Dipl.-Finanzwirt Karl-Heinz Günther
Leitsatz
Nimmt eine alleinerziehende Mutter neben ihren Kindern zwei syrische Brüder, von denen einer volljährig und einer minderjährig ist, in ihren Haushalt auf, so ist die gesetzliche Vermutung einer Haushaltsgemeinschaft (§ 24b Abs. 3 Satz 2 EStG) mit dem volljährigen Syrer widerlegt, wenn dieser als Mieter im Haushalt wohnt, als Mieter typischerweise nicht an der Haushaltsführung beteiligt ist und typischerweise auch nicht verpflichtet ist, über seine Miete hinaus finanzielle Beiträge zum Haushalt der Steuerpflichtigen zu leisten.
Sachverhalt
Im Streitfall hatte die von ihrem Ehemann getrennt lebende Steuerpflichtige ein Zimmer in ihrem Haus an einen volljährigen syrischen Flüchtling vermietet und den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende (§ 24b EStG) aufgrund ihrer beiden zum Haushalt gehörenden Kinder steuerlich geltend gemacht. Das Finanzamt lehnte dies mit dem Hinweis ab, die Aufnahme des volljährigen syrischen Flüchtlings in ihr Haus stelle eine schädliche Haushaltsaufnahme dar.
Entscheidung
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren gab das FG der eingelegten Klage statt. Es stellte heraus, dass bei der Regelung des § 24b Abs. 3 Satz 2 EStG die Vermutung bestehen muss, dass die aufgenommene Person sich an den Kosten im Haushalt beteiligt oder im Haushalt mithilft. Die gesetzliche Vermutung erfasst somit einen Volljährigen, der nicht als Mieter und/oder Flüchtling im Haushalt lebt, sondern aufgrund einer persönlichen Beziehung zum Steuerpflichtigen wie z. B. als Freund oder Freundin dort wohnt und sich typischerweise am Haushalt finanziell oder tatsächlich beteiligen wird. Dies ist nicht der Fall, wenn die aufgenommene Person als Mieter im Haushalt wohnt, als Mieter typischerweise nicht an der Haushaltsführung beteiligt ist und typischerweise auch nicht verpflichtet ist, über seine Miete hinaus finanzielle Beiträge zum Haushalt der Steuerpflichtigen zu leisten.
Hinweis
Alleinstehend im Sinne von § 24b Abs. 3 Satz 1 EStG sind solche Steuerpflichtige, die nicht die Voraussetzungen für die Anwendung des Splitting-Verfahrens (§ 26 Abs. 1 EStG) erfüllen oder verwitwet sind und die keine Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen volljährigen Person bilden, es sei denn, für diese steht ihnen ein Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder Kindergeld zu oder es handelt sich um ein Kind, das einen Dienst nach § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG oder § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG leistet oder das eine Tätigkeit nach § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG ausübt. Die Entscheidung des FG stellt klar, dass für eine schädliche Haushaltsaufnahme im Sinne der Vorschrift die bloße Zugehörigkeit zum Haushalt im Rahmen eines entgeltlichen Vertragsverhältnisses nicht ausreicht, sondern hierfür eine über das reine Mietverhältnis hinausgehende finanzielle und tatsächliche Beteiligung erforderlich ist.
Link zur Entscheidung
FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 28.02.2023, 6 K 6205/19