Leitsatz
Das erste (Rumpf-)Wirtschaftsjahr einer GmbH beginnt bereits mit der Aufnahme der Geschäftstätigkeit der Vor-GmbH.
Normenkette
§ 14 Nr. 4 KStG a.F., § 242 Abs. 1 HGB
Sachverhalt
Die klagende KG hatte mit einer im Februar 1996 errichteten und im August 1996 eingetragenen GmbH im November 1996 einen Gewinnabführungsvertrag ("Organschaftsvertrag") abgeschlossen, der erst im September 1998 im Handelsregister eingetragen wurde. Der Vertrag war auf die Dauer von 5 Jahren fest abgeschlossen und sollte erstmals auf das Wirtschaftsjahr Anwendung finden, das mit der Eintragung der GmbH begann.
Das FA erkannte das Organschaftsverhältnis in den Jahren 1997 und 1998 nicht an. Daraufhin erhob die KG eine Feststellungsklage, die vom FG als unbegründet abgewiesen wurde (Hessisches FG, Urteil vom 15.11.2006, 12 K 4273/01, Haufe-Index 1827680).
Entscheidung
Die Revision hatte keinen Erfolg. Der BFH beurteilte die Klage hinsichtlich des Feststellungsantrags bereits als unzulässig. Im übrigen nahm er zu den Voraussetzungen der Organschaft Stellung.
Hinweis
1. Das Urteil betrifft nicht die aktuelle Rechtslage, sondern die von 1992 bis 2002 geltende Regelung des § 14 Nr. 4 KStG. Nach damaliger Rechtslage konnte das zivilrechtliche Wirksamwerden des Organschaftsvertrags auf das vorhergehende Wirtschaftsjahr zurückwirken. Diese Regelung war im Hinblick auf eine verschärfte Rechtsprechung des BGH zu den Wirksamkeitsvoraussetzungen eines Gewinnabführungsvertrags eingeführt worden, um den Unternehmen mehr Zeit zur Schaffung der Voraussetzungen einzuräumen. Nach dem jetzigen§ 14 Abs. 1 S. 2 KStG kann das zivilrechtliche Wirksamwerden des Vertrags nur auf den Beginn des betreffenden Wirtschaftsjahrs zurückwirken.
2. Noch nicht durch die Rechtsprechung geklärt ist, ob die Fünfjahresfrist sich auf Zeitjahre oder Wirtschaftsjahre erstreckt. Nach Meinung der Finanzverwaltung (R 60 Abs. 2 S. 1 KStR), die von der h.M. geteilt wird, sind Zeitjahre gemeint, sodass sich bei Rumpfwirtschaftsjahren der Zeitraum auf sechs Wirtschaftsjahre erstrecken kann. Zur Klärung dieser Frage war die Revision im Besprechungsfall zugelassen worden. Für die Entscheidung kam es jedoch darauf nicht an, weil in concreto der Vertrag erst so spät eingetragen worden war, dass trotz der Rückwirkung nach damaliger Rechtslage weder fünf Zeitjahre noch fünf Wirtschaftsjahre abgedeckt wurden.
3. Unabhängig davon, ob es auf Wirtschafts- oder Zeitjahre ankommt, richtet sich der Beginn der Frist nach dem Beginn des Wirtschaftsjahrs, für das die Rechtsfolgen des Vertrags erstmals eintreten. Bei einer neu errichteten GmbH muss dann ggf. geklärt werden, wann deren erstes Wirtschaftsjahr beginnt. Der BFH entscheidet sich im Besprechungsurteil dafür, dass das erste Wirtschaftsjahr bereits bei Aufnahme der Geschäftstätigkeit der Vor-GmbH beginnt. Die spätere Eintragung der GmbH lässt danach kein weiteres Rumpfwirtschaftsjahr entstehen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 03.09.2009 – IV R 38/07