitsverbot des Art. 105 Abs. 2 a GG ein zusätzliches Anwendungsfeld erschließen, was indes schwerlich gutzuheißen wäre.
Der zur Rechtfertigung der Investitionshilfeabgabe angeführte Gesichtspunkt, daß sie wegen ihrer Strukturgleichheit mit einer Ergänzungsabgabe gemäß Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG die bundesstaatliche Finanzverfassung nicht beeinträchtige, zeige allenfalls die finanzverfassungsrechtliche Ungefährlichkeit der Investitionshilfeabgabe, vermöge aber das Vorliegen einer Regelung im Rahmen einer Sachkompetenz des Art. 74 GG nicht darzutun.
Eine Kompetenzgrundlage für die Investitionshilfeabgabe könne aus Art. 115 GG ebenfalls nicht hergeleitet werden. Diese Vorschrift sei auf die herkömmliche Aufnahme von Anleihen auf dem Kapitalmarkt zugeschnitten. Sie ermächtige den Gesetzgeber auch nur, die Kreditaufnahme der Exekutive der Höhe nach zu begrenzen; ein solches Gesetz genüge schon nach der Lehre vom Vorbehalt des Gesetzes nicht zur Belastung des Bürgers mit einer Zwangsanleihe. Als Kompetenzgrundlage für die Einführung einer Zwangsanleihe könnten nur andere Vorschriften in Betracht gezogen werden (wobei man dann allerdings für die Höhe der Kreditaufnahme eine analoge Anwendung des Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG erwägen müsse).
Die Kompetenz für die Einführung der Investitionshilfeabgabe ergebe sich auch nicht aus Art. 105 GG. Dem herkömmlichen Steuerbegriff entspreche die Investitionshilfeabgabe nicht; aufgrund der Rückzahlungsregelung des § 8 Abs. 1 InvHG fehle es an dem Erfordernis, daß die Abgabe dem Gemeinwesen endgültig zufalle. Die Investitionshilfeabgabe könne auch nicht unter dem Gesichtspunkt, daß der Bürger einen Zinsverlust erleide, als Steuer qualifiziert werden, denn die Zinsen seien nicht der Schuldgegenstand; auch andere zinslose Nutzungsinanspruchnahmen, wie z.B. die eines Kraftfahrzeugs nach dem Bundesleistungsgesetz, würden nicht als Steuererhebung qualifiziert.
Eine Ausdehnung des Steuerbegriffs des Art. 105 GG oder eine analoge Anwendung dieser Vorschrift auf Zwangsanleihen scheide ebenfalls aus. An der für eine Analogie vorausgesetzten Lücke fehle es schon angesichts der Regelung des Art. 30 GG. Im übrigen wäre jede Erweiterung des Anwendungsbereichs des Art. 105 GG nur mit einer Loslösung vom Steuerbegriff der Abgabenordnung, folglich mit einer Preisgabe der bisherigen klaren und kalkulierbaren Kompetenzabgrenzungen verbunden; das sei schon generell nicht wünschenswert und keinesfalls durch die Investitionshilfeabgabe zu rechtfertigen, die aus einer wohl nur einmaligen konkreten politischen Konstellation entstanden sei. Überdies würde sich eine durch Ausweitung des Art. 105 GG legitimierte rückzahlbare Abgabe kaum in das übrige finanzverfassungsrechtliche System einfügen; Art. 106, 107 GG ließen sich sinnvoll nur auf solche Aufkommen anwenden, die den Gemeinwesen endgültig zuflössen. Insgesamt zeige sich, daß der Typus der Zwangsanleihe mit der Finanzverfassung des Grundgesetzes unvereinbar sei. Ihre Einführung außerhalb von Sachkompetenzen wie Art. 74 Nr. 11 GG sei zumindest dem Bund, aber wohl auch den Ländern verwehrt.
3. Der Bundesfinanzhof hat einen Beschluß seines III. Senats vom 10. Februar 1984 ) übersandt. Darin werden erhebliche Bedenken gegen die Vereinbarkeit der Vorschriften des Investitionshilfegesetzes sowohl mit der Kompetenzordnung des Grundgesetzes als auch mit Art. 3 Abs. 1 GG erhoben. Im Ergebnis wird dennoch die von dem Abgabepflichtigen begehrte Aussetzung der Vollziehung des Haftungsbescheides abgelehnt, weil im Rahmen des Ermessens gemäß § 69 Abs. 3 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 2 Satz 2 FGO („kann” bzw. „soll”) zu berücksichtigen sei, daß ein atypischer Fall vorliege, in dem schwerwiegende öffentliche Interessen der Aussetzung entgegenstünden. Wegen der Einzelheiten wird auf den in BFHE 140, 396 veröffentlichten Beschluß verwiesen.
4. Der Kläger im Ausgangsverfahren der Vorlage 2 BvL 19/83 hat sich im wesentlichen den von den übrigen Äußerungsberechtigten vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken angeschlossen.
Entscheidungsgründe
B.
Sowohl die Vorlagen als auch die Verfassungsbeschwerden sind zulässig.
1. Sie sind sämtlich dahin auszulegen, daß sie sich gegen die Vorschriften des Investitionshilfegesetzes in der Fassung des Haushaltsbegleitgesetzes 1984 vom 22. Dezember 1983 (BGBl I S. 1532, BStBl I S. 547) richten.
a) Die Neufassung ist für die Ausgangsverfahren der vorlegenden Finanzgerichte entscheidungserheblich, denn sie ist gemäß Art. 39 Abs. 4 des Haushaltsbegleitgesetzes rückwirkend zum 1. Januar 1983 in Kraft getreten.
