Leitsatz
Die Vorschrift des § 34 Abs. 1 EStG stellte eine reine Tarifvorschrift dar und hat nicht die Wirkung, dass die von ihr erfassten Einkünfte vom Verlustausgleich ausgeschlossen sind
Sachverhalt
Am 4. Oktober 1999 hatte der mit der Klägerin zusammen veranlagte Kläger mit seinem damaligen Arbeitgeber zur Vermeidung einer betriebsbedingten Kündigung einen Aufhebungsvertrag über das Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember 1999 geschlossen, in dem die Vertragsparteien zu Gunsten des Klägers für den Verlust seines Arbeitsplatzes eine Abfindung i. H. von 239.792 DM brutto vereinbarten. Der Kläger erzielte im Streitjahr negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb und aus Vermietung und Verpachtung, die Klägerin erzielte negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Zusätzlich bezogen beide Kläger Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit und Einkünfte aus Kapitalvermögen. In der Einkommensteuererklärung beantragte der Kläger die Versteuerung nach der Fünftelregelung. Im Einkommensteuerbescheid glich das Finanzamt die Summe der negativen Einkünfte mit der Summe der positiven Einkünfte zum Gesamtbetrag der Einkünfte aus, wobei nach Verlustausgleich anteilige Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit in Höhe von 141.175 DM verblieben. Das Finanzamt wandte auf die 141.175 DM die Vorschrift des § 34 Abs. 1 EStG an. Mit ihrem Einspruch rügten die Kläger eine fehlerhafte Tarifbegünstigung und trugen vor, dass die Ermäßigungsvorschrift des § 34 Abs. 1 EStG auf den gesamten Entschädigungsbetrag anzuwenden sei.
Entscheidung
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Beklagte (das Finanzamt) hat die Einkommensteuer rechtmäßig festgesetzt. Sind in dem zu versteuernden Einkommen außerordentliche Einkünfte enthalten, so ist gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 EStG auf Antrag die auf alle im Veranlagungszeitraum bezogenen außerordentlichen Einkünfte entfallende Einkommensteuer nach § 34 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 EStG zu berechnen. Als außerordentliche Einkünfte kommen Entschädigungen im Sinne des § 24 Nr. 1 EStG in Betracht. Den erforderlichen Antrag hat der Kläger in der Einkommensteuererklärung gestellt. Auch hat der Kläger im Streitjahr derartige außerordentliche Einkünfte erzielt, denn bei der an ihn ausgezahlten Abfindung handelt es sich um eine Entschädigung im Sinne des § 24 Nr. 1a EStG. Der ermäßigte Steuersatz des § 34 Abs. 1 Satz 1 EStG ist nicht auf die außerordentlichen Einkünfte alleine anzuwenden, da vor Anwendung zunächst ein Verlustausgleich durchzuführen ist. Die vom erkennenden Senat vertretene Ansicht wird durch Sinn und Zweck des § 34 Abs. 1 EStG, wie er von der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgefasst worden ist, gestützt. Dieser gesetzliche Zweck besteht darin, dass es sich bei § 34 Abs. 1 EStG um eine reine Tarifvorschrift handelt, nicht aber um eine Steuerbefreiung. Deshalb hat diese Tarifvorschrift nicht die Wirkung, dass die von ihr erfassten Einkünfte vom Verlustausgleich ausgeschlossen sind. Ab dem Veranlagungszeitraum 1999 sind die sich aus § 2 Abs. 3 EStG und § 2 b EStG ergebenden Verlustverrechnungsbeschränkungen zu beachten, sodass der horizontale Verlustausgleich auch die begünstigungsfähigen außerordentlichen Einkünfte umfasst, aber mit ihnen erst nachrangig nach voll steuerpflichtigen Einkünften der Ausgleich vorzunehmen ist. Nur auf die Einkünfte des Klägers aus nichtselbstständiger Arbeit ist der ermäßigte Steuersatz des § 34 Abs. 1 EStG anzuwenden. Denn soweit diese Einkünfte des Klägers den Betrag der positiven Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit abzüglich anteiligen Verlustabzugs aus Einkünften aus Gewerbebetrieb und Vermietung und Verpachtung übersteigen, unterliegen sie dem Verlustausgleich gemäß § 2 Abs. 3 EStG. Die für den Verlustausgleich zu berücksichtigenden Teile der positiven Einkünfte bestimmen sich nach § 2 Abs. 3 EStG.
Hinweis
Die Revision war zuzulassen, da der Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung hat. Mittlerweile ist diese Rechtsfrage beim BFH unter dem Az. XI R 51/04 anhängig.
Link zur Entscheidung
FG Berlin, Urteil vom 03.11.2004, 2 K 2052/02