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Die Regelung wird etwas unübersichtlich nur im Einführungsgesetz zum HGB (EGHGB) getroffen und verkompliziert sich noch einmal durch die wahrscheinlich nicht mehr rechtzeitig erfolgende Umsetzung im Kalenderjahr 2024. Ersteres führt dazu, dass sich die Änderungen, die nach dem Gesetzesentwurf (BT-Drucks. 20/12787) vorgesehen sind, bereits so lesen, als wäre die letzte Anwendungsstufe erreicht – für die Übergangserleichterungen (wie z. B. eine spätere Anwendung) muss ins EGHGB geschaut werden.
Zunächst werden nach dem Gesetzentwurf für ab dem 1.1.2024 beginnende Geschäftsjahre solche Unternehmen zur Berichterstattung verpflichtet, die bereits jetzt nach § 289b HGB oder § 315b HGB zur nichtfinanziellen Berichterstattung verpflichtet sind. Dies geht aber nur, wenn das Gesetz noch im Jahr 2024 in Kraft tritt, was aber kaum noch wahrscheinlich ist. Da es dann zu einer "unbilligen Rückwirkung" kommen würde, kann das Gesetz nur für die Geschäftsjahre gelten, die noch nicht abgeschlossen sind. Sollte also das Gesetz z. B. im Juni 2025 verabschiedet werden und in Kraft treten, könnten die im Folgenden weiter bestimmten Unternehmen, deren Geschäftsjahre vom 1.7.2024–30.6.2025 laufen, die ersten sein, die einen Nachhaltigkeitsbericht in den Lagebericht zu integrieren hätten. Das würde zwar einen Verstoß gegen die EU-Richtlinie darstellen, was auch ein Vertragsverletzungsverfahren zur Folge hat, wird aber juristisch nicht anders zu lösen sein. Konkret betroffen sind davon aber nur
- große, kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften und ihnen gleichgestellte Personengesellschaften mit mehr als 500 Arbeitnehmern,
- große Kreditinstitute und große Versicherungsunternehmen mit jeweils mehr als 500 Arbeitnehmern sowie
- bestimmte Mutterunternehmen großer Gruppen mit mehr als 500 Arbeitnehmern.
Auch eine Diskussion von Seiten der Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, bestimmte bestehende und künftige ESG-Berichtspflichten der EU in einer „Omnibus“-Verordnung zusammenfassen zu wollen, um die zunehmende Zahl der Anforderungen, mit denen Unternehmen konfrontiert werden, zu entschlacken, dürfte nicht so schnell zu Ergebnissen führen, da eine neue Sammelverordnung, die dann nicht in nationales Recht zu überführen wäre, sondern direkt gelten würde, erst 2025 veröffentlicht werden könnte. Insgesamt ist zwar angekündigt, dass die Berichtspflichten um mindestens 25 % reduziert werden sollen, doch sollen die Inhalte der CSRD-, CSDDD- und Taxonomie-Regulierung grundsätzlich beibehalten werden, sodass die kombinierte Omnibus-Verordnung die materiellen Berichtspflichten für Unternehmen nicht verringern dürfte.
Für ab dem 1.1.2025 beginnende Geschäftsjahre werden die Berichtspflichten auf alle nach § 267 HGB großen Kapital- und ihnen gleichgestellte Personengesellschaften ausgeweitet, d. h. die Kapitalmarktorientierung ist dann keine Voraussetzung mehr. Auch sind alle zur Konzernrechnungslegung verpflichteten Mutterunternehmen verpflichtet, ihren Konzernlagebericht zu erweitern. An dieser Frist dürfte sich nichts ändern, da die EU-Richtlinie, die auch bereits in vielen Ländern umgesetzt ist, realistisch gesehen diesbezüglich nicht mehr geändert wird. Das Sonderproblem der unbilligen Rückwirkung besteht nicht, wenn das Gesetz im Jahr 2025 in Kraft treten kann.
Für ab dem 1.1.2026 beginnende Geschäftsjahre werden die neuen Berichtspflichten auch auf
- kleine und mittelgroße, kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften und ihnen gleichgestellte Personengesellschaften,
- kleine und mittelgroße, kapitalmarktorientierte Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen (kapitalmarktorientierte KMU) sowie
- bestimmte kleine und nicht komplexe Institute und firmeneigene (Rück-)Versicherungsunternehmen ausgeweitet.
Kleinstunternehmen sind hingegen von der Anwendung ausgenommen. Zudem gibt es eine Opt-out-Möglichkeit für kapitalmarktorientierte KMU für einen zweijährigen Übergangszeitraum, d. h. es ist eine Erstanwendung für ab 1.1.2028 beginnende Geschäftsjahre möglich.
Für ab 1.1. 2028 beginnende Geschäftsjahre: Drittstaatenunternehmen mit inländischen Tochterunternehmen oder Zweigniederlassungen.
Forderungen aus Theorie und Praxis sowie auch im Rahmen der Sachverständigenbefragung durch den Rechtsausschuss des Bundestages zu einer Verschiebung der Erstanwendungszeitpunkte sind aufgrund der klaren EU-Vorgaben deutlich zu spät – diese hätten spätestens bei der Verabschiedung der CSRD im Jahr 2022 erhoben werden müssen. Auch vor dem Hintergrund der damit ausgelösten Unsicherheiten bei den betroffenen Unternehmen ist dies in diesem Stadium deutlich zu spät.
Eine indirekte Wirkung gibt es für fast alle Unternehmen, da die Berichterstattung für die Wertschöpfungskette des Unternehmens zu erfolgen hat. Im Rahmen der Sachverständigenbefragung durch den Rechtsausschuss des Bundestages am 16.10.2024 wurde erneut die Forderung erhoben, die KMU effektiver vor der indirekten Wirkung zu schützen. Sehr erfoglversprechend erscheint dies nicht...