Daß die vorlegenden Gerichte die Neufassung nicht ausdrücklich im Sinne des § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG zum Gegenstand ihrer Vorlage gemacht haben, ist unschädlich. Diese Vorschrift bezweckt, das vorlegende Gericht zu zwingen, die Kollisionsfrage sachgerecht zu durchdenken und dadurch unnötige, leichtfertige oder gar unsinnige Vorlagen zu vermeiden. Mit diesem Zweck ist es vereinbar, zwischenzeitliche, entscheidungserhebliche Gesetzesänderungen dann in die Prüfung einzubeziehen, wenn die Begründung des Vorlagebeschlusses gleichermaßen für die neuere Gesetzesfassung zutrifft, wenn also der sachliche Gehalt der vom Gericht vorgelegten Vorschriften im wesentlichen erhalten geblieben ist. Diese Voraussetzungen sind gegeben; die Änderung des Investitionshilfegesetzes hat den sachlichen Gehalt der vorgelegten Vorschriften und ihre verfassungsrechtliche Problematik im wesentlichen unverändert gelassen.
b) Die Neufassung des Investitionshilfegesetzes ist aus den gleichen Gründen auch der Prüfung der Verfasungsbeschwerden zugrunde zu legen.
2. Die speziellen, für Verfassungsbeschwerden gegen Gesetze bestehenden Voraussetzungen sind erfüllt. Die Beschwerdeführer sind durch die Vorschriften des Investitionshilfegesetzes nicht nur selbst und gegenwärtig, sondern auch unmittelbar betroffen. Deren Durchführung bedarf keines besonderen behördlichen Vollziehungsaktes; unmittelbar aufgrund der gesetzlichen Vorschriften trifft der Abzug der Abgabe vom Arbeitslohn die Arbeitnehmer und die Pflicht zur Abführung der Abgabe die Arbeitgeber (§ 6 Abs. 3 und 4. InvHG) und ebenso nach Maßgabe der von ihnen selbst abzugebenden Voranmeldung die selbständig tätigen Abgabepflichtigen (§ 6 Abs. 1 InvHG). Das entspricht den Anforderungen an die Unmittelbarkeit des Betroffenseins (vgl. BVerfGE 16, 147 [159]; 29, 402[407]; 30, 250[261]).
C.
Das Investitionshilfegesetz ist mit den Vorschriften über die Gesetzgebungskompetenz des Bundes unvereinbar und nichtig. Das Gesetz regelt weder das Recht der Wirtschaft (Art. 74 Nr. 11 GG) noch das Wohnungswesen (Art. 74 Nr. 18 GG). Aus Art. 115 Abs. 1 Satz 1 GG ergibt sich keine Ermächtigung für den Bund, die Bürger mit Zwangsanleihen zu belasten. Die Investitionshilfeabgabe ist auch keine Steuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2 GG.
Das Investitionshilfegesetz verletzt damit die. Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 70 ff. und Art. 105 Abs. 2 GG.
I.
1. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits im Investitionshilfe-Urteil von 1952 (BVerfGE 4, 7 [13]) ausgesprochen, daß der Bundesgesetzgeber befugt ist, ordnend und lenkend in das Wirtschaftsleben einzugreifen, und daß er in diesem Zusammenhang auch Geldleistungen auferlegen kann. Es hat seitdem in mehreren Entscheidungen die Kompetenz des Gesetzgebers zur Einführung außersteuerlicher Abgaben sowie zur Regelung ihrer Verwendung aus den allgemeinen Sachzuständigkeiten nach Art. 73 ff. GG hergeleitet (vgl. BVerfGE 8, 274 [317]; 18, 315 [328 f.]; 29, 402[409]; 37, 1 [16 f.]). Zugleich hat das Gericht aber auch festgestellt, daß sich die Schranken für die Auferlegung von Sonderabgaben nicht allein aus dem Inhalt und den Grenzen der zugrundeliegenden Sachgebietskompetenz bestimmen lassen. Denn jede Sonderabgabe gerät zwangsläufig in Konkurrenz zu dem verfassungsrechtlich umfassend geregelten Institut der Steuer, mit dem sie jedenfalls insoweit übereinstimmt, als sie den Betroffenen eine Geldleistungspflicht „voraussetzungslos” – d.h. ohne Rücksicht auf eine korrespondierende Gegenleistung der öffentlichen Hand – auferlegt. Trotz dieser Ähnlichkeit sind Steuer und Sonderabgabe in ihrem rechtlichen Charakter jedoch wesensverschieden. Sie unterscheiden sich nach „Idee und Funktion” grundlegend (BVerfGE 18, 315 [328]; 55, 274 [298]).
a) Das Grundgesetz versagt es dem Gesetzgeber, Sonderabgaben für Erzielung von Einnahmen für den allgemeinen Finanzbedarf eines öffentlichen Gemeinwesens zu erheben und das Aufkommen aus derartigen Abgaben zur Finanzierung allgemeiner Staatsaufgaben zu verwenden (BVerfGE 55, 274 [298]). Der Gesetzgeber darf sich der Abgabe nur im Rahmen der Verfolgung eines Sachzwecks bedienen, der über die bloße Mittelbeschaffung hinausgeht. In dem Gesetz muß außer der Belastung mit der Abgabe und der Verwendung ihres Aufkommens auch die gestaltende Einflußnahme auf die Wirtschaft zum Ausdruck kommen. Das Gesetz selbst muß Wirtschaftsregulierenden oder -lenkenden Inhalt haben; andernfalls fällt es nicht in den Kompetenzbereich des Art. 74 Nr. 11 GG. Entsprechendes gilt für die Inanspruchnahme der Kompetenz des Art. 74 Nr. 18 GG. Nur wenn der Gesetzgeber durch die Sonderabgabe in dem jeweiligen Kompetenzbereich gestaltend wirkt, kann er sich auf Art. 70 ff. GG stützen und im Einzelfall über den bundesstaatlich begründeten Ausschließlichkeitsanspruch der in Art. 104 a ff. GG normierten Regeln hinwegsetzen (vgl. BVerfGE 55, 274 [304]).
b) Dementsprechend hat das Bundesverfassungsgericht Kriterien entwickelt, nach denen sich zulässige außersteuerliche Abgaben von Steuern unterscheiden lassen. Diese Kriterien dienen dazu, die bundesstaatliche Finanzverfassung vor Störungen zu schützen und den Erfordernissen des Individualschutzes der Abgabepflichtigen Rechnung zu tragen. Der Gesetzgeber hat bei der Einführung von Sonderabgaben Kompetenzschranken zu beachten, die seinen Gestaltungsspielraum im Verhältnis zur übrigen Regelungsbefugnis in der jeweiligen Sachmaterie deutlich verengen; es ist ihm verfassungsrechtlich versagt, eine öffentliche Aufgabe nach seiner Wahl im Wege der Besteuerung oder durch Erhebung einer „parafiskalischen” Sonderabgabe zu finanzieren (BVerfGE 55, 274 [299 ff.]). Demgemäß ist die Erhebung von Sonderabgaben nur unter engen Voraussetzungen verfassungsrechtlich zulässig. Für diese Zulässigkeit kann weder die gesetzliche Klassifizierung noch die konkrete haushaltsmäßige Behandlung einer Abgabe durch den Gesetzgeber entscheidend sein; maßgeblich ist vielmehr ihr materieller Gehalt.
(1) Eine gesellschaftliche Gruppe kann nur dann mit einer Sonderabgabe in Anspruch genommen werden, wenn sie durch eine gemeinsame, in der Rechtsordnung oder in der gesellschaftlichen Wirklichkeit vorgegebene Interessenlage oder durch besondere gemeinsame Gegebenheiten von der Allgemeinheit und anderen Gruppen abgrenzbar ist, wenn es sich also um eine in diesem Sinne homogene Gruppe handelt. Es ist dem Gesetzgeber verwehrt, für eine beabsichtigte Abgabenerhebung beliebig Gruppen nach Gesichtspunkten, die nicht in der Rechts- oder Sozialordnung materiell vorgegeben sind, normativ zu bilden.
(2) Weiter setzt die Erhebung einer Sonderabgabe eine spezifische Beziehung zwischen dem Kreis der Abgabepflichtigen und dem mit der Abgabenerhebung verfolgten Zweck voraus. Die mit der Abgabe belastete Gruppe muß dem mit der Erhebung verfolgten Zweck evident näherstehen als jede andere Gruppe oder die Allgemeinheit der Steuerzahler. Aus dieser Sachnähe der Abgabepflichtigen zum Erhebungszweck muß eine besondere Gruppenverantwortung für die Erfüllung der mit der außersteuerlichen Abgabe zu finanzierenden Aufgabe entspringen. Dabei ist der Begriff der „Sachnähe” nach materiell-inhaltlichen Kriterien zu bestimmen, die sich einer gezielten Normierung des Gesetzgebers aus Anlaß der Einführung der Abgabe entziehen.
(3) Das Abgabeaufkommen muß im Interesse der Gruppe der Abgabepflichtigen, also „gruppennützig” verwendet werden. „Gruppennützige” Verwendung besagt allerdings nicht, daß das Aufkommen im spezifischen Interesse jedes einzelnen Abgabepflichtigen zu verwenden ist; es genügt, wenn es überwiegend im Interesse der Gesamtgruppe verwendet wird.
c) Diese Kriterien gelten grundsätzlich für alle Sonderabgaben, mithin für Abgaben, die der Verwirklichung besonderer Sachaufgaben dienen.
Eine wichtige Gruppe innerhalb der Sonderabgaben bilden die sogenannten Ausgleichs-Finanzierungsabgaben. Bei diesen sollen die durch die Abgabe einkommenden Mittel – ungeachtet der differenzierten Abgabengestaltung im einzelnen – Belastungen oder Vorteile innerhalb eines bestimmten Erwerbs- oder Wirtschaftszweiges ausgleichen: Preisausgleichsabgaben nähern entweder die Preise für Güter gleicher Art in standortgünstig und standortungünstig gelegenen Gebieten (revierfernen, frachtungünstig gelegenen Gebieten) einander an oder gleichen Preise für verschiedenartige, in ihrer Verwendung einander jedoch ähnliche Güter aus (BVerfGE 8, 274 [316 f.]); die Hebammenabgabe dient dem Ausgleich unterschiedlicher Hebammeneinkünfte und stellt so die gleichmäßige Versorgung der Bevölkerung in Stadt und Land mit Hebammenhilfe sicher (BVerfGE 17, 287 [292]); die Mehrwertabgabe schöpft Umlegungsvorteile ab (BVerfGE 18, 274 [287]); die Milchausgleichsabgabe führt innerhalb der in eine Marktordnung einbezogenen und durch sie auf besondere Weise wirtschaftlich verbundenen Betriebe einen annäherungsweisen Ausgleich der Erträge herbei (BVerfGE 18, 315 [328]).
Neben diese Ausgleichs-Finanzierungsabgaben treten in engen Grenzen Ausgleichsabgaben eigener Art, die keinen Finanzierungszweck verfolgen. Dazu gehören etwa die Feuerwehrabgabe, die eine möglichst gleichmäßige Verteilung einer öffentlichen Last durch die Auferlegung einer Art Ersatzgeld sicherstellt (BVerfGE 13, 167 [170 f.]) und die Ausgleichsabgabe nach dem Schwerbehindertengesetz, die eine auf Verhaltenslenkung gerichtete Antriebs- und Sanktionsfunktion erfüllt, indem sie Arbeitgeber, die nicht die vorgeschriebene Zahl Schwerbehinderter beschäftigen, zum Ausgleich mit einer Abgabe belastet (BVerfGE 57, 139 [153]). Ohne einen Finanzierungszweck war auch der 1970 erhobene Konjunkturzuschlag, der nicht der Erzielung von Einnahmen für öffentliche Haushalte, sondern aus seinem Regelungsgehalt heraus unmittelbar der Drosselung des privaten Verbrauchs diente (BVerfGE 29, 402[409]). Bei Abgaben dieser Art, bei denen nicht die Finanzierung einer besonderen Aufgabe Anlaß zu ihrer Einführung gab, können die dargelegten Maßstäbe nicht uneingeschränkt gelten (vgl. BVerfGE 57, 139 [167]). Welche verfassungsrechtlichen Anforderungen an derartige Abgaben näherhin zu stellen wären, bedarf hier keiner Entscheidung.
d) Verfolgt eine Sonderabgabe jedoch einen Finanzierungszweck – sei es als Haupt- oder als Nebenzweck –, so gelten die angeführten Kriterien in vollem Umfang. Hinzutretende Lenkungszwecke, seien sie dominant oder nur beiläufig, ändern daran nichts. Denn bei jeder Sonderabgabe mit Finanzierungszweck erlangen die Sicherung der bundesstaatlichen Finanzverfassung und die Abgrenzung gegenüber Gemeinlasten, die über das Aufkommen aus Steuern und nach Maßgabe der steuerlichen Ertragsverteilung zu finanzieren sind, entscheidende Bedeutung. Dem Grundgesetz ist eine „atypische” Sonderabgabe in Form einer Gemeinlast fremd. Die vom Bundesverfassungsgericht für die Verfassungsmäßigkeit von Sonderabgaben als Finanzierungsabgaben entwickelten Kriterien dienen nicht dazu, Zulässigkeitsmerkmale nur einer bestimmten Art von Sonderabgaben mit Finanzierungszweck – etwa der gruppenbezogenen bzw. gruppennützigen – herauszustellen, neben denen andere Arten solcher Abgaben möglich bleiben. Sie bezeichnen vielmehr allgemein die Voraussetzungen, unter denen solche Abgaben überhaupt, in der Abgrenzung zu Steuern, verfassungsrechtlich zulässig sind. Nur so kann die bundesstaatliche Finanzverfassung vor einer Aushöhlung durch Sonderabgaben geschützt und den Erfordernissen des Individualschutzes der Abgabepflichtigen, insbesondere der Lastengleichheit, Rechnung getragen werden.
2. Die Investitionshilfeabgabe genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine Sonderabgabe nicht.
a) Die Erhebung der Abgabe selbst wirkt weder im Gesetzgebungsbereich Recht der Wirtschaft (Art. 74 Nr. 11 GG) noch im Gesetzgebungsbereich Wohnungswesen (Art. 74 Nr. 18 GG) gestaltend. Die in § 1 InvHG angegebene allgemeine Zweckbestimmung („Zur Förderung des Wohnungsbaus”) geht nicht über die auch bei Zwecksteuern übliche Konkretisierung hinaus und betrifft eine seit langem vom Staat wahrgenommene Aufgabe. Abgesehen von dieser Benennung des Gesetzeszwecks enthält das Gesetz keine Regelung der Bereiche Recht der Wirtschaft und Wohnungswesen. Es erschöpft sich in der Gestaltung der Abgabe, ohne die beabsichtigte Investitionshilfe in irgendeiner Weise zu regeln. Insoweit besteht ein grundlegender Unterschied zum Gesetz über die Investitionshilfe der gewerblichen Wirtschaft vom 7. Januar 1952 (BGBl I S. 7; dazu BVerfGE 4, 7). Erst Verwaltungsvereinbarungen zwischen Bund und Ländern gemäß Art. 104 a Abs. 4 Satz 2 GG schufen die Grundlage für Sonderprogramme zur Bausparzwischenfinanzierung (vgl. BBauBl 1983, S. 111) sowie zur Belebung des sozialen Wohnungsbaus und der Baunachfrage in Ballungsgebieten (vgl. BBauBl 1983, S. 632). Art. 104 a Abs. 4 GG betrifft aber gerade die Ausgabe allgemeiner Finanzmittel des Bundes, während die Verwendung einer zulässigen Sonderabgabe aufgrund der Sachkompetenz des Gesetzgebers nach Art. 70 ff. GG geregelt sein muß. Auf Art. 74 Nr. 11 oder Nr. 18 GG könnte der Gesetzgeber sich nur berufen, wenn das Gesetz die Investitionshilfeabgabe auch als Mittel der Beeinflussung der Wirtschaft oder des Wohnungsbaus ausgestaltet hätte. Gegenstand der gesetzlichen Regelung ist im vorliegenden Fall jedoch nicht die Förderung des Wohnungsbaus selbst, sondern nur die vorübergehende Gewinnung von zweckgebundenen Mitteln für den Finanzbedarf des Bundes.
b) Die Investitionshilfeabgabe, erfüllt nicht die Voraussetzungen für die Verfassungsmäßigkeit einer Sonderabgabe mit Finanzierungszweck. Abgabepflichtig sind einkommensteuerpflichtige Personen von einem bestimmten Einkommen an und körperschaftsteuerpflichtige Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen (§§ 2, 3 InvHG). Sie bilden keine Gruppe unter Gesichtspunkten, die in der Rechts- und Sozialordnung materiell vorgegeben wären; verbunden sind sie nur durch ihre Körperschaftsteuerpflicht bzw. durch ein bestimmtes Einkommen und die daran anknüpfende Einkommensteuerpflicht. Es besteht auch keine spezifische Beziehung zwischen dem Kreis der Abgabepflichtigen und dem Zweck der Förderung des Wohnungsbaus. Sie stehen diesem Zweck nicht näher als jede andere Gruppe oder die Allgemeinheit der Steuerzahler. Die Verwendung des Abgabeaufkommens zur Förderung des Wohnungsbaus liegt auch weder im Interesse der Gruppe der Abgabepflichtigen noch nützt sie ihnen. Wenn der Wohnungsbau gefördert wird, erwächst ihnen daraus kein besonderer Vorteil.
Eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Investitionshilfegesetz ergibt sich auch nicht aus Art. 115 GG.
1. Offenbleiben kann, ob Art. 115 Abs. 1 Satz 1 GG Zwangsanleihen überhaupt erfaßt. Die Wortfassung „Aufnahme von Krediten” deutet eher auf die Kreditbeschaffung am Markt auf vertraglich-freiwilligem Weg. Die in der Literatur verbreitete Berufung darauf, daß diese Wortfassung keine andere Bedeutung habe als die Formulierung „im Wege des Kredits” in Art. 87 WRV (vgl. etwa Maunz in: Maunz/Durig/Herzog/Scholz, Grundgesetz, Art. 115 n.F., Rdnrn. 6, 10), weist nicht in eine andere Richtung. Denn inwieweit unter die Beschaffung von Geldmitteln im Wege des Kredits nach Art. 87 WRV auch Zwangsanleihen gerechnet wurden, läßt sich nicht eindeutig ausmachen. Wohl wurde in der Literatur diese Auffassung vertreten, andererseits sah jedoch die Reichsschuldenordnung vom 13. Februar 1924 (RGBl I. S. 95), die als Ausführungsgesetz zu Art. 87 WRV erging, und zwar nachdem die Zwangsanleihe von 1922 gesetzlich angeordnet worden war, die Zwangsanleihe als zugelassene Schuldform (§ 1 Abs. 1) nicht vor. Andererseits spricht der Zweck der Norm – der Bund soll nicht durch parlamentarisch unkontrollierte Eingehung lang- und kurzfristiger Schulden in unübersehbare Rückzahluhgsverpflichtungen verstrickt werden, die künftige Haushalte nachhaltig belasten – dafür, Art. 115 Abs. 1 Satz 1 GG auch auf Zwangsanleihen, soweit diese finanzverfassungsrechtlich zulässig sind, anzuwenden.
2. Art. 115 Abs. 1 Satz 1 GG begründet jedoch keine Kompetenzen des Bundes im Verhältnis zu den Ländern oder besondere Befugnisse des Staates im Verhältnis zum einzelnen. Er betrifft von vornherein nur das Verhältnis zwischen Exekutive und Legislative. Die Vorschrift sichert das Haushaltsrecht, insbesondere das Ausgabenbewilligungsrecht des Parlaments (von Mangoldt, Das Bonner Grundgesetz, 1953, Art. 115 Anm. 2). Die Exekutive soll nicht durch Verschuldung die Rechte des Parlaments auf dem Gebiet des Haushaltsrechts, die in langem und zähem Kampf erworben wurden, aushöhlen oder umgehen können (Maunz, a.a.O., Art. 115 Rdnr. 1). Angesichts dieser Ausrichtung entfaltet Art. 115 Abs. 1 Satz 1 GG seine Wirkung gerade und nur im Inter-Organ-Verhältnis zwischen Parlament und Regierung. Weder verbietet er die Auferlegung von Zwangsanleihen (dazu BVerfGE 4, 7 [15]) noch gestattet er sie; er befaßt sich überhaupt nicht mit ihrer Zulässigkeit. Er regelt die Kreditaufnahme allein unter dem Aspekt der Sicherung der Gewaltengliederung.
Aus diesem Grund scheidet auch die Annahme einer in Art. 115 Abs. 1 GG enthaltenen Kompetenz kraft Sachzusammenhangs zur Auferlegung einer Zwangsanleihe aus. Eine solche Kompetenz könnte sich als mitenthalten oder stillschweigend mitgeschrieben überhaupt nur dann ergeben, wenn Art. 115 Abs. 1 Satz 1 GG seinerseits eine Kompetenzvorschrift im Verhältnis von Bund und Ländern darstellte. Das ist nicht der Fall.
III.
Eine Kompetenz des Bundes zum Erlaß des Investitionshilfegesetzes ergibt sich ferner nicht aus Art. 105 Abs. 2 GG: Die Investitionshilfeabgabe ist wegen ihrer Rückzahlbarkeit keine Steuer im Sinne dieser Vorschrift; eine analoge Anwendung des Art. 105 Abs. 2 GG auf die Investitionshilfeabgabe sowie die Herleitung ihrer Zulässigkeit aus dem Gesichtspunkt des milderen Mittels kommen nicht in Betracht.
1. Das Grundgesetz verwendet in den Art. 105 ff. den Begriff der Steuer, ohne ihn selbst zu definieren. Das Bundesverfassungsgericht geht auf dieser Grundlage in ständiger Rechtsprechung davon aus, daß das Grundgesetz für den Begriff „Steuer” – ebenso wie die Steuerrechtswissenschaft – an die Definition der Abgabenordnung anknüpft (BVerfGE 3, 407 [435]; 29, 402[408 f.]; 36, 66[70]; 38, 61 [79 f.]; 42, 223 [228]; 49, 343 [353]). Demnach legt es die seit Jahrzehnten eingebürgerte Begriffsbestimmung des gemeindeutschen Steuerrechts auch den Kompetenzvorschriften der Verfassung zugrunde (vgl. BVerfGE 7, 244[251]). Allerdings reicht der Steuerbegriff des Grundgesetzes über das „Konzentrat einfachgesetzlicher Normen” (vgl. Lerche, Werbung und Verfassung, S. 33 ff.) hinaus. Als verfassungsrechtlicher Steuerbegriff steht er im Funktionszusammenhang der bundesstaatlichen Finanzverfassung; ferner hat er der Notwendigkeit Rechnung zu tragen, daß die Steuer in der modernen Industriegesellschaft zwangsläufig auch zum zentralen Lenkungsinstrument aktiver staatlicher Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik geworden ist.
Dieser weitergreifenden Funktion des verfassungsrechtlichen Steuerbegriffs steht indes nicht entgegen, daß der Begriff „Steuer” in Art. 105 GG die wesentlichen Merkmale des Steuerbegriffs der Abgabenordnung in sich enthält; nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts werden diese von ihm umfaßt. Der sachliche Gehalt dieser Merkmale ist freilich nicht in jeder Hinsicht abschließend geklärt. So ist bisher nicht ausdrücklich entschieden worden, ob es zu den Merkmalen des verfassungsrechtlichen Steuerbegriffs gehört, daß die Mittel aus einer Abgabe dem Fiskus endgültig zufließen und nicht an die Abgabepflichtigen zurückgezahlt werden. Allerdings haben schon mehrere Entscheidungen eine deutliche Tendenz zur Bejahung dieser Frage erkennen lassen (BVerfGE 4, 7 [17]; 36, 66[70]; 55, 274 [305]). In der Tat schließt die Rückzahlbarkeit einer Abgabe, wie sie im Investitionshilfegesetz vorgesehen ist, es aus, sie unter den Steuerbegriff des Art. 105 GG zu fassen.
a) Zwar handelt es sich auch bei einer rückzahlbaren Abgabe um eine Geldleistung und nicht etwa um die befristete Einräumung der Nutzungsmöglichkeit an bestimmten Geldbeträgen. Sie dient jedoch nicht der Erzielung von Einkünften. Die vom Staat ersparten Zinsaufwendungen stellen keine Einkünfte, sondern nicht getätigte Ausgaben dar. Es geht auch nicht an, den Rückgewähranspruch von der Geldleistungspflicht zu trennen, um so die Problematik der rückzahlbaren Abgabe zu vermeiden und die Erzielung von Einkünften annehmen zu können. Der Gesetzgeber hat von vornherein die Absicht gehabt, nicht eine Steuer, sondern eine rückzahlbare Abgabe zu erheben (vgl. Regierungsentwurf, BT-Drucks. 9/2140, S. 72). Diese Absicht hat er mit der gesetzlichen Festschreibung des Rückzahlungsanspruchs in § 8 Abs. 1 InvHG auch verwirklicht. Geldleistungspflicht und. Rückgewähranspruch gehören gemäß der Regelung des Investitionshilfegesetzes zusammen; erst beide gemeinsam machen die Eigenart der Investitionshilfeabgabe aus. Das schließt es aus, die verfassungsrechtliche Beurteilung des Gesetzes auf die Geldleistungspflicht – getrennt von dem Rückgewähranspruch – zu beschränken.
b) Die Einheit von Geldleistungspflicht und Rückzahlungsanspruch reiht die Investitionshilfeabgabe unter die Zwangsanleihen ein. Diese dienen zwar der Erzielung von (vorübergehenden) Einnahmen, bewirken aber keine (endgültigen) Einkünfte. Das ergibt sich deutlich aus der historischen Interpretation. Das jüngste Beispiel einer Zwangsanleihe in Deutschland bildet das Reichsgesetz über die Zwangsanleihe vom 20. Juli 1922 (RGBl I S. 601). Finanzwissenschaft und Steuerrechtswissenschaft haben zwar die enge Verwandtschaft zwischen Zwangsanleihen und Steuern betont, beide aber stets deutlich voneinander geschieden (Dieben/Ebert, Die Technik des öffentlichen Kredits in: Handbuch der Finanzwissenschaft, 3. Band, 2. Aufl., 1958, S. 36 ff. [46]; Becker, Die Reichsabgabenordnung, 3. Aufl., 1924, S. 8; Zarden, Kommentar zum Gesetz über die Zwangsanleihe vom 20. Juli 1922, S. 5 ff.; derselbe, Der Gesetzentwurf über die Zwangsanleihe in: DJZ 1922, S. 398; Tipke, Steuerrecht, 9. Aufl., 1983, S. 55, 488).
Unter der Weimarer Reichsverfassung blieb dies allerdings ohne kompetenzrechtliche Folgen. Das Reich hatte nämlich gemäß Art. 8 Abs. 1 WRV die „Gesetzgebung über die Abgaben und sonstigen Einnahmen, soweit sie ganz oder teilweise für seine Zwecke in Anspruch genommen werden”. Diese Kompetenz war so umfassend, daß – unabhängig von der Einordnung der Zwangsanleihe als Steuer, sonstige Abgabe, Anleihe oder als Mischform – an der Gesetzgebungszuständigkeit des Reiches kein Zweifel bestehen konnte. Nur Landesabgaben, d.h. Abgaben, die der Bestreitung des Finanzbedarfs der Länder dienten, sollten nicht durch Reichsgesetze geregelt werden (Art. 8 Abs. 2 WRV). Bei der Formulierung des Grundgesetzes, das den Ländern in der Finanzverfassung eine stärkere Position einräumt, hat sich der Verfassungsgeber über die Kompetenz zur Auferlegung von Zwangsanleihen, die schon 1922 eher als ein Anachronismus angesehen worden waren, keine besonderen Gedanken gemacht. Schon in den Beratungen des Verfassungskonvents auf Herrenchiemsee war stets nur von Steuern, nicht jedoch von Abgaben wie in Art. 8 der Weimarer Reichsverfassung die Rede (vgl. Verfassungskonvent auf Herrenchiemsee, Plenarsitzung vom 11. August 1948 in: Der Parlamentarische Rat 1948–1949, Band 2, S. 66 ff. [108 ff.]; ebenso der Abschnitt „Die Bundesfinanzverfassung” im Entwurf des Bayerischen Vertreters im Unterausschuß II, Ottmar Kollmann, a.a.O., S. 233 [236]; Vorschläge der Finanzsachverständigen im Unterausschuß II, a.a.O., S. 243 ff. [267 ff.]; Plenarsitzung am 23. August 1949, a.a.O., S. 403 [484 ff.]; Bericht über den Verfassungskonvent auf Herrenchiemsee vom 10. bis 23. August 1948, a.a.O., S. 504 ff.). Da Zwangsanleihen stets von Steuern unterschieden wurden, scheidet Art. 105 Abs. 2 GG demgemäß nach seinem entstehungszeitlichen Sinn als Grundlage für eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes über rückzahlbare Anleihen aus.
2. Die Kompetenz des Bundes zur Einführung der Investitionshilfeabgabe kann auch nicht einer den entstehungszeitlichen Sinn erweiternden Interpretation des verfassungsrechtlichen Steuerbegriffs entnommen werden. Eine solche Interpretation ist zwar nicht schlechthin ausgeschlossen; sie kann jedoch nur in Betracht gezogen werden, wenn sie mit der wesentlichen Funktion des verfassungsrechtlichen Steuerbegriffs, die bundesstaatliche Finanzordnung und die Rechte der Bürger zu sichern, in Übereinstimmung steht. Auch dürfen durch sie die sachlichen und funktionellen Grenzen der Verfassungsgerichtsbarkeit im Verhältnis zum verfassungsändernden Gesetzgeber nicht überschritten werden.
a) Das Fehlen einer Kompetenzvorschrift für den Bund zur Auferlegung rückzahlbarer Anleihen läßt zunächst die Frage offen, ob dieses Finanzierungsinstrument damit nur dem Bund nicht zur Verfügung steht oder überhaupt unzulässig ist. Nach Art. 30 GG ist die Ausübung staatlicher Befugnisse Sache der Länder, soweit das Grundgesetz keine andere Regelung trifft oder zuläßt. Da die Auferlegung von Zwangsanleihen zur Befriedigung des allgemeinen staatlichen Finanzbedarfs nicht außerhalb möglicher staatlicher Befugnisse steht, könnte danach die Kompetenz, die Bürger mit einer solchen Abgabeart zu belasten, bei den Ländern – und bei ihnen allein – liegen. Die Artikel 105 f. GG regelten dann allein die Kompetenz für die dort genannten Abgaben, zu denen rückzahlbare Geldleistungen nicht zählen.
Eine solche Lösung würde jedoch die im Grundgesetz festgelegte bundesstaatliche Finanzordnung erheblich beeinträchtigen. Die bisherige Regelung der Finanzverfassung, die sich durch eine detaillierte Verteilung der Ertragshoheit und des Finanzaufkommens zwischen Bund, Ländern und Gemeinden auszeichnet (Art. 106, 107 GG), würde einseitig zugunsten der Länder verändert. Diesen stünde über das Instrument der rückzahlbaren Abgabe zur Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs ein allgemeiner Zugriff auf das keineswegs unerschöpfliche finanzielle Leistungsvermögen der Bürger zu, der nicht durch ihre sehr eingeschränkte Steuergesetzgebungskompetenz (Art. 105 Abs. 2 und 2 a GG) begrenzt wäre. Der Bund hingegen wäre an den Numerus clausus der Leistungspflichten der Art. 105 f. GG gebunden. Aus diesem Grund scheidet es aus, allein den Ländern unabhängig von der Regelung im X. Abschnitt des Grundgesetzes die Befugnis einzuräumen, rückzahlbare Abgaben zur Deckung ihres allgemeinen Finanzbedarfs zu erheben. Die Regelung des X. Abschnittes des Grundgesetzes muß aus zwingenden bundesstaatsrechtlichen Gründen als eine für Bund und Länder abschließende Regelung verstanden werden.
Aus den gleichen Gründen kann auch nicht eine begrenzte, auf einzelne Steuern oder Steuerarten beschränkte, sondern allenfalls eine allgemeine Erweiterung des Steuerbegriffs in Betracht kommen, die sich auf den Gesamtbereich grundgesetzlich geregelter Steuerkompetenzen bezieht und auch die Steuerertragsverteilung mitumfaßt. Die Geschlossenheit und differenzierte Ausgestaltung der Finanzverfassung des Grundgesetzes läßt es nicht zu, nur für einzelne Steuern, wie etwa die Ergänzungsabgabe nach Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG, eine Erweiterung des Steuerbegriffs vorzusehen, sie für andere Steuern aber auszuschließen. Auch darin läge ein einseitiger, verändernder Eingriff in das bestehende System der bundesstaatlichen Finanzverfassung samt seiner Ausgleichs- und Verteilungsfunktion. Eine den verfassungsrechtlichen Steuerbegriff erweiternde Interpretation wäre demnach allenfalls in der Form möglich, daß es Bund und Ländern gestattet würde, unter den Bedingungen, unter denen sie jeweils Steuern erheben dürfen, den Bürgern auch rückzahlbare Geldleistungen aufzuerlegen.
b) Eine solche Interpretation wäre jedoch mit erheblichen Nachteilen und Unwägbarkeiten für die die Finanzverfassung ordnende Funktion des Steuerbegriffs verbunden. Sie würde die Formenklarheit beseitigen, die gerade die Finanzverfassung des Grundgesetzes auszeichnet. Wird die Anknüpfung des Steuerbegriffs der Art. 105 ff. GG an den der Abgabenordnung bei einem seiner Merkmale aufgegeben, ist nicht ersichtlich, warum dies bei anderen Merkmalen nicht auch sollte der Fall sein können. Damit würde ein weites Feld eröffnet für Interpretationskämpfe, inwieweit die Ablösung des verfassungsrechtlichen Steuerbegriffs von dem der Abgabenordnung zulässig ist und wo Verknüpfungselemente bestehenbleiben müssen. Überdies würde die Verläßlichkeit der Finanzordnung des Grundgesetzes in ihrer zentralen Bedeutung als fester Rahmen für die Erhebung, Verteilung und Verwaltung der staatlichen Einnahmen nachhaltig beeinträchtigt.
Eine erweiternde Interpretation des Art. 105 GG führte außerdem zu dem Kuriosum, daß die Auferlegung von Steuern die Staatsverschuldung erhöhte. Die bisherige klare Trennung zwischen Finanzierung der Staatsausgaben aus Steuern auf der einen und Krediten auf der anderen Seite, von der Art. 115 Abs. 1 Satz 2 GG ausgeht, würde beseitigt. Rückzahlbare Abgaben zur Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs würden einerseits aufgrund der Besteuerungskompetenz erhoben, wären aber andererseits im Haushalt als Kredite zu behandeln. Die Auferlegung rückzahlbarer Gemeinschaftsteuern könnte über Art. 106 Abs. 3 GG dazu führen, daß den Ländern und Gemeinden eine Verschuldung praktisch aufgezwungen würde.
Ferner ist die Regelung der Verteilung des Steueraufkommens in Art. 106 GG ersichtlich nur auf Abgaben ausgerichtet, die dem Staat endgültig zustehen. Es läßt sich schwerlich übersehen, welche Folgen es hätte, wenn diese Vorschriften plötzlich auch auf rückzahlbare Steuern, die haushaltsmäßig wie Kredite zu behandeln sind, angewendet werden müßten und entsprechende Einnahmen zunächst nach den maßgeblichen Schlüsseln aufzuteilen und zuzuweisen, nach etlichen Jahren jedoch, eventuell zeitlich gestaffelt, zurückzuübertragen wären. Auch die gesamte Regelung des Länderfinanzausgleichs in Art. 107 GG basiert auf der stillschweigenden Annahme, daß die auszugleichenden Mittel Bund und Ländern endgültig zustehen. Welche Auswirkungen hier für die Ermittlung der Steuerkraftmeßzahl der Länder (§ 6 Abs. 1 des Gesetzes über den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern vom 28. August 1969 [BGBl I S. 1432]) einträten, wenn es sich bei den zu veranschlagenden Steuereinnahmen teils um endgültige, teils aber nur um vorläufige, nach einigen Jahren wieder zurückzuzahlende Einnahmen handelte, die Krediteinnahmen gleichstehen, läßt sich ebenfalls schwer abschätzen. In jedem Falle würde in das bisherige System der Steuerertragsaufteilung und des Länderfinanzausgleichs ein Fremdkörper hineingebracht.
c) Angesichts der dargelegten Probleme und Unwägbarkeiten, die eine Erweiterung des verfassungsrechtlichen Steuerbegriffs auch auf rückzahlbare Geldleistungspflichten mit sich brächte, ist es zweifelhaft, ob ein solcher Schritt sich dem System der durch das Grundgesetz festgelegten Finanzverfassung noch einfügen ließe oder nicht erhebliche Einbrüche in dieses System zur Folge hätte. Jedenfalls kann es nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts sein, einen solchen – in mehrfacher Hinsicht weitreichenden – Schritt im Wege einer Interpretation zu tun. Steht die Frage der Einführung „rückzahlbarer Steuern” politisch an, ist es Sache des verfassungsändernden Gesetzgebers, darüber zu befinden; ihm ist es vorbehalten, die dabei erforderlichen Abwägungen verfassungs- und finanzpolitischer Art vorzunehmen und gegebenenfalls die notwendigen Regelungen zu treffen.
3. Schließlich läßt sich eine Kompetenz des Bundes zum Erlaß des Investitionshilfegesetzes nicht aus einer analogen Anwendung des Art. 105 Abs. 2 GG auf Zwangsanleihen oder aus der Argumentationsfigur des milderen Mittels ableiten.
a) Die Finanzverfassung des Grundgesetzes bildet eine in sich geschlossene Rahmen- und Verfahrensordnung. Sie zeichnet sich durch Formenklarheit aus und ist auf Formenbindung angelegt. Diese Formenklarheit und Formenbindung hat nicht nur eine lediglich formale Bedeutung, die gegenüber der Verwirklichung materiell-rechtlich gedeckter Vorhaben im Konfliktsfall zurücktreten müßte. Sie ist selbst Teil der funktionsgerechten Ordnung eines politisch sensiblen Sachbereichs, verwirklicht damit ein Stück Gemeinwohlgerechtigkeit und entfaltet eine Schutzwirkung auch für die Bürger. Zugleich fördert und entlastet sie den politischen Prozeß, indem sie ihm einen festen Rahmen vorgibt. Innerhalb dieses verfassungrechtlichen Rahmens ist der politische Prozeß frei und vermag sich nach seinen eigenen Regeln und Bedingungen zu entfalten. Der Rahmen selbst indes stellt eine Grenze dar, die der einfache Gesetzgeber nicht überschreiten darf. Für Analogieschlüsse, die notwendig zu einer Anreicherung und Aufweichung dieses Rahmens führen würden, ist in diesem Bereich kein Raum. Es fehlt in der grundgesetzlichen Finanzverfassung insoweit an einer Lücke, die durch eine analoge Anwendung des Art. 105 Abs. 2 GG auf rückzahlbare Abgaben geschlossen werden könnte.
b) Auch für die Argumentationsfigur des „milderen Mittels” bietet die Kompetenzordnung des Grundgesetzes keine Grundlage. Ein milderes Mittel ist dort denkbar, wo der Staat in die Rechtssphäre der Bürger eingreift, nicht jedoch bei der Anwendung der Kompetenzordnung und -verteilung zwischen Bund und Ländern, wo es um feste und eindeutige Grenzziehungen geht. Zudem ist die Behauptung, eine rückzahlbare Abgabe stelle gegenüber der herkömmlichen, nicht rückzahlbaren Steuer ein milderes Mittel dar, auch im Verhältnis des Staates zum einzelnen nur begrenzt richtig; sie verhüllt den eigentlichen Sachverhalt. Zwar wird der Bürger durch eine rückzahlbare Abgabe weniger belastet als durch eine Abgabe, die dem Staat endgültig zufließt. Zugleich ist aber die Schwelle für die Einführung einer rückzahlbaren Abgabe im politischen Prozeß wesentlich niedriger als die Schwelle für Steuererhöhungen. „Rückzahlbare Steuern”, einmal etabliert, können leicht eine Ausweichlösung anstelle politisch nicht durchsetzbarer „echter” Steuern bzw. Steuererhöhungen werden und so eine Belastung herbeiführen, die sonst nicht zustande gekommen wäre. Das mag im Interesse des besteuernden Staates liegen, dessen Chancen zur Gewinnung von Einnahmen zur Finanzierung seiner Aufgaben dadurch erhöht werden; für den Bürger bedeutet es aber ein Danaer-Geschenk, das den Schutz vor dem Steuerzugriff des Staates im Ergebnis nicht stärkt, sondern eher mindert. Die Schutzwirkung, die klare und abschließende Kompetenz- und Formvorschriften auch für den Bürger entfalten, tritt hier deutlich hervor (vgl. BVerfGE 55, 274 [302]).
IV.
Da das Investitionshilfegesetz mangels einer Kompetenzgrundlage im Grundgesetz insgesamt nichtig ist, erübrigt es sich, auf die weiteren verfassungsrechtlichen Bedenken einzugehen, die die vorlegenden Gerichte und die Beschwerdeführer gegen einzelne Bestimmungen des Investitionshilfegesetzes in seiner ursprünglichen und seiner geänderten Fassung geltend gemacht haben.
Fundstellen