Die eigentlichen Prüfungen beginnen häufig mit einem Treffen beider Seiten, in dem u. a. noch einmal die am Prozess Beteiligten benannt und Ziele, konkrete Prüffelder und -themen sowie sonstige zu klärende Punkte angesprochen werden, etwa über den geplanten Zeitrahmen, den möglichen Umgang mit Verlängerungen oder Ausweitungen des Prüffelds, Termine für gemeinsame Treffen, Regelungen zum Datenzugriff und der -sicherheit oder Voraussetzungen für Änderungen des vereinbarten Ablaufs.

 
Praxis-Beispiel

Beispielhafte Prüfungsinhalte und Prüfungsschwerpunkte einer Financial Due Diligence-Prüfung

Basis einer Financial Due Diligence sind zunächst grundsätzlich die Abschlüsse der letzten 3, oft auch 4 oder 5 Jahre. Ausgehend von diesen Zahlen werden mindestens folgende Sachverhalte analysiert und bewertet:

  • Entwicklung sowie Stabilität und Kontinuität der Entwicklung von Ergebnissen und Kennzahlen über mehrere Jahre (u. a. Vermögens-, Ertrags-, Finanzlage, Liquidität)
  • Analyse möglicher Veränderungen oder auf den ersten Blick nicht zu erklärender "Sprünge" (positiv und negativ): Warum hat es Veränderungen von z. B. 15 % oder mehr bei Umsatz oder Kosten gegeben? Besteht das Risiko / die Chance einer Wiederholung? Warum wurden Chancen bisher nicht konsequenter genutzt? Warum wurden Risiken nicht nachhaltiger bekämpft?
  • Analyse des Working Capitals vor allem bei Produzenten, Händlern, Handwerksbetrieben, z. B. Stand des Forderungsmanagements und der Lager- sowie Warenwirtschaft, Einkaufsmanagement, Besonderheiten wie saisonale Entwicklungen, allgemeine Verbesserungsmöglichkeiten bzw. Erfolge bereits durchgeführter Maßnahmen.
  • Analyse des Investitionsverhaltens (Hat der bisherige Inhaber nur noch wenig investiert, um vorab zusätzliche Erträge aus dem Unternehmensverkauf zu erzielen? Ist die Ausstattung modern und zukunftsfähig? Gibt es einen Investitionsstau? In welchem Umfang? Oder hat der Inhaber sogar bis zuletzt für Modernisierungen gesorgt?)
  • Analyse der Preispolitik, Verfügbarkeit einer Preiskalkulation, Umsetzung von Preiserhöhungen (z. B. Abstände und Umfang, Auswirkungen auf die Kundenzahl), Verhalten gegenüber Kunden (ggf. ergänzend eine Betrachtung nach ABC-Kriterien), Rabatt- und Deckungsbeitragsanalysen.
  • Verfügbarkeit von Planung (operativ und strategisch), Plausibilisierung von Annahmen, Chancen und Risiken, etwa bei Umsätzen, Mengen, Preisen, Material-, Personal- und andere Kosten, Kapazitätsplanung, Abstimmung der Planung auf Lebenszyklen von Produkten, Personalplanung, Investitionen, Working Capital, sonstige Aus- und Einzahlungen, Liquidität und Cashflow.
  • Analyse der Planungsqualität der Vergangenheit, z. B. wie groß waren in den vergangenen Jahren die Abweichungen zwischen Plan und Ist? Was waren die Ursachen für Abweichungen von mehr als 10 % (positiv sowie negativ)? Kamen Abweichungen häufiger vor oder waren es singuläre Ereignisse?
  • Entwicklung der Nettoverschuldung (z. B. Verbindlichkeiten – liquider Mittel – kurzfristige Finanzanlagen) sowie ggf. Auflistungen nach Finanzpartnern und Laufzeiten von Schulden.
  • Identifikation und Bewertung möglicher stiller Reserven und nicht bilanzierter Risiken, ggf. auch verdeckte Gewinnausschüttungen oder Pensionsforderungen.
  • Prüfung auf vollständige und richtige Erfassung wesentlicher Geschäftsfälle.
  • Inhalte und Qualität des Reportings.
  • Ggf. Prüfung des Einsatzes der IT und Digitalisierungsgrad, wenn nicht IT-Due Diligence.
  • Ggf. Aussagen zur Umsetzung von Nachhaltigkeit und Einhaltung von gesetzlichen Rahmen, etwa Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (soweit nicht in einem anderen Prüffeld behandelt).
 
Praxis-Tipp

Kennzahlen sollten genau definiert werden

Gerade bei Kennzahlen sollte im Vorfeld geklärt werden, wie sich die Formeln zusammensetzen. In der Praxis gibt es immer wieder unterschiedliche Möglichkeiten, etwa beim Eigenkapital (bilanziell oder wirtschaftlich), dem Cashflow (einfacher, operativer, freier), der Schuldentilgungsdauer (nur Verbindlichkeiten oder mit Rückstellungen, Berücksichtigung liquider Mittel oder nicht) oder dem Working Capital ("nur" Forderungen, Vorräte, Kreditoren oder auch andere kurzfristige Positionen). Nur dann ist sichergestellt, dass beide Seiten auch zu den gleichen Ergebnissen und Schlussfolgerungen gelangen.

Einmalereignisse werden meist herausgerechnet

Bei Due Diligence-Prüfungen wird im Allgemeinen meist versucht, einmalige oder besondere Ereignisse zu identifizieren und aus den Ergebnissen herauszurechnen oder zu "glätten". Ziel ist es, festzustellen, wie nachhaltig sich das eigentliche Geschäft über mehrere Jahre gesehen tatsächlich entwickelt hat, etwa einmalige Geschäftsfälle, außergewöhnliche Schadensereignisse, die bisher nicht vorgekommen sind oder einmalige Anlaufverluste und Währungseffekte. Ggf. werden auch "Rückrechnungen" vorgenommen, etwa, wenn es kurzfristig zu Bilanzierungs- oder Bewertungsänderungen gekommen ist, um eine bessere Vergleichbarkeit von Abschlüssen mehrerer Jahre (wieder) herzustellen.

Mögliche zusätzliche ni...

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