Dr. Gerlind Wendt, Michael Wendt
Leitsatz
1. Ein mit einem Pachtvertrag gekoppelter Bewirtschaftungsvertrag vermittelt dem Verpächter (Eigentümer und Winzer) nur dann Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, wenn die Lieferung des produzierten Weins an den Pächter und die dafür gewährte Vergütung nach den Gesamtumständen des Falls auf einen verdeckten Kaufvertrag und nicht auf einen Dienstleistungsvertrag schließen lassen.
2. Erzielt eine Weinbau betreibende Personengesellschaft aufgrund eines Dienstleistungsvertrags gewerbliche Einkünfte, die nicht von untergeordneter Bedeutung sind, so gilt ihre Tätigkeit in vollem Umfang als Gewerbebetrieb. Die § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG zugrunde liegende Abfärbetheorie ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Normenkette
§ 13 EStG , § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG
Sachverhalt
Ein Winzer hatte etwa die Hälfte seiner Weinberge an eine Sektkellerei verpachtet. Zugleich übernahm er für die Sektkellerei die Bewirtschaftung während der Dauer des 10-jährigen Pachtvertrags. Grund für die Anpachtung war, dass die Sektkellerei ihre Produkte so als "Erzeugerabfüllung" kennzeichnen konnte. Als Pächterin trug sie nach dem Vertrag alle mit dem Ernteertrag verbundenen Risiken. Die Pacht setzte sich aus einer Kapitalverzinsung und einem Kostenersatz für Abschreibungen auf Rebanlagen zusammen.
Aufgrund des Bewirtschaftungsvertrags hatte die Sektkellerei Kostenersatz nach dem Verhältnis der angepachteten zu den anderen Rebflächen des Winzers zu leisten. Der Winzer hatte eine Garantie für einwandfreie Beschaffenheit und Haltbarkeit der Vertragsweine übernommen. Später wurde die klagende KG Rechtsnachfolger des Winzers.
Das FA sah die Bewirtschaftungstätigkeit der Klägerin als gewerblich an und behandelte nach der Abfärbetheorie den gesamten Gewinn der KG als Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Nachdem das FG der Klage gegen die Gewinnfeststellungsbescheide stattgegeben hatte, hob der BFH das Urteil wieder auf und verwies das Verfahren an das FG zurück.
Entscheidung
Die Entscheidung Der BFH führte aus: Ein Winzer erziele landwirtschaftliche Einkünfte; der Verkauf der Produktion sei landwirtschaftliches Hilfsgeschäft. Soweit Dienstleistungen erbracht würden, gestatte die Finanzverwaltung in R 135 Abs. 6 EStR die Einordnung als landwirtschaftlich, wenn Leistungsempfänger ebenfalls Landwirte seien. Diese Regelung dürfe der BFH nicht durch einen Analogieschluss auch auf gewerbliche Leistungsempfänger ausdehnen. Für die Einordnung der Haupttätigkeit als landwirtschaftlich habe das Risiko der Urproduktion keine Bedeutung.
Das FG habe noch nicht ausreichende Feststellungen dazu getroffen, ob der Bewirtschaftungsvertrag der Sache nach als ein Kaufvertrag über die Ernte zu verstehen sei. Anderenfalls hätte die KG eine gewerbliche und zur Abfärbung führende Tätigkeit entfaltet.
Hinweis
1. Allen Gewinneinkunftsarten ist gemeinsam, dass der Unternehmer ein Unternehmerrisiko tragen muss. Das gilt auch für den land- und forstwirtschaftlichen Unternehmer. Ob dieser darüber hinaus auch noch ein "Urproduktionsrisiko", also das Risiko des Ausfalls oder der qualitativen oder quantitativen Werthaltigkeit der Ernte tragen muss, war im Besprechungsfall streitig. Der BFH verneint diese Frage, obwohl die land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit sich gerade durch die Nutzung der Urproduktion auszeichnet. Als Land- und Forstwirt wird aber auch der angesehen, der seinen Betrieb als Verpächter eines nicht aufgegebenen Betriebs unterhält und ebenfalls selbst kein Urproduktionsrisiko trägt. Dieses Merkmal kann deshalb nicht zur Abgrenzung der Land- und Forstwirtschaft von anderen Einkunftsarten dienen.
2. Zu Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft zählen auch die Einkünfte aus einem Nebenbetrieb, der dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zu dienen bestimmt ist (§ 13 Abs. 2 Nr. 1 EStG). Als Nebenbetrieb kommen vor allem Substanz-, Be- und Verarbeitungs- sowie Absatzbetriebe in Betracht.
Die Frage, ob auch ein Dienstleistungsbetrieb in diesem Sinn Nebenbetrieb sein kann, hat der BFH bisher nicht beantwortet. M.E. ist sie zu verneinen, denn der Hauptbetrieb der Land- und Forstwirtschaft kann durch einen Dienstleistungsbetrieb nicht gefördert werden. Dienstleistung ist deshalb in der Regel gewerblich und eigenständig zu beurteilen. Die Finanzverwaltung sieht allerdings Dienstleistungen gegenüber Landwirten als landwirtschaftliche Nebentätigkeit an. Kein Dienstleistungsbetrieb, sondern ein Absatzbetrieb liegt vor, wenn eine als Dienstleistung "etikettierte" Leistung erbracht wird, deren wirtschaftlicher Gehalt einem Verkauf landwirtschaftlicher Produkte entspricht.
3. Bisher ebenfalls nicht entschieden ist die Frage, ob ein Nebenbetrieb einer land- und forstwirtschaftlich tätigen Personengesellschaft, der bei isolierter Betrachtung ein Gewerbebetrieb wäre (z.B. Handelsbetrieb), eine Abfärbewirkung auslösen kann. Diese Frage muss wohl verneint werden, denn § 13 Abs. 2 Nr. 1 EStG ist gegenüber § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG das speziellere Gesetz.
4. Die Abfärbetheorie ist vom BFH bis